Kapitel 1

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Schon seit ein paar Minuten saßen mein Bruder, Henry, und ich in einem Flugzeug in Richtung Los Angeles.
Ein neues Leben voller neuen Entscheidungen- neue Freunde, neue Schule, neue Familie, neue Hobbys.
Mein Bauch kribbelte als das Flugzeug die Geschwindigkeit auf der Flugbahn steigerte. Ich lehnte meinen Kopf gegen den Rücksitz und atmete tief ein und wieder aus, meine Augen waren geschlossen, mein Puls wurde schneller und ich spürte wie ich anfing zu schwitzen- ich hatte Flugangst.
Ich beschleunigte wie von automatisch meine Atmung und erschrak mich als meine Hand berührt worden war.
Die grauen Augen von Henry blickten direkt in meine Grauen und er streichte langsam und sanft mit dem Finger an meiner Hand. Es beruhigte mich. Ja wirklich!

"Henry..", ich seufzte und zog meine Hand weg, um sie im nächsten Moment mit meiner anderen Hand zu verschränken.
"Grace..ich weiss doch was du gerade fühlst. Die Flugangst. Der Umzug nach Amerika. Dein baldiges neues Leben. Damn- mir geht es doch genauso.", redete er mit sanfter Stimme auf mich ein.  Er redete schon Englisch- ich nicht.
"Mein Gott. Das ist alles so viel, weisst du? Ich meine wir haben das alles über Monate geplant, aber jetzt hier zu sitzen-...", ich stutzte,"...es ist so unwirklich. Ach man."
Er nickte verständnisvoll und wand sich dann mit trauriger Miene seinem Handy zu.
Ich? Ich lehnte mich wieder zurück, in Gedanken bei meinem Leben in LA und versuchte ruhig zu bleiben.
Mein Herz pochte immer noch und meine Augen wurden immer schwerer- jetzt schon?! Ja.
Mit einem letzten Blick sah ich nocheinmal Köln und dann schlief ich ein.

Vier Stunden später wurde an meiner Schulter gerüttelt und ich wachte langsam auf. Ich fuhr mir durch die Haare und drehte mich dann zu meinem geliebten Bruder, der mich wach gerüttelt hatte. Als er mich ansah musste er grinsen.
"Was denn?", fragte ich lächelnd.
Ich tastete mein Gesicht ab um nachzusehen ob ich was dort hatte.
"Was?!", fragte ich nun nicht mehr so freundlich. Weiterhin grinste Henry, gab jedoch keine Antwort.
Ich schlug ihm auf die Schulter und sag ihn wieder an um zu sagen: "Henry Smith! Sag mir sofort was ist!" Ich wendete mich, nachdem er wieder nicht antwortete, ans Handy um ein coolen Snap zu machen. Kaum blickte ich hinaus, ließ ich langsam mein Handy sinken. Meine Kinnlade klappte herunter und meine Augen wurden größer.

Es war mittlerweile Nacht geworden und die Sterne leuchteten heller als von der Erde aus. Eine Skyline von der Stadt Istanbul erstreckte sich unter uns und die Stadt leuchtete in den verschiedesten Farben- Blau, Rot und am meisten Gelb. Es war so wunderschön. 
Ein Hand legte sich nun auf meine Schulter und Henry lag plötzlich auf mir und schaute aus dem Fenster. Ich lehnte mich zurück und versuchte ihn wegzudrücken.
"Man Henry, du regst mich so auf heute! Was ist dein scheiss problem?!", rief ich hysterisch. Erstaunt schaute er mich an, zog die Augenbrauen hoch, hob die Hände und setzte sich wieder normal auf seinen Sitzplatz.
"Es tut mir leid, Prinzessin.", er musste wieder grinsen.
Diesmal konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Mein Bruder war die wichtigste Person meines Lebens und die einzige Familie, die noch bei Verstand war.
Endlich nahm ich wieder mein Handy und schoss ein Foto. Meine Kamera war zwar längst nicht so gut wie die eines Iphones, aber ich sah es nicht ein mir nur wegen der Bildqualität und einem angebissenem Apfel mir ein neues, total teueres Handy zu kaufen.
Das Foto war gut so wie es ist!

