One day I will fly

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Sie stand hier. Schon wieder. Wobei, eigentlich war es nicht sie. Es war ein Schatten ihrer selbst, eine Kopie, eine leere Hülle, ein eingesperrter Geist. Sie stand hier und wusste, gleich würde sie frei sein, zumindest für die wenigen Sekunden die es brauchte, bis sie die Wasseroberfläche erreichte.
Ihre Angst vermischte sich mit Vorfreude, als sie näher an die Felskante trat. Und dann sprang sie. Adrenalin rauschte durch ihre Adern während sie fiel, und sie schrie. Sie fühlte sich, als würde sie fliegen, vergaß all ihre Sorgen, zumindest für einen Moment.
Dann brach sie durch die Wasseroberfläche. Hier war es still, sogar die Stimmen in ihrem Kopf schwiegen.
Doch dann sah sie ihn. War er ihr gefolgt? Er machte sich immer zu viele Sorgen. Nein, hatte sich zu viele Sorge gemacht.
Plötzlich war es vorbei mit der Stille. Alles in ihr schrie. Sie schwamm zur Oberfläche und füllte ihre Lungen mit Luft. Er war immer noch da.
„Warum hast du das gemacht? Es ist gefährlich, außerdem bist du allein. Es hätte etwas passieren können!", regte er sich auf.
„Du weißt, warum ich es getan habe. Du weißt es besser als jeder andere." Sie lächelte bitter „Und du weißt besser als jeder andere, dass du mich nicht davon abhalten kannst es wieder zu tun. Schließlich bist du tot. Du bist gar nicht hier."
„Du doch auch nicht."
Für einen Moment wirkte es, als würde die Wirklichkeit verschwimmen, als gäbe es einen Riss in der Realität. Das Meer, der Strand und die Klippen verschwanden, dafür sah sie einen Steril eingerichteten Raum. Sie blinzelte und der Raum verschwand wieder.
„Hör auf damit!", schrie sie, „Mach es nicht noch schlimmer als es so schon ist. Du bist weg, du bist gegangen, du hast mich allein gelassen!" Tränen traten in ihre Augen und sie schwamm zum Ufer. Die Luft war kalt und es wehte ein schneidender Wind.
„Geh weg" flüsterte sie. Sie wiederholte diese Worte immer wieder und steigerte dabei ihre Lautstärke, bis sie schließlich schrie: „Geh weg!"

Sie schlug die Augen auf. Sie lag in dem steril eingerichteten Zimmer auf dem Boden vor dem Schrank. Rechts neben ihr stand ein Nachttisch auf dem sich ein Gefäß mit mehreren Pillen befand. Auf der anderen Seite neben ihr stand eine Frau in einem weißen Kittel, die auf sie einredete: „Bitte unterlassen Sie es, vom Schrank zu springen, wir müssen sie sonst ans Bett fixieren. Und denken Sie in Zukunft daran, ihre Medikamente einzunehmen."

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407 Wörter
Ich entschuldige mich, falls ich Grammatik- oder Rechtschreibfehler übersehen habe.
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