Endlich Urlaub

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Wörter: Blitz/Elektrizität, Apfel/Obst, Blume, Biene, Pyramide, Fußabdruck/Spur, Zelt, Lupe/untersuchen, Glühbirne/Idee

Betrachtet man eine Blume, so ist sie im ersten Moment für einen etwas zerbrechliches, kleines. Doch wenn man die Gesamtheit aller Blumen zusammennimmt, erhält man ein riesiges Blumenmeer und jede einzige von ihnen ist Teil etwas viel höherem. Dabei sollte man nie vergessen, dass Blumen, abgesehen von wenigen, sich nicht selbstständig verbreiten können. Sie brauchen die Hilfe von Bienen, Hummeln oder anderer um zu sein. Darum sind Bienen sehr wichtige, wenn auch für uns Menschen manchmal nervige, kleine Geschöpfe der Natur.

Ein Blitz durchzuckt den, schon seit längerem bewölkten, Himmel. Ich erschrecke mich und schlage bei dem ersten Tropfen, der auf einer meiner Tagebuchseiten landet, das Buch sofort zu. Hoffentlich wurde die Tinte nicht verwischt. Das wäre für mich sehr ärgerlich, da ich doch penibel auf mein Schreibbild achte.

Die Biene, die ich vorhin noch beobachtet habe, hat sich inzwischen wohl auch in Sicherheit gebracht. Der Regen wird stärker und ich ziehe mich nun auch in mein Zelt zurück. Gerade jetzt frage ich mich, ob alleine Campen zu gehen so eine gute Idee war. Aber ich brauche diese Auszeit von allem. Von den Menschen, von der Technik und vor allem von meiner Arbeit. Ich hätte am Anfang nicht einmal in Erwägung gezogen, dass mir mein Traumberuf einmal zu viel werden könnte. Und doch ist es so gekommen. Denn was man denkt wie die Arbeit sein wird und wie sie dann ist, dass sind zwei paar Schuhe.

Ich höre wie der immer stärker werdende Regen auf mein Zelt prasselt und in weiter Ferne wieder ein Donnergrollen nachhallt. Ich finde es romantisch. Vielleicht würde ich das anders sehen, wenn ich Angst oder größeren Respekt vor den Gewitter hätte. Aber ich finde den Regen und das Geräusch des Donners einfach nur entspannend. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, ob ich immer schon ein Naturmensch war. Vermutlich hat sich das bei mir erst mit der Zeit offenbart.

Mein kleiner Trip in diese bergige Landschaft hat sich für mich jetzt schon mehr als gelohnt, denn noch nie habe ich mich so frei und erholt gefühlt wie in diesen zwei Tagen, die ich bereits hier bin. Dafür musste ich aber auch einiges über mich ergehen lassen. Für eine Erlaubnis um hier campen zu dürfen, musste ich nämlich erst einmal den Waldbesitzer ausfindig machen und das war erst der leichte Teil. Denn wie sollte man jemandem erklären, dass man nur Mal für sich alleine sein möchte und nicht irgendwas komisches im Wald anstellt. Aber, wie schon erwähnt, hat sich der ganze Stress ausgezahlt.

Das Gewitter scheint weiterzuziehen. Aber bevor das schöne plätschern des Regens nicht nachlässt werde ich nicht vor mein Zelt treten. Denn so sehr ich auch das Geräusch und den Geruch von Regen mag, so wenig möchte tatsächlich im Regen stehen und nass werden. Um mir ein wenig die Zeit zu vertreiben, schneide ich mir einen Apfel auf und teile ihn in acht Stücke. Dann nehme ich mir mein Tagebuch wieder zur Hand und schlage die letzte Seite auf.

Ich hatte Glück. Der Tropfen von vorhin hatte es zwar auf mein Papier geschafft, wurde aber nicht verwischt. Den kleinen Fleck kann ich aber dennoch nicht mehr entfernen. Ich würde jetzt so gerne etwas über den Regen schreiben, aber irgendwann werden mir bei diesem Thema bestimmt die Ideen ausgehen. So oft wie ich schon über ihn geschrieben habe.

