Der raue Stein der Brücke unter Theresas nackten zierlichen Füßen war warm. Obwohl es schon langsam spät wurde war es noch hell.
Das kleine Mädchen von gerade mal 6 Jahren hüpfte also fröhlich und unbesorgt über die Brücke,als ihr plötzlich ein Stein auffiel . Irgendwas war besonders an diesem Stein . Doch was ?
Sie lief also rüber ,zu dem Stein und hob in an. An ihrer Hand lief etwas warmes herrunter. Es war rot und schmeckte nach Blut . Sie hatte sich an ihm geschnitten. Ganz behutsam drehte sie den Stein um und unter den paar Blutstropfen schimmerte der Stein in allen Farben und selbst Farben die das junge Mädchen noch nie gesehen hatte. Sie hatte also Recht behalten. Dieser ,auf den ersten Blick vollkommen gewöhnliche und langweilige Stein ,war etwas besonderes. Und sie hatte ihm eine Chance gegeben obwohl er sie verletzt hatte.
Vorsichtig wickelte Theresa ihren Schatz in ihr Haarband und steckte ihn in ihre Tasche . Er war schwer ,aber nicht zu schwer um ihn zu tragen.
Sie stellte sich wieder gerade hin.Nun war sie aufmerksamer. Vielleicht warten ja noch mehr Schätze auf sie. Sie ging jetzt langsamer als vorher. Guckte sich öfter um.
Sie hatte wohl doch nicht genug aufgepasst ,denn plötzlich fand sie sich auf dem Boden wieder . Wiedermal blutend . ,, Blöder Stein" murmelte die 8 jährige verärgert. "Vielleicht ist er aber auch etwas besonderes" dachte sie so bei sich "um so einen großen schillernden Stein wird mich jeder beneiden" also machte sie sich wieder daran einen Stein umzudrehen. Diesmal unter weit größerer Anstrengung , schließlich war dieser Stein viel größer als der vorige . Sie klemmte sich ein paar Mal die Finger ein ,aber das war ihr egal. Sie konnte nur an die neidischen und bewundernden Gesichter denken. Als sie es endlich geschafft hatte war sie fix und fertig. Endlich würde sie sehen für was sie so lange gearbeitet hatte. Doch was war das ?
,, Wollt ihr mich verarschen !?" brüllte die 11 jährige in die Gegend . Der Stein war nichts besonderes. Er war einfach nur ein Stein. Grau ,braun und normal. Geknickt , enttäuscht und sich etwas dumm fühlend ging sie nun weiter über die Brücke. Dort vorne stand jemand. Ein Junge. Er winkt . Sie winkt zurück. Die 12 jährige Theresa ging auf ihn zu.
Die beiden unterhielten sich eine Weile ,doch als die 14 jährige kurz nicht aufpasst ,rempelt er sie an und geht ,ohne ein Wort zu sagen.
Sie wundert sich was das sollte und ist etwas traurig seiner Gesellschaft beraubt zu sein ,geht aber dennoch weiter über die Brücke.
Die Brücke verändert sich langsam ,aber nicht so langsam das es die 15 jährige nicht bemerken würde. Sie wird schmaler und hat Löcher . Manche nur sehr klein ,doch manche so groß wie ein Auto.
,,Was ist hier passiert ?" fragt Theresa sich.
,,Fehler"
Theresa zuckt zusammen .,,man hast du mich erschreckt!"
Hinter ihr stand wieder der Junge.
,,Hier."
Er hielt ihr etwas hin.
,,Was ist das ?" fragt die junge Frau.
,,Dein Schatz" antwortete er. Sie griff sich an die Tasche und sie war tatsächlich Lehr.
,,Gib den her !" motzte sie ihn an. ,, Gerne" er lächelte ,, ich habe dir noch etwas dazu gelegt." Verwundert blickte sie ihn an. ,, Meine Geschichte ,was mir auf der Brücke passiert ist." Verstehend und neugierig nickte sie. Sie wickelte den Stein aus und steckte ihn zurück in die Tasche. Behutsam fing sie an zu lesen.