Mit einem Blick auf meinen Bruder musste ich feststellen, das er jetzt eingeschlafen war. Ich beschloss kurzerhand ein Buch zu lesen.
Meine Handgepäck war über mir in dem Gepäckshalter und zwang mich dann an Henry vorbei.
Im Gang angekommen fühlte ich plötzlicherweise einen Druck in meiner Blase- Zeit fürs Klo.
Leise, da die meisten schliefen, schlich ich Richtung Klo. Dort angekommen rüttelte ich an der Tür als mir auffiel das zu war, zugewandt an die rechte Tür öffnete ich diese und setzte mich so schnell es ging auf die Toilette. Es war genauso eng wie sonst immer-man hat das Gefühl es könnte nicht schlimmer werden und dann kommen Turbulenzen. Ich spülte und wusch mir meine Hände ohne in den Spiegel zu sehen, denn ich hasste es nachdem ich geschlafen hatte zu sehen wie ich aussah.
Ich schüttelte den Kopf und blickte dann doch in den Spiegel.
Oh gott, meine Fresse war hässlicher als damals nach dem Saufwocheende.
Meine grauen Haare fielen mir zerzaust über die Schultern und die Wimperntusche verdunkelte die Augenringe, die schon vorhanden waren, noch mehr. Ich hatte ausserdem kleine rote Augen, die mich durch den Spiegel anstarrten.
Seufzend fuhr ich mir mehrmals durch die Haare in der Hoffnung sie würden besser danach aussehen, vergebens.
Niedergeschlagen trottete ich aus dem Klo und ging zurück auf meinen Sitz.
Kurz vor meiner Reihe stolperte ich über ein paar Füße, die natürlich Adidas Schuhe trugen.

Mit der Hand gegen den Kopf gepresst stand ich auf und murmelte: "Man, kannst du denn nicht aufpassen?!".
Energisch drehte ich mich um und blickte in ein mürrisches Gesicht eines Junges in meinem Alter.
"Ich?! Ich habe halb geschlafen! Du könntest dir echt über was anderes Sorgen machen, zum Beispiel dein Makeup?", schnauzte er mich an.
Er fuhr sich durch seine schwarzen, gegelten Haare und er musterte mich mit einem schiefen Grinsen.
Empört stand ich auf, klopfte ich meinen Oversize-Pulli aus und ließ meine Hände in den Taschen meiner Jogginghose verschwinden.
"Was schaust du so behindert?", schnauzte ich zurück und hob dabei provozierend eine Augenbraue.
"Hast wahrscheinlich noch nie sowas geiles wie mich gesehen, huh?!", ich warf mir meine Haare zurück und musste kurz lachen.
Leise lächelte er in sich hinein.
"Ich will dir ja jetzt keine falschen Hoffnungen machen...", sarkastisch schob er seine Unterlippe vor, "...aber für einmal wärst du bestimmt ganz heiß." Schief grinste er wieder, leckte sich ein bisschen über seine Oberlippe und fuhr sich erneut durch seine Haare.
Gott, was für ein Arschloch ist das denn bitte, dachte ich mir.
"Nur weil du keine abkriegst!", ich schmiss meine Haare wieder hinter und ging zu meiner Reihe. Ich hörte ihn nocheinmal seufzen.
Bevor ich mich wieder hinsetzen wollte, musste ich noch mein Buch bekommen.
Ich streckte meinen Arm aus und- kam nicht dran. So sehr ich es auch versuchte, ich war zu klein. Ich!
Sonst komme ich immer an alles.
Enttäuscht ließ ich kurz meine Schultern hängen und versuchte es dann erneut.

Plötzlich fühlte ich eine Hand an meiner Taille und eine andere wanderte hoch zu meinem Handgepäck. Ein warmer Atem strich immer wieder meinen Hals und dann wurde mir bewusst, wer es war.
Abrupt drehte ich mich um und war dann nur ein paar Zentimeter von dem Gesicht des Jungen entfernt.
Ich stoppte und blickte ihm in die Augen, doch schon in dem Moment wo er einen weiteren Arm um meine Taille hatte, schubste ich ihn weg.
"Was sollte das denn?!", zischte ich leise und würdigte ihm eines bösen Blickes.
Er lächelte wieder, wieso lächelt er denn so oft, und hielt mir dann mein Buch unter die Nase.
Rasch griff ich danach und wartete noch etwas ab.
"Gehen wir jetzt zusammen aufs Klo?", er zog öfters die Augenbrauen hoch und musterte mich wieder belustigt.
"Träum weiter!", meine Augen wurden zu Schlitzen, ich drehte mich und sagte:"Hoffentlich sehen wir uns nie wieder!".
Als ich saß, hielt ich nach ihm Ausschau und entdeckte ihn auf seinem Platz.
Hässlich war er nicht. Durch und durch war er hübsch, aber er war ein Arschloch. Ein Player. Ein Fuckboy.
Und so jemand hat in meinem Leben keinen Platz, weder im Kopf noch im Herzen.

Die Liebe eines Bad BoysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt