Neo got my back (NCT FF)

12. Die nächste Aufgabe

Nach dem Mittagessen wurden wir alle in die Umkleiden gerufen, einem Ort an dem wir uns tatsächlich häufig aufhielten. Wir wurden geschminkt und dabei kamen deutlich Erinnerungen an den gestrigen Nachmittag hoch. Nur, dass wir jetzt drei Personen weniger waren. Oder sogar mehr. Ich musste an den Streit von Esmé und ihrem Tutor denken. Wenn er Pech hatte, wurde er entlassen. Laura hatte mir erzählt, dass den Tutoren dies geschehen konnte. Ohne einen spanischen Trainee wird auch kein spanischer Tutor mehr gebraucht, die Wahrscheinlichkeit, dass mit Beendigung von Esmés Vertrag auch seiner gekappt wurde, war nicht gering. Ich konnte genau verstehen, warum Laura oft genauso nervös war wie ich.
Nach dem Make-Up wurden meine Haare gekämmt und zu einem künstlerischen Dutt hochgesteckt. In diesem Moment beneidete ich Yu Yan und Mian, die ihre kurzen Haare beide nur kämmen mussten und dann damit fertig waren. Neben diesem Aufwand durften wir aber immerhin unsere Trainings-Kleidung anbehalten, in meinem Fall bestand diese aus dem schwarzen NCT Shirt, einer gleichfarbigen Leggins und weißen no-name Sneakers. Generell war es uns nicht erlaubt Marken zu tragen, so dass die Adidas Leggins und Schuhe, die meine Mutter mir extra für hier gekauft hatten, einbezogen wurden und sonst-wo gelagert wurden.

