05.08.2018, Der See im Mondschein
Der Wind peitschte mir entgegen, als ich mich zum Meer drehte.
Wie jede Sommerferien verbrachte ich diese mit meinen Eltern in Holland.
Ich drehte die Lautstärke meiner Musik auf und genoss das Wummern der Bässe in meinem Körper.
Leise summend setzte ich meine Joggingtour fort. Ich lief und lief bis die Sonne langsam unterging. Mittlerweile war ich so in meine Musik vertieft, dass ich gar nicht mehr mitbekam, wo ich überhaupt herlief. Ich blieb abrupt stehen und schaute mich um. Ich befand mich auf einer weiten Wiese mit hüfthohen Gräsern. Ich beschloss einfach geradeaus über die Wiese zulaufen, in der Hoffnung einen Weg zu finden. Das Gras streifte meine Beine und plötzlich überkam mich Angst. Ich hatte das unbehagliche Gefühl, beobachtet zu werden. Ich begann zu rennen , die Gräser fühlten sich wie Arme an, die probierten meine Füße zu fassen. Das Gefühl um mein Leben zu rennen, verstärkte sich nur noch, als ich hinter mir ein leises, klägliches Wimmern hörte. Mein Nackenhaare stellten sich auf.
Wo war der verdammte Weg ?
Dann fiel ich.....Über was konnte ich nicht sagen. Mit einem dumpfen Aufprall landete ich auf dem Boden. Mühsam rappelte ich mich hoch, fast hätte ich laut geschrien, ich war über einen Grabstein gestolpert ! Ich wich zurück. Plötzlich spürte ich etwas Eiskaltes an meinen Fuß. Ganz langsam drehte ich meinen Kopf, ich stand knöcheltief in einem See. Der Mond spiegelte sich auf der glatten Wasseroberfläche. Ich wollte meinen Fuß aus dem Wasser ziehen, doch er fühlte sich wie zu Eis erstarrt an. Diese bedrohliche Kälte breitet dich schnell in meinem gesamten Körper aus. Selbst das Blut in meinen Adern gefroren. Schließlich konnte ich nur noch meinen Kopf bewegen. Da war es schon wieder , ein leises, verzweifeltes Wimmern. In diesem Moment hätte ich alles dafür gegeben, bei meinen Eltern auf der scheußlich geblümten Couch in unserem Ferienhaus zu sitzen. Doch leider kam ich mir vor, wie die unfreiwillige Hauptrolle in einem ziemlich guten Horrorfilm.
Dann passierten mehrere Sachen auf einmal, durch meinen Körper strömte wieder angenehme Wärme. Jedoch verlor ich in diesem Moment den Halt und landete auf dem schlammigen Boden. Die Luft wurde mir aus den Lungen gepresst und schwarze Punkte tänzelt vor meinen Augen. Nach Luft ringend versuchte ich auf die Beine zu kommen. Flucht, war das einzige woran ich denke konnte. Doch meine Füße fanden auf dem glatten Boden keinen Halt und immer wieder rutschte ich weg. Nach ein paar vergeblich Versuchen gab ich es auf und probiert es mit Kriechen. Ich bohrte meine Finger in den feuchten Schlamm und Stück für Stück kam ich voran. Doch kurz vor dem Ufer spürte ich es, lange, knochige Finger schlossen sich um mein Bein und ein pulsierender Schmerz jagte durch meinen Körper. Ich wollte schreien, doch in diesem Moment wurde ich unter Wasser gezogen und meinem Mund entwichen nur noch Luftblasen. Mit weit aufgerissenen Augen schaute ich an mir herunter. Was ich dann sah, übertraf meine schlimmsten Albträume. Ein Wesen, so lang wie ein Auto, mit einem dürren Körper und einer mit roten Narben überzogenen Flosse, blickte mich aus blutroten Augen an. Doch das Verstörendste an diesem Biest waren zwei verstümmelte Arme an den Seiten. Und da drangen die Worte ,,Hilf mir !" zu mir durch. Doch die Stimme klang verzehrt und unwirklich.
,,Hilf mir! Hilf mir! "
Die Stimme wurde lauter und hysterischer. Ich strampelt wie wild mit den Armen und Beinen , doch der Griff des Monsters blieb unerbittlich. Schwarze Ränder, die in beängstigendem Tempo größer wurden schränkten mein Blickfeld ein.
Ich brauchte Sauerstoff!
Noch einmal unternahm ich einen Versuch mich zu befreien, doch ich scheiterte erneut. Nun sah ich fast ganz schwarz. Plötzlich erschienen Bilder in meinem Kopf. Ein Junge vielleicht ein Jahr jünger als ich , ging über die gleiche Wiese über die gleiche Wiese wie ich noch vor ein paar Minuten. Es dämmerte und ich sah wie er an den See kam. Meine ungute Vorahnung bestätigte sich, als er kurze Zeit später unter Wasser gezogen wurde. Man hörte von ihm nur noch einen ersticken Schrei. Ich wollte ihm helfen, doch ich war wie der Zuschauer eines Kinofilms.
Ein paar Sekunden vergingen und Luftblase stiegen an die Oberfläche. Dann auf einmal tauchte der Junge - oder das was von ihm noch übrig geblieben war - wieder auf. Es glich beinahe haargenau dem Biest , welches mich festhielt. Und nun verstand ich auch was hier vorging. Ich würde der Erlöser dieses Jungen sein und mit ihm die Plätze tauschen. Er würde frei sein und ich würde mich in dieses.... Ding verwandeln. Ich hatte immer noch höllische Angst, doch die Gewissheit , dass ich dadurch ein Leben retten würde, spendete mir Trost.
Die Bilder waren aus meinem Kopf verschwunden. Ich hörte auf mich zu wehren und ließ es über mich ergehen. Ich nahm alles wie im Traum war. Ich war ganz weit weg und mein Körper war schwerelos. Dann wurde alles schwarz....
Ein gleißend helles Licht drang durch meine geschlossenen Lieder. Sekunden später wurden meine Lungen von Luft durchströmt. Ich sog sie tief ein und hustete ein paar mal. Langsam schlug ich die Augen auf, ich lag am Ufer, hinter mir der See. Kleine Wellen bildeten Muster im See uns signalisierten mir, dass ich vor wenigen Sekunden die Oberfläche durchbrochen hatte. Ruckartig richtete ich mich auf und ignorierte den Schmerz der durch meine Glieder schoss. Es War mir egal, was hier gerade passiert war , ich wollte einfach nur noch weg von diesem schrecklich Ort. Ich nahm alle meine Kräfte zusammen und rannte so schnell ich konnte Richtung Waldrand. Noch einmal sah ich zurück und mein Blick fiel auf den Grabstein. Ein eiskalter Schauer überlief mich und ich stolperte beinahe über meine eigenen Füße, als ich las was dort stand :
Nala Berghoff
geboren: 12.12.2000
gestorben: 30.07.2015
Mein Name in geschwungenen Buchstaben und als Sterbedatum das vom heutigen Tage zierten den klobigen Stein.
Ich lief schneller bis meine Lungen rebellierten. Ich wollte einfach nur noch weg von hier...
Ende
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Magical ~ Worlds inside my head
Random*Hiwaga* n. mystery; full of wonder Geschichten-Sammlung Platz für Zitate, Gedanken, Gefühle, unausgesprochene Worte und Geschichten aus fernen Welten, die vielleicht gar nicht so weit weg sind... "It's...