Isaac
Schnaufend stütze ich mich auf meinen Knien ab. Von meinem Körper tropft der Schweiß und vermischt sich mit dem Blut meiner Verletzungen. Mehrere blutende Kratzer und aufgerissene Haut zieren meinen Körper, die auch noch höllisch brennen.
"Fünf Minuten Pause." kündet der Trainer an. Vielen anderen Alphas und Betas klopft er lobend auf die Schulter. Nur mir wirft er einen missbilligenden Blick zu.
"Geh dich waschen." knurrt er mir zu bevor er sich mit kaltem Blick abwendet.
Ich weiß, dass ich nicht der beste meiner Klasse bin. Auch meinem Rang entsprechend müsste ich schon viel weiter sein. Leider entspreche ich nicht der Norm und auch das Kämpfen liegt nicht grade in meinen Genen. In dieser hinsicht habe ich mehr von meiner Mutter. Fächer, die nach Fachwissen und Logik fragten liegen mir besser. Aber das sieht mein Vater leider anders. Meine passive Einstellung haben ihn schließlich dazu genötigt mich auf einer Eliteschule anzumelden, die Alphas und Betas auf ihre zukünftigen Rollen vorbereiten soll. darunter fällt leider auch Angriffs- und Verteidigungstraining, in denen ich kurz vorm Durchfallen bin. Dazu gehen die meisten Lehrer, die mich nur in Fächern mit viel Bewegung und Kampfteckniken haben, nicht grade sanft mit mir um. Sie geben mir schwierige Aufgaben, lassen mich gegen Stärkere Alphas antreten und nehmen sogar selbst Hand an. Gegen die meisten Betas habe zwar ich eine Chance aber die Alphas sind eine ganze andere Nummer. Schon oft genug musste ich für mehrere Tage das Bett hüten, weil einer meinte (darunter auch Lehrer) mich fast Krankenhausreif zu prügeln. Auch diesmal spüre ich, dass meine Rippen erneut geprellt sind. Wenn nicht sogar gebrochen.
Schleppend bewege ich mich in die Umkleidekabine um meine Verletzungen mit einem Lappen zu säubern. Einige der Kratzer sind tief und bluten sehr stark. Vermutlich müssen sie sogar genäht werden. Am liebsten würde ich jetzt auch einfach verschwinden. Meine Sachen packen und in die Sicherheit meines Zimmers verschwinden. Das Problem ist nur, dass ich das schon einmal gebracht habe. Der Lehrer war dadurch nichts sehr glücklich in der nächsten Stunde. Das hat mir nicht nur eine Sechs sondern auch einen gebrochenen Arm eingebrockt.
Widerstrebend laufe ich zum Trainingsplatz zurück. Und eine weitere qualvolle Stunde beginnt.
Zischend ziehe ich die Luft ein bevor ein erleichtertes Seufzen meine Lippen verlässt. Das Kühlpäck tut gut auf meinen geprellten Rippen und hilft hoffentlich, die Schwellung abklingen zu lassen.
Der Unterricht für heute war vorbei und ich habe mich auf mein Zimmer verzogen. Das Mittagessen lasse ich immer ausfallen. Lieber hungere ich als mich dem Gespött meiner Altersgenossen auszusetzen. Stattdessen nutze ich die Zeit um mich auszukurieren oder zu schlafen.
Das Aufleuchten meines Handys weckt meine Aufmerksamkeit. Ein breites Lächeln ziert mein Gesicht als ich den Namen sehe und öffne sofort das Nachrichtenfenster. Schnell tippe ich eine Antwort und werfe einen Blick auf die Uhr. Bis zum Treffen habe ich noch fast zwei Stunden. Genug Zeit um mich zu duschen und fertig zu machen. Schon jetzt hämmert das Herz in meiner Brust und ein angenehmes Kribbeln breitet sich aus. Voller Vorfreude hüpfe ich ins Bad und schlüpfe unter die Dusche.