Es dauerte nicht lange bis die erste Träne sich ihren weg über Theresas Wange fand. Mit großen Augen blickte sie zu ihm hoch. Er lächelte immernoch und blickte ihr tief in die Augen. Sie konnte all die schmerzen sehen und wie er sein könnte wenn man nicht aufpasste . Sie sah aber auch die guten Dinge die er getan hatte und...
,,Nein !" Sie sprang auf.,,Das darfst du nicht tun !"
,,Ich kann nicht mehr. Ich muss." Nun hatte auch er Tränen in den Augen und auf den Wangen.
,,Nein musst du nicht! Ich kann dir helfen! Du hast so viel gutes getan ! Sieht das denn niemand !?"
,, Anscheinend nicht" er zuckte mit den Schultern. ,,Aber keine Sorge . Noch ist es nicht so weit." wieder lächelte er . ,,Nur versprichst du mir bitte ,das du immer auf die guten und schönen Dinge auf der Brücke warten wirst , ja ?"
,,Aber....okay." geknickt sah sie ihn an ,,kann dich denn garnichts aufhalten?"
,,Jeder muss seinen eigenen Weg gehen und noch weiß ich nicht wie meiner endet . Mal gucken nicht war ?" Er stellte sich auf eine der brüchigeren stellen der Brücke.
,,Das ist mein Weg ,nun musst du dich entscheiden."
Wieder ein verschmitztes Lächeln.
Die 17 jährige lächelte ebenfalls.
,,Hierlang" sie stellte sich ebenfalls auf eine der brüchigen Stellen. ,, Wenn du es schwer haben wirst ,dann werde ich es auch schwer haben. So!"
Er lacht .
,,Gut. Bis irgendwann dann." Er winkt ein letztes Mal. ,,Man sieht sich immer zweimal auf der Brücke." Er drehte sich um und ist weg. Theresa ist nun wieder alleine. Alleine mit dem Gedanken, dass das schon ihr zweites Treffen gewesen ist.
Lächelnd sieht sie auf ihren Abschnitt der Brücke. "Das wird schon" denkt sie ,schwört sich den Jungen und seine Worte niemals zu vergessen , und geht den ersten Schritt auf ihren Abschnitt der Brücke.
Eine letzte Träne rollt ihre Wange hinunter und fällt auf den alten Abschnitt der Brücke.,,Nun was denkt ihr" Theresa sitzt in ihrem Schaukelstuhl und sieht erwartungsvoll ihre Enkel an.
,,Ich will auch so einen Stein!" krakeelt Johanna ,die jüngste.
,,Es ging doch nicht um den Stein!" protestiert Anna .
,,Ich denke der Stein steht für ihr Herz..." überlegt Alina laut .
,,Dann hat er ja ihr Herz gestohlen!" ruft Johanna erkennend.
,,Naaaww" kommt es einstimmig.
,, Dafür hat er ihr seine Geschichte erzählt" kommt es von Laura.
,,Sie hatte so viele Probleme und er hat ihr nicht geholfen sondern ihr noch mehr Sorgen bereitet!" ruft Mira verärgert.
,,Das stimmt ,aber hat sie sich beschwert ?" Die alte Frau sieht die kleinen fragend an.
,,Nein"
alle Köpfe drehen sich zur Mauer wo Hannah ,die älteste sitzt.
,, Richtig und warum ist das so ?"
Der Blick des jungen Mädchens gleitet in die Ferne.
,,Die Brücke steht für das Leben und in seinem Leben muss man sich nicht nur um sich selbst kümmern sondern auch um andere . Sie mag ihm darum hilft sie ihm gerne." Ich frag mich ob er es am Ende wirklich getan hat..."
,,Gut beobachtet. Die Brücke ist das Leben und jeder muss seinen eigenen Weg finden und beschreiten. Sie wollte ihm helfen seinen Abschnitt der Brücke glücklich zu betreten. Ob er es am Ende getan hat ...? Ich weiß es nicht. Ich hoffe nur das er ,egal was er getan hat , jetzt endlich wirklich glücklich ist."
Die alte Frau lächelt.
"Ich hoffe dir geht es gut",,Was macht sie da ?" wenden sich die kleinen an die älteste.
,,Sie errinert sich . Das sollten wir alle."Verstehend lächeln sich die alte Frau und das junge Mädchen an.