Phil
Immer wieder verschwimmt die Sicht vor meinen Augen. Die Buchstaben vermischen sich zu einem grau-schwarzen Bild. Irritiert klappe ich das Buch zu und ziehe den Kragen meines Pullovers über meine Nase.
Aber von den umherschwirrenden Hormonen bleibe ich nicht verschont. Sie dringen in mein eigenes System und ich spüre ein eigenes Fünkchen in meinen inneren. Mit aufsteigender Wut zerquetsche ich das Fünkchen zu einer kleinen glimmenden Ascheflocke.
Knurrend stehe ich auf und streife mir meinen Mantel über. In die schuhe bin ich auch schnell geschlüpft und husche leise durch meine Tür. Genauso still schleiche ich über den Flur Richtung Treppe. Aus den verschlossenen Zimmern hört man hin und wieder ein Stöhnen oder erregtes Knurren. Selbst der ein oder andere Schrei ist dabei, der sogleich von etwas anderem erstickt wird. Was genau dieses "andere" ist, will ich dabei gar nicht wissen.
Endlich aus der Tür stapfte ich schon durch den Schnee und hinein in den Wald. An einem alten, knorrigen Baum stoppte ich und schaufelte mit den Händen den Schnee weg. Eine Hohlraum zwischen Wurzeln und Erde wurde sichtbar. Schnell entledigte ich mich meiner Kleidung und stopfte sie in das Versteck. Dreckig werden sie zwar werden aber immerhin nicht durchnässt mit geschmolzenem Schnee.
Es brauchte nicht lange und ich stand als grau-brauner Wolf im Schnee. Das dichte Winterfell hielt die Kälte ab und wärmte meinen Körper. Kurz gestreckt knackte das ein oder andere Gelenk meiner Hinterläufe und ich trabte durch das kalte Weiß.
Die Hitzezeit ist für mich einer der schlimmsten Wochen im Jahr. Nicht nur, dass die Mondgöttin meinte jeden rezessiven Werwolf in solch eine Hitzephase zu schicken. Sie musste natürlich auch dafür sorgen, dass gleich jeder Dominante über einen herfällt.
Murrend und knurrend über die dämliche Hitze setzte ich meinen Weg fort. Und merkte nicht, dass mir einer gefolgt ist.
Gelangweilt kaue ich auf einem langen Knochen herum. Unterwegs ist mir ein Reh über den Weg gesprungen und ich muss zugeben, dass wir beide blöd aus der Wäsche geguckt haben. Zum Pech für das Reh hatte ich mich schneller wieder im Griff und meine Instinkte geweckt. Das Huftier war schnell gerissen aber leider zu viel für meinen vollen Magen. Etwas mehr als die Hälfte habe ich also im Schnee begraben und mir einen Knochen aufgehoben um mir die Zeit zu vertreiben. Den Rest kann ich auch später noch verzehren oder den Welpen zum fraß vorwerfen. Die meisten verlieren schon ihre Milchzähne und können das Fleisch und die Knochen zum stärken ihrer Zähne nutzen. Zufrieden mit meinem Plan beiße ich den Knochen durch und verscharre ihn im Schnee. Noch während ich die Schneeklumpen über den Knochen schniebe wirft sich etwas großes gegen mich. Ich schlittere über den Boden und komme mühselig zum stehen. Meine Zähne sind bereits gefletscht und verärgert knurre ich den nur allzu bekannten Wolf an. Sein schwarzes Fell hebt sich stark vom Schnee ab und die gelben Augen blitzen mir schelmisch entgegen. Den Kopf hoch erhoben und die Brust rausgestreckt wedelt er freudig mit dem Schwanz.
"Na, erschreckt?" neckt er mich über den Link.
"Was willst du von mir, Mark?" antworte ich nur mit einer Gegenfrage. Auf den jungen Alpha war ich nicht gut zu sprechen. Ständig nervt er mich, spielt mir Streiche und findet es lustig mich zu ärgern.
"Ach komm schon. Ich habe dir doch schon oft genug gesagt, was ich von dir will." seufzt Mark in den Link. Sein schelmisches flackern in den Augen verlor er aber trotzdem nicht.
"Und ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass du mit den Scherzen aufhören sollst. Die sind nämlich nicht lustig." knurre ich zurück.
Schnaubend kommt der Wolf mir näher und blickt mir eindringlich in die Augen.
"Warum glaubst du mir eigentlich nicht, wenn ich sage, dass ich dich will?" Jeglicher Spaß ist aus seiner Stimme verschwunden. Stattdessen blicken mir ernste gelbe Augen entgegen.
"Warum wohl. Jeder weiß, dass du mit dieser schäbigen Jenny ins Bett gehst. Selbst verlobt seid ihr schon." Gebe ich zurück und kann nicht verhindern, dass am Ende ein leises winseln mitklingt. Ich weise ihn zwar immer ab und zeige ihm die kalte Schulter, habe ihn aber eigentlich mehr als nur gern. Oft muss ich mich zwingen, nicht auf seine Einladungen einzugehen. Aber es ist verdammt noch mal schwer, seinem Charm zu widerstehen. Auch dieses kleine Fünkchen in mir wurde erst durch ihn ausgelöst. Und es ist jedes mal ein Kampf es wieder auszudrücken.
"Wer hat denn das bitte erzählt? Ich bin weder mit ihr verlobt noch gehe ich mit ihr ins Bett. Wir hatten mal einen One-Night Stand aber mehr auch nicht. Außerdem war ich zugedröhnt mit Alkohol." verteidigt er sich. Und er wagte es sogar einen Schritt näher zu kommen. Seine Schnauze rieb er sanft an meiner.
"Glaub mir doch, wenn ich dir sage, dass ich dich will. Nicht einfach so zum Spaß sondern so richtig. Als Lebenspartner und Gefährten." Zum Abschluss leckte er mir noch über die Schnauze und presste unsere Nasen aneinander.
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Mondgeflüster (BoyxBoy)
WerewolfEine Sammlung von Kurzgeschichten rund um die Werwölfe und möglichen Ideen, die vielleicht zu einer neuen Geschichte werden können. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ich eine Kurzgeschichte auf Anfrage schreibe.