Langsam schlendere ich den Weg entlang und in den Wald. Die Schulgebäude verschwinden hinter den Bäumen und nur wenige Werwölfe schauen mir nach. Dabei war es nichts ungewöhnliches wenn einer den Wald betrat. Viele nutzen die Nachmittagszeit um in ihrer Wolfsform durch den Wald zu streifen und ein paar Eichhörnchen aufzuschrecken. Nur mein Ziel war etwas anderes. Ich bog irgendwann an einem großen Stein am Wegrand in den dichten Wald ein. Den Ästen wich ich gezielt aus und folgte den eingeschnitzten Markierungen an den Bäumen. Bis auf eine weitere Person kenne nur ich diesen Weg zu einem versteckten Platz. Der Aufstieg auf den Hügel ist zwar anstrengend, wenn mal dazu auch noch humpelt. Aber es ist möglich.
Die Sonne geht bereits unter als ich auf der Spitze des Hügels ankomme. Es ist eine kleine Lichtung die Sich auf die Schule und das Trainingsgelände bietet. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus als ich die wartende Person erblicke. Die leuchtend blauen Augen blitzen mir bereits entgegen. Das dunkelbraune Haar ist verwuschelt und das breiteste Grinsen, das ich kenne strahlt mir entgegen.
"Hi, Isaac."
"Hallo, Adrian."
Sogleich werde ich in eine Umarmung gezogen und ich vergrabe mein Gesicht in seinem Nacken. Nach einem herzlichen Klopfen auf den Rücken lösen wir uns und setzen uns an den Rand der Lichtung. Die blauen Augen mustern mich von der Seite und langsam verliert er sein Lächeln. Ein harter Ausdruck tritt in seine Augen und ich weiche seinem Blick aus. Seine Hand nähert sich meinem Gesicht und streicht das Haar aus meinem Gesicht. Er wagte es nicht die blau und grünliche Haut anzufassen. Noch immer pocht meine rechte Gesichtshälfte von den Schlägen.
"Wo noch?" knurrte Adrian leise. Es klang zwar nach einer Frage aber ich wusste, dass es eine Aufforderung war. Seufzend zog ich mir also das Shirt über den Kopf und streckte mein linkes Bein aus. Ohne was zu sagen streichen seine Finger hauchzart über die Schwellungen und Kratzer. Auch mein Hosenbein schiebt er hoch um einen Blick auf mein improvisiertes bandagiertes Bein zu bekommen. Er löst den halb durchbluteten Verband und legt die klaffende Bisswunde frei.
Beide schweigen wir. Seine Augen immer noch auf die blutende Wunde gerichtet. Ich drehe nur meinen Kopf um meinen Blick abzuwenden.
"Das geht so nicht weiter!" knurrt er plötzlich und ich erschrecke mich als er mein Bein zu sich zieht. Zischend ziehe ich die Luft ein und bekomme einen kurzen entschuldigenden Blick. Dann tupft er das Blut ab und wickelt den Verband ordentlich und fest um mein Bein.
"Wir müssen das dem Direktor melden. Oder dem Vertrauenslehrer. So können sie nicht mit dir umgehen." beschwert er sich und widmet sich als nächstes meinem Oberkörper. Aus seiner mitgebrachten Tasche holt er weiteres Verbandszeug und Salbe hervor. Während ich nur schweigend und mit ausdruckslosem Blick zuschaue verteilt er die stechend riechende Salbe auf den Kratzern und Prellungen. Auch meine rechte Gesichtshälfte blieb nicht von der Behandlung verschont.
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Mondgeflüster (BoyxBoy)
WerwolfEine Sammlung von Kurzgeschichten rund um die Werwölfe und möglichen Ideen, die vielleicht zu einer neuen Geschichte werden können. Es besteht auch die Möglichkeit, dass ich eine Kurzgeschichte auf Anfrage schreibe.