Ewigkeit

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Die Tür schlug hinter ihm zu und Louis rannte, wie er noch nie gerannt war. Hinter sich konnte er das wilde Fauchen Harrys hören, der noch immer gegen das Buch zu kämpfen schien, das ihm glücklicherweise noch das Maul stopfte, dann ein dumpfes Geräusch und schließlich flog die Tür wieder auf.

Im fahlen Licht der Kerzen auf dem Flur, sah Louis das helle Hemd am Ende des Korridors. Der Vampir kam mit wild fuchtelnden Armen auf ihn zugerannt. Er schien in Rage zu sein und Louis bekam es nun endgültig mit der Angst zu tun.

Wäre er doch Zuhause geblieben!!

„Professor!", rief Louis und sprang die Treppe hinunter. Es war schon dunkel und er war sich sicher, dass der Graf mittlerweile auch aufgewacht war.
Einen solchen Lärm zu veranstalten war demnach keine gute Idee.

Wie dumm, dass sie sich getrennt hatten, das würde ihr Ende bedeuten!

Der Teppich dämpfte seine Schritte, doch als er eine Eingangshalle erreichte und Marmorboden betrat, war er deutlich zu hören. Immer wieder sah er über die Schulter, konnte Harry jedoch nicht mehr sehen.

War es ihm womöglich gelungen, ihn abzuhängen? Schwer atmend drückte er die Tür auf und fand sich in einem Innenhof wieder. Der Mondschein wurde vom Schnee reflektiert und es war hell genug, dass er gut sehen konnte.

Hier konnte sich der Vampir mit seinem blütenweißen Hemd nicht verstecken, dachte Louis und lehnte sich erleichtert an einen Pfeiler.

Das war knapp gewesen. Verdammt knapp und er hatte nicht einmal Knoblauch dabei gehabt, wie töricht. Hoffentlich fand das der Professor nie heraus – er würde ihm sicherlich einen Vortrag über die Grundkenntnisse halten und darüber, dass ihm das als angehender Wissenschaftler nicht passieren durfte.

Louis fasste sich ans Herz, froh darüber, dass es noch kräftig gegen seine Hand schlug. Das war so knapp gewesen!

Wäre er doch Zuhause geblieben und hätte etwas einfaches gelernt. Wieso hatte er unbedingt studieren müssen?

Seufzend schloss er die Augen und lehnte sich gegen den Pfosten hinter sich. Jetzt müssten sie nur noch Eleanor retten und dann nichts wie weg! Der Gedanke sollte ihn eigentlich optimistisch stimmen, doch was er empfand war etwas anderes.

Ein ungutes Gefühl beschlich ihn mit einem Mal.

Ein Kribbeln im Nacken. Als würde ihn jemand sachte streicheln.

Ein Ziehen in der Lendengegend, als würde sein Inneres ganz heiß werden.

Seine Sinne spielten ihm einen Streich und gaukelten ihm vor, dass ihn jemand zärtlich berührte. Es lag an Eleanor, an die er gerade gedacht hatte.
Louis seufzte, atmete die Nachtluft tief ein und wurde mit einem Mal gegen den Holzpfeiler gepresst!

Harry hatte ihn eingeholt, presste ihm die Hand auf den Mund und drückte ihn fest gegen das Holz. Es knackte und würde nicht mehr lange standhalten. Louis versuchte, sich zu befreien, zerrte an der Bluse des Vampirs, doch der hatte ihn zu fest im Griff.

„Ich lasse mich nicht abwimmeln. schon gar nicht von einem solch attraktiven Leckerbissen", knurrte er und ein stechender aber kurzer Schmerz durchfuhr Louis' Hals. Das Adrenalin schoss ihm durch die Adern und anstatt unglaubliche Schmerzen zu fühlen, erfüllte ihn eine Lust und ein Kribbeln, wie er es bisher noch nie empfunden hatte.
Ihm ging das Herz auf und ein Gefühl von Verlangen durchströmte ihn.

Mit nichts auf der Welt war das vergleichbar und er hörte auf, sich zu wehren. Stattdessen schlang er die Arme um den Körper des Mannes, der ihm so unanständig nahe kam und genoss dessen Lippen an seinem Hals.
Unglaublich!

Wieso hatte er sich vorhin eigentlich Gedanken um eine Frau gemacht?
Wie unsinnig.
Das hier war es, was er wollte und obwohl Louis ahnte, dass seine aktuelle Gefühlslage nicht echt sein konnte, sondern mehr mit dem Gift des Vampirs zu tun hatte, genoss er das Empfinden, das ihm die Sinne vernebelte.

„Es ist das schönste Gefühl auf der Welt, einen Menschen zu beißen", hauchte Harry dicht an seinem Hals, nahm noch zwei Schlucke und ließ dann von ihm ab.

Das Blut schien den Vampir in einen Rausch versetzt zu haben, doch auch Louis kam sich vor, wie im Fieber. Haltlos klammerte er sich an den Volants der weißen Bluse fest und spürte, wie ihm das eigene, warme Blut über den Hals lief und in seiner Samtjacke versickerte. Seine Beine konnten ihn kaum mehr tragen und er drohte zusammen zu brechen.

„Es geht dir nicht gut", sagte Harry leise und strich ihm mit der Hand übers Gesicht. Die Geste war so liebevoll, wie ihn bisher noch niemand berührt hatte.
„Nein...tut es nicht, mon Chérie. Aber du hast mich gerade gebissen", stammelte Louis und blickte Harry aus glasigen Augen an. Wie ihm erst jetzt auffiel, war er eigentlich wunderschön.

Wieso hatte er das vorhin noch nicht bemerkt?

„Ich bringe dich ins Bett. Du brauchst Ruhe", hauchte Harry, hob ihn hoch, er schmiegte sich an ihn und Harry trug ihn auf kräftigen Armen durchs Schloss.
Louis fühlte sich sicher und geborgen in seinen Armen und schloss die Augen.

Sie begegneten niemandem auf dem Weg nach oben, wenngleich Louis im Schlosshof Geräusche hören konnte. Es klang wie Grabplatten, die verschoben wurden.
„Die Gäste kommen langsam aus der Gruft. Bis zum Beginn des Balls wirst du wieder auf den Beinen sein, mein Engel." Harry drückte ihm einen Kuss auf die Schläfe und Louis sank in eine kurze Ohnmacht.

Das hier war alles, was er sich je erträumt hatte.

Der Sohn des Grafen würde seine Zukunft bedeuten, das wusste er sicher.

„Was ist mit Eleanor? Der jungen Frau, wegen der du hergekommen bist?", wollte Harry mit Unschuldsmiene wissen. Louis zuckte mit den Schultern. Das Gift des Vampirs in seinem Kreislauf hatte seine Sichtweise vollkommen verändert.

„Ach Frauen...was interessieren mich die Frauen", nuschelte er und lächelte benommen.

Alles, was jetzt zählte, war der Grafensohn, der ihn erweckt und ihm ein neues Leben geschenkt hatte.
Der Rest war doch vollkommen egal.
Gut, dass er nicht Zuhause geblieben war.

ENDE

.-.-.-.

So meine Lieben,

ich danke euch ganz herzlich für eure Aufmerksamkeit bei dem kleinen OS Crossover. ♥️
Ich hoffe, es hat euch Spaß gemacht, auch wenn es eine kurzweilige Sache war.

Liebe Grüße

Wenn Liebe in dir ist...OSWo Geschichten leben. Entdecke jetzt