Kapitel 1 "Ich weiß. Glaubst du das er mich enterben wird?"

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Er beobachtete mich, während er seinen Kaffee genüsslich trank. Seine hellen Augen ruhten wachsam auf mir. Nein, sie folgten mir. Jede meiner Bewegungen nahm er zu Kenntnis. Genervt ging ich auf ihn zu. Mir reichte es nämlich. Er störte mich bei meiner Arbeit. Seine Augen, die nach etwas Falschem suchten, etwas was er gegen mich verwenden konnte, hatte ich in diesem Moment einfach nur satt.

"Würden Sie jetzt endlich was bestellen? Wenn nicht, bitte ich Sie darum diesen Laden zu verlassen und mich nicht mehr bei meiner Arbeit zu stören", sagte ich betont höflich. Der Kunde war König. Egal, wie sehr mich ein Kunde nervte, so musste ich doch immer höflich bleiben. Außerdem hatte ich diesen Job erst vor ein paar Tagen bekommen. Und es machte wohl kaum einen Guten Eindruck, wenn ich schon nach ein paar Tagen negativ auffiel.

"Aber ich habe doch was bestellt und jetzt möchte ich doch nur meinen Kaffee austrinken", meinte er gespielt unschuldig. Ich verdrehte kurz die Augen. War mal wieder klar, was er vorhatte, aber dieser Blick funktionierte einfach nicht bei mir. Hat er noch nie, denn ich durchschaute ihn immer wieder, wie auch in diesem Fall.

"Diesen Kaffee haben Sie aber nicht bei uns bestellt. Sie hatten ihn schon in der Hand, als sie diesen Laden betreten haben", antwortete ich ihn mit einem gespielt freundlichen Lächeln. Nicht nur er konnte so schauspielern, auch ich konnte es.

"Deinen Augen entgeht ja gar nichts. Seit wann arbeitest du hier?" Dumme Frage. Woher wusste er das ich hier arbeite? Genau, bestimmt von Zola und sie hatte ihm bestimmt auch erzählt, seit wann ich hier arbeite. Musste sie ihm immer alles auf die Nase schmieren? Sie konnte einfach nichts für sich behalten, aber ich konnte ihr einfach nie lange Böse sein. So war es nämlich nun mal unter guten Freunden. Man konnte nie lange Böse sein.

"Oh, mir scheint es so, als würden deinen Augen nichts entgehen. Ich arbeite erst seit fünf Tagen hier, was dir bestimmt schon Zola brühwarm erzählt hatte, also spar dir bitte diese Unötigen Fragen. Ich habe keine Lust auf Small Talk. Seit wann bist du denn wieder in der Stadt? Wie war Barcelona?"

"Du hast keine Lust auf Small Talk? Ich aber schon. Ich bin gestern Abend gelandet. Du fragst mich wie Barcelona war? Es war einfach fantastisch! Wollte gar nicht mehr nach Hause kommen. Habe mich nämlich sofort in die Stadt verliebt. Wie geht es meinem Vater?" Nervös rutschte er unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Ich sah ihm an, wie unwohl er sich fühlte und verstand zu gut, wie er sich fühlte.

Auffordernd hob ich eine Augenbraue. "Du warst noch nicht bei ihm", stellte ich nach ein paar Sekunden des Schweigens fest.

Seufzend setzte ich mich zu ihm, da der Chef heute ausnahmsweise Mal nicht da war, um deshalb zu meckern. Ich hatte zwar nichts gegen den Chef, aber er nahm seine Regeln sehr ernst und war nun mal sehr streng. Wenn er mal nicht da war, kümmerte sich seine Tochter um den Laden und sie war viel lockerer. "Sarah? Ich mach jetzt fünf Minuten Pause", rief ich meiner Kollegin Sarah zu, die gerade eine Kundin bediente. "Du kannst auch länger Pause machen. Es sind nicht viele Kunden anwesend. Um die paar, die anwesend sind, kann ich mich ruhig alleine kümmern", rief sie mir im vorbei gehen zu.

Ich schenkte ihr noch ein dankbares Lächeln und drehte mich dann wieder zu Sam um, der echt Angst hatte, auf das, was jetzt kommen sollte. Die Reise hatte ihm gut getan, das sah ich ihm an. Seine dunkelnblonden Locken waren gewachsen und hatten mal wieder einen Schnitt nötigt. Die Locken fielen ihm unachtsam ins Gesicht und verdeckten halb die hellbraunen Augen mit den perfekt geschwungenen Augenbrauen. Ich beneidete ihn darum. Er hatte sich noch nie die Augenbrauen gemacht, das hatte er nicht nötig und trotzdem waren sie der Traum jeder Frau. Von seinen Wimpern brauchte ich gar nicht erst zu reden.

"Komm schon, Helin! Spann mich nicht auf die Folter und sag es mir. Wie hat er reagiert?", fragte er und versuchte seine Aufregung zu verbergen, aber ich kannte ihn dafür schon lange genug und wusste, was für ein Gefühlschaos im Moment in ihm herrschte.

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