Nachdem wir alle wie aus dem Ei gepellt aussahen, versammelt wir uns in dem großen Traininssaal, der mit Kameras ausgestattet war. Zwei additionale Kameras waren neben Managerin Choi und Tanzlehrerin Jeo-Seok schon in Position gebracht worden. „Ah, sehr schön." Die beiden Frauen schienen uns schon erwartet zu haben und liefen etwas auf uns zu, bis wir schließlich in der Mitte des Raumes gegenüber voneinander stehen blieben. „Sehr schön", wiederholte unsere Tanzlehrerin. „Also, ich werde euch gleich von eurer nächsten Aufgabe erzählen. Für diese habt ihr bis morgen früh Zeit, dann ist die Präsentation. Manager Nim kann heute leider nicht dabei sein, wird es aber morgen früh sein." Ich war mir sehr sicher, dass niemand in diesem Raum ihn vermisste. „Gibt es noch Fragen?" Niemand erwiderte etwas und ich schüttelte den Kopf, mein bestes Kamera-Lächeln schon einmal aufgesetzt. Unsere Gruppe wurde so aufgestellt, dass alle vom Winkel der Kamera aus zu sehen waren, dann ging es los. Managerin Choi hatte ein strahlendes Lächeln aufgesetzt und klatschte in die Hände. Ich merkte, dass Yu Yan neben mir daraufhin leicht zusammenzuckte. Normalerweise klatschte sie nicht. „Also Mädchen, gute Arbeit. Ihr habt es sehr weit geschafft und es steht nicht mehr viel zwischen euch und der neuen Unit von NCT!" Mit bedeutungsschwerem Blick betrachtete sie die Gruppe. „Heute werdet ihr die nächste Aufgabe beginnen. Im Voraus möchte ich erwähnen, dass dies kein Wettstreit sein wird. Ihr werdet dennoch in zwei Gruppen aufgeteilt, damit wir euch im Einzelnen leichter bewerten können." Ich merkte vereinzeltes Nicken um mich herum, doch alle waren in eine respektvolle Stille versunken. Keiner wollte irgendetwas Wichtiges verpassen oder gar die Aufnahme versauen. Für die Zeit, wenn wir für die Show gefilmt wurden, hatten wir sehr strikte Anweisungen bekommen. Es würde mich nicht wundern, wenn man direkt aus dem Entertainment fliegt, sobald man gegen eine von diesen Richtlinien verstieß. „Beide Gruppen werden einen Mash-Up aus verschiedenen koreanischen Girl-Group Songs bekommen. Die darin vorkommenden Lieder sollt ihr zu dem Mash-Up covern. Ihr müsst also einzelne Teile verschiedener Choreografien erlernen und diese zusammenfügen. Jede Gruppe hat mit komplett anderen Liedern zutun, der Schwierigkeitsgrad liegt aber gleich hoch. Die wahre Herausforderung liegt darin, alle Choreografien an fünf Tänzer anzupassen", fuhr unsere Managerin fort und faltete ihre Hände vor dem Bauch, wie sie es so häufig vor uns tat. Nun ergriff unsere Tanzlehrerin das Wort. „Ich stehe jederzeit bereit um euch eine Hilfestellung zu geben, doch zu eurer Aufgabe gehört auch, so selbstständig wie möglich zu arbeiten." Sie schaute zu Managerin Choi, die nun lächelnd weitersprach. „Was wir auch von euch erwarten ist eine Lip-Synchronisation. Ihr sollt während des Tanzens also die Lieder mitsingen, beziehungsweise so tun, als würdet ihr mitsingen. So wollen wir sehen, wie ihr Singen und Tanzen miteinander koordinieren könnt. Ihr müsst also darauf achten, die Positionen der Mitglieder eurer Gruppen zu ändern und Jeden singen zu lassen, als würde es sich um einen richtigen Bühnenauftritt handeln." „Vorbereitend auf diese Aufgabe werden wir nun gleich ein Workout machen, das sowohl einige typische Elemente aus Girl-Group Choreografien aufgreift, als auch eure Muskeln auflockert und Atemübungen beinhaltet. Danach werdet ihr in eure Gruppen eingeteilt, bekommt eure Musik und könnt direkt anfangen zu Üben." Mit einem strengen Blick endete Jeo-Seok den Vortrag und jemand im Hintergrund rief laut „Cut!". Managerin Choi richtete sich noch ein letztes Mal an uns „Ihr werdet von allen anderen Aufgaben, die eure Stundenpläne vorsehen, für den restlichen Tag befreit. Ihr werdet das morgendliche Training haben und nach dem Frühstück treffen wir uns hier wieder für die Auftritte beider Gruppen. Ich werde nun die CDs mit euren Mash-Ups holen. Ihr werdet euch nun zu Zweit zusammenfinden und dann in der Kombination zu eurer Meinung über die Aufgabe befragt. Alles Nützliche davon wird in die Show kommen." Sie nickte uns noch einmal mit geschäftigem Blick zu und verließ dann den Raum.
Yu Yan schaute vielsagend zu mir doch ich schüttelte mit Seitenblick auf die anderen tuschelnden Mädchen den Kopf. „Ich denke ich mache das mit Seulji. Sie muss ein wenig mehr aus sich rauskommen und ich denke sonst fragt sie auch keiner." Besorgt zog ich die Augenbrauen zusammen, Yu Yan nickte zum Glück mit verständnisvoller Miene. „Stimmt, gute Idee."
Seuljis Miene hellte sich auf, wie die eines Kindes, das ein besonderes tolles Geschenk auspackte. „Wollen wir uns zusammentun?" Lächelnd musterte ich die Jüngere, während sie hektisch nickte. „Klar, ja, sehr gerne", antwortete sie und errötete leicht. Mit einem Lächeln bemerkte ich diese Eigenart, die ich auch hatte, wenn ich nervös oder verlegen war.
Wenig später kam ein relativ junger Kameramann auf uns zu, der uns erklärte worüber wir sprechen sollten. Wir sollten erzählen was wir von der Aufgabe halten, wie wir selbst schon mit Choreografien zu Girl-Groups in Kontakt gekommen sind und wie wir denken, dass wir an die Aufgabe rangehen werden.
Aus reiner Spontanität begann ich zu sprechen, sobald die Kamera lief. Ich dachte nicht wirklich darüber nach, was ich sagte. „Die Tänze von Girl-Group Songs haben oft ein deutliches Thema. Häufig ist es entweder süß oder sexy. Man muss sich hier sehr in das Lied reinfühlen um gut dazu Tanzen zu können. Ich denke das wird auch etwas sein, womit wir gut arbeiten können." Seulji neben mir nickte zustimmend und ergriff dann das Wort, ihre Stimme zitterte leicht, aber wenn man noch nie mit ihr gesprochen hatte, fiel das sicherlich nicht auf. „Ja, dem kann ich nur zustimmen. Wir haben im Training alle schon ein paar Girl-Group Songs mit unserer Tanzlehrerin geübt, weshalb einige Lieder uns sicher einfacher fallen werden, als Andere." Ich nickte ebenfalls während ich ihr zuhörte. „Genau. Ich persönlich hab zum Beispiel auch in meiner alten Tanzschule in Deutschland oft Kpop Lieder gecovert und es gab auch mehrere Random-Play-Dances. Ich hab auf dem Gebiet also schon etwas Erfahrung." Seulji sah so aus, als wüsste sie nicht was sie sagen sollte. Einen Moment lang sahen wir uns stumm an, wobei sich ein leicht panischer Ausdruck in ihre Augen schlich. Lächelnd schaute ich wieder in die Kamera und redete also weiter. „Natürlich kommt es auch ganz auf die einzelnen Personen an. Ich weiß zum Beispiel, dass Jiho von klein auf ein riesiger Twice Fan ist und etliche Choreografien im Schlaf kann. Und Yu Yan kann die meisten Red Velvet Tänze hervorragend covern, mit denen hat sie auch das Casting in Amerika gewonnen." Seulji nickte nun begeistert, sie schien den Faden wieder gefunden zu haben. „Ja, ich denke wir werden alle ganz gut durch die Aufgabe kommen. Das wird sicher viel Spaß machen." Lächelnd stimmte ich ihr zu und dann beendete der Kameramann die Aufnahme. „Gut gemacht", sagte er knapp, bevor er zum nächsten Pärchen weiter ging. Er schien den Kontakt zu den Trainees so gering wie möglich halten zu wollen. Seulji schaute mich mit leicht roten Wangen an. „Danke, ohne dich wäre ich echt verloren gewesen. Ich wusste plötzlich überhaupt nicht mehr, was ich sagen sollte", sagte sie. Ich nickte nur und grinste sie an. „Kein Problem. Wenn es eins ist was ich kann, dann reden. Auch wenn es auf koreanisch nicht immer so richtig ist." Sie erwiderte mein Lächeln sofort. „Ach, ich finde es ist gar nicht schlecht. Du sprichst schon ganz gut!" Das von einer Muttersprachlerin zu hören, war natürlich ein großes Kompliment, obwohl ich mir sicher war, dass mein koreanisch nicht gut war. Beim Sprechen merkte ich oft selbst meine Fehler. Ich sollte mir wirklich angewöhnen, zu denken, bevor ich etwas sagte.