Es war ein seltsam heißer Sommer. In meinem Ei konnte ich nur die unerträgliche Hitze spüren, welche meine Schalen umgab. Von draußen hörte ich das schmerzerfüllte Brüllen meiner Mutter und dann Flügelschläge. Was ist da los? Ich wusste es nicht.
Die Zeit verging. Die Hitze ging und kam noch einige Male, bis ich es nicht mehr in meinem engen Ei aushielt. Mit all meiner Kraft warf ich mich gegen die Schalen. Mit meinen winzigen Zähnen und Hörnern versuchte ich die Schale zu durchbrechen. Mit meinen Krallen versuchte ich es ebenfalls. Doch Ich war zu schwach. Aber ich wollte nicht aufgeben! Ich konnte nicht aufgeben! Immer wieder versuchte ich es, doch es funktionierte nie. Mein ganzer Körper schmerzte und ich war erschöpft, nach einigen Stunden, in denen ich versuchte mich zu befreien.
Nach einer gefühlten Ewigkeit versuchte ich es erneut. Durch Bewegung wollte ich das Ei bewegen, sodass es irgendwo gegen stieß und die Schale hätte brechen können. Doch ich hörte nur, wie etwas platschte und bemerkte, dass ich mich bewegte. Ich bekam Panik. Schließlich wusste ich nicht, was passiert war.
Plötzlich hörte ich auf mich zu bewegen. Das Rauschen war noch immer zu hören, doch es entfernte sich, während ich mich ebenfalls wieder bewegte. Irgendetwas hob mich hoch. Das Rauschen wurde immer und immer leiser. Regungslos blieb ich in meinem Ei und hoffte, dass niemand bemerkte, dass ich darin war. Etwas knarrte und nun hörte man die Schritte etwas lauter. Endlich kam ich zum stehen.
Eine Stimme sagte: „Wenn der König erfährt, dass du ein Drachenei gefunden hast und es ihm nicht ausgehändigt hast, kostet das uns beide den Kopf, das weißt du!" Die antwortende Stimme war etwas näher an mir dran: „Es trieb im Wasser herum. Was hätte ich denn tun sollen? Es einfach treiben lassen und das Küken wahrscheinlich sterben lassen?" Ah also rauscht dieses Wasser. „