Ich nehme mir das erste Apfelstückchen und schließe mein Tagebuch wieder. Wo sind nur alle meine guten Ideen hin verschwunden? Sonst war das noch nie ein Problem gewesen. Andererseits hatte ich sonst auch nicht die Gelegenheit über mehrere Tage hinweg ungestört zu sein. Daran wird es wohl liegen.

Der Regen hat anscheinend aufgehört, denn das prasseln ist weg. Ich stecke mir noch ein Stück Apfel in den Mund und erhebe mich um das Zelt zu verlassen. Die Sonne scheint nun endlich wieder hinter den Wolken hervor und gibt den wundervollen Blick auf die Landschaft frei. Ich hatte gerade Mal zwei Stunden wandern müssen um diesen Ort hier zu finden. Wenn ich zeichnen könnte, wäre dieser Platz das perfekte Motiv.

Doch das war nie einer meiner Stärken. Ich war, und bin es heute noch, sehr neugierig und abenteuerlustig. Immer wenn sich die Gelegenheit dafür bietet entfalten sich meine Fähigkeiten. Wie die Flügel bei einem Marienkäfer, die sich nur zeigen, wenn sie gebraucht werden. Darum kenne ich nicht einmal alle meine verborgenen Talente. Aber genau bei so einem Ausflug könnten sie ja an die Oberfläche kommen.

Ich atme tief diese wohltuende Luft ein überblicke noch einmal mein Reich. Es wirkt vielleicht kindisch, doch in dieser Situation fühle ich mich, wie die Königin der Welt oder zumindest der Berge. Ich entferne mich ein bisschen von meinem Zelt und mache einen kleinen Spaziergang, an riesigen Bäumen vorbei, über einen kleinen Bach und komme dann einer Felswand an. Ich bin verdammt froh nicht oben zu stehen. Ungesicherte Höhen machen mir sehr zu schaffen.

Während ich so an der Wand entlang gehe, entdecke ich auf dem Boden vor mir Fußspuren. Sie haben ungefähr meine Größe und führen von der Felswand weg zurück in Richtung Wald. Meine Neugier ist geweckt und ich schleiche, wie ein Indianer auf Spurensuche den Abdrücken hinterher. Sie wirken gleichmäßig und zeugen von Eleganz. Die Spuren sind nicht tief und es fühlt sich für mich so an als wäre die Person, die diese Fußspuren hinterlassen hat irgendwie glücklich gewesen, vielleicht unbeschwert. Sie sehen aber auch auf eine gewisse weise merkwürdig aus, so unförmig oder als wären sie verkehrt herum. Aber darüber kann ich mir bedanken machen, wenn ich den Eigentümer gefunden habe.

Meine Suche führt mich über einen kleinen Bach und zwischen vielen großen Bäumen hindurch bis ich in einiger Entfernung etwas sehe. Es scheint nicht ganz in diese natürliche Umgebung zu passen, vor allem mit seiner sehr gelben Färbung. Als ich näher komme wird mir bewusst, dass ich eine Pyramide gefunden habe. Zugegeben eine recht kleine Pyramide, aber so wie man sie sich vorstellen würde. Mit vier dreieckigen Seiten und einem Quadrat als Bodenfläche. Wobei ich dieses Detail nur erraten kann.

Ich wage ich hinein und finde einen schön angerichteten Teller mit Apfelstückchen vor. Es sind genau sechs Stück. Ich nehme mir eines und esse es genüsslich. Nach einem so entspannenden Spaziergang hatte ich mir das aber auch verdient.

Anscheinend bin ich wohl wirklich sehr kindisch und habe eine sehr ausgeprägte Fantasie, die sich durch nichts beirren lässt. Wie könnte ich es mir sonst erklären, dass ich, ohne groß darüber nachzudenken, meine eigenen Fußspuren zurück gefolgt bin um ein kleines Abenteuer zu erleben.

Ich freue mich schon auf meinen nächsten Campingurlaub.


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