Kapitel - {1}

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Ich saß in dem langweilig eingerichteten Wartezimmer. Im Augenwinkel sah ich ein kleines unscheinbares Lämpchen, welches Rot leuchtete. Es symbolisierte mir, dass ich noch nicht dran war. Genervt stieß ich die Luft aus, die sich noch in meinen Lungen befand. Man brauchte nicht viel Menschenkenntnis, um zu erahnen, dass ich alles andere als freiwillig hier war.

Außer einer Frau, die mir direkt gegenüber saß und einer Empfangsdame, war das Wartezimmer sonst leer. Da die Einrichtung nicht viel hergab, was ich betrachten konnte, ließ ich meinen Blick erforschend über die Frau gleiten. Sie hatte kürzlich erst geweint. Ihre Augen waren glasig und der Ausdruck in ihnen leer. Die Augenlider waren gerötet und geschwollen. Als sie nervös auf ihren Fingernägeln herumzukauen begann, musste ich meinen Blick abwenden. Das war nichts, dass ich jetzt unbedingt sehen wollte.

Ich ließ meinen Kopf nach unten sinken und sah auf meine Hände, die ineinander gefaltet in meinem Schoß lagen. Mein rechtes Bein wippte ich umher. Nicht weil ich nervös war, sondern um zu verhindern, möglicherweise einzuschlafen.

Ein Geräusch von links ließ meinen Kopf herumfahren. Das Lämpchen sprang auf Grün. Aus der Tür trat ein Mann, dicht gefolgt von einem zweiten. Sie gaben sich die Hände und verabschiedeten sich mit den Worten „Bis nächste Woche."

Der Blick des zweiten Mannes huschte nun zu mir. „Mr. Tomlinson, möchten Sie mir gleich folgen?" fragte er mich.

Ich antwortete nicht, sondern erhob mich mit einem Ächzen aus meinem Stuhl. Er drehte sich zur Seite und deutete mit seiner rechten ausgestreckten Hand ins Innere des Raumes. Ich ging an ihm vorbei und trat ein.

„Setzten Sie sich doch."

Ich ließ meinen Blick kurz schweifen. Die Einrichtung war simpel gehalten. Die Wände waren in beige gestrichen und das Mobiliar erstrahlte in dunklen Tönen. Einige Bilder, die die Wände zierten und ein Ficus, der schon bessere Tage erlebt hatte, ließen das Ganze wie ein großes Wohnzimmer wirken. Ein Diplom von der Oxford Universität stach mir ins Auge. Es war in Silber gerahmt und hing über einem kleinen Schreibtisch, der in einer der Ecken stand. Mit einem Seufzen ließ ich mich auf einer dunkelbraunen Couch nieder. Der Mann nahm in einem Sessel Platz, welcher der Couch gegenüberstand. Er schlug seine Beine übereinander und balancierte auf seinem Oberschenkel eine ledrige Mappe, in der sich ein Block und wenige lose Zettel befanden. „Gut Mr. Tomlinson, was führt Sie denn zu mir?" fragte er mich und drückte mit einem metallischen Klicken, die Mine seines silbernen Kugelschreibers heraus.

Ich antwortete ihm nicht, stattdessen musterte ich ihn. Er war vermutlich Anfang 30. Sein Haar war braun und bereits von ersten grauen Strähnen durchzogen. Er hatte einen Vollbart und eine schwarze Hornbrille saß auf seiner Nase.

„Wie wärs, wollen Sie mir antworten, wenn sie fertig sind, mich zu mustern?"

Ich sah auf in seine dunklen Augen. „Sollten Sie mir nicht sagen, warum ich hier bin?" waren die ersten Worte, die ich ihm an diesem heutigen Tag entgegenbrachte.

Seine Mundwinkeln zuckten leicht nach oben. „Ich kann Ihnen nichts sagen, wenn Sie mir nicht vorher etwas von sich erzählen."

Wieder nur Schweigen meinerseits.

Ich fuhr mir über meine Unterlippe und knetete sie zwischen meinem Daumen und Zeigefinger.

Er sah mich eine Weile eindringlich an. „Wir können uns auch gerne einfach nur anschweigen. Ich bekomme das hier bezahlt, ob Sie sprechen oder nicht. Aber wenn ich Sie wäre, dann würde ich die verbliebenen 40 Minuten sinnvoller gestalten." Mit diesen Worten klappte Mr. Oxford seine Mappe zu und legte seinen Stift weg.

Ich zog die Luft scharf ein. „Ich habe meine letzte Arbeitsstelle verloren." Meine Stimme klang unbeabsichtigt etwas harsch.

Der Mann sah mich mit undefinierbarem Blick an, dann klappte er seine Mappe wieder auf. Schnell bewegte er seinen Kugelschreiber über seinen Block, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. „Warum haben Sie ihre Arbeitsstelle verloren?" Mit seinem Zeigefinger schob er, seine Brille ein Stück höher.

„Können Sie das nicht dem Polizeiprotokoll entnehmen?" gab ich pampig zurück.

RaspberryPink || LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt