Seemann

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Schwankende Schritte mit Seebeinen, die zur Taverne stapften, die Lichter der Laterne zogen wie ein Streifen vorbei, hinterließen unheimliche Schatten auf seinem groben Gesicht

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Schwankende Schritte mit Seebeinen, die zur Taverne stapften, die Lichter der Laterne zogen wie ein Streifen vorbei, hinterließen unheimliche Schatten auf seinem groben Gesicht. Angelangt am Ziel, riss er energisch die schwere Holztür auf, als wäre sie aus Pappe. Mit einem Knall schlug sie an die Innwand und prallte daran ab, kehrte den halben Weg wieder zurück.

Ohne mit einem Blick das Lokal zu mustern, begab er sich mit schweren Schritten auf den knarrenden Dielen in die hinterste Nische, zerrte die Besoffenen Bauerntölpel von den zerschlissenen Lederbänken und setzte sich unverwandt hin. Seit seinem Eintritt schien es, als wäre die Raumtemperatur gesunken und die Gespräche eingefroren, langsam tauten sie wieder auf, da der Wirt mit Schweißperlen bedeckter Stirn dem gefürchteten Seemann vorsichtig sein Bier vor die Nase stellte. Dieser leerte den Krug in einem Zuge und deutete mit einer Geste, ein weiteres haben zu wollen. Wortlos kam der geängstigte Kneipenbesitzer ihm diesen Wunsch nach. In Rekordzeit erhielt er sein zweites Gebräu und nickte zufrieden dem dicklichen Manne zu, der sich erleichtert wieder seinen anderen Gästen widmete.

Die Aufmerksamkeit ihm gegenüber schwand, so war ihm das recht. Nach einer Weile holte er ein in Leder gebundenes Büchlein hervor und begann mit einem edlen Füller auf den vergilbten Seiten, ein paar Worte zu schreiben, während er ab und zu an seinem Bier nippte.

"Was schreibst du da?"
Eine zarte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken, irritiert sah er hoch und in ein schmales Gesicht einer jungen Frau, die mit neugierigem Blick sein Tun beobachtete.
"Geht dich nichts an.", brummte er, doch das verunsicherte die Dame keineswegs. Aufgeregt strich sie ein paar Strähnen ihrer wilden braunen Mähne hinter die Ohren und holte ebenfalls ein ähnliches Buch hervor. "Ich schreibe auch, aber mir fallen keine interessanten Geschichten ein. Ich erlebe hier ja nicht viel." Geknickt schaute sie auf den dunklen Einband und streichelte mit ihren zarten Finger über das Leder, als wäre es ihr eigenes Kind. Ein unbestimmbares Geräusch entronn seiner Kehle, er klopfte auf die Bank neben sich, sodass die Brünette mit großen Augen auf den ihr fremden Manne schaute und lächelnd seiner Geste nachkam. Ungeniert setzte sie sich näher an ihn, als er normalerweise Leute an sich heran ließ.

Ein süßlicher Duft stieg ihm in die Nase, ein wahrlich angenehmer Kontrast zum Gestank von Schweiß und anderer Körperflüssigkeiten dieser Absteige. Ein Paar grüner Augen blickte erwartungsvoll in die seinigen, die schon zu viel erlebt und gesehen hatten. Sein Mund zuckte etwas, bevor er sich dem Lächeln hingab, dass nun seine vernarbten Wangen umspielte. Wortlos schob er sein Buch zu ihr. Sie las nur ein paar Sätze und schaute dann begeistert auf, "Sind das alles Seemannsgeschichten?" Er nickte und das Lächeln auf seinen Lippen wollte nicht verschwinden. So eine hübsche Begegnung hatte er lange nicht, erquickt von ihrer Neugierde, stimmte sich sein Gemüt fröhlich.

"Erzähl mir davon!"
Ihr Blick wagte sich zu seinen eisblauen Augen, die so kalt wie sein einsames Herz zu stechen schienen. Er wollte sagen, dass sie selber lesen solle, doch als sich sein Augenschein mit ihren paarte, schlug sie verzagt die Augenlider nieder, Röte breitet sich auf ihren Wangen aus, "Entschuldige, ich verhalte mich unangemessen.", kam sie ihm zuvor. Seiner Mimik entwich jede Grausamkeit, die sonst jedem Gegenüber ein unheimliches Gefühl vermittelte. Seine Iris strahlte nun sanft in einem himmelblau, das an schöne Sommertage erinnerte. Die junge Frau blickte auf, da er nichts erwiderte und sah einen Mann unter der Harten Schale, den berüchtigten weichen Kern, dessen Gesicht ihn womöglich älter machte, als er es war. So legte sie ihre kleine zarte Hand auf die Pranke, die er auf verkerbten Tisch bequem platziert hatte und rutschte noch ein Stück näher an ihn heran, bis sie seine Wärme an der Seite spürte. "Und?", gewann sie an neuer Kessheit, entlockte dem Mann ein tiefes Lachen, der daraufhin mit Vergnügen eine Geschichte zu erzählen begann. Geschichten von der rauen See, von dem beißenden Wind und der endlosen Freiheit, jenseits von Land und Leute.

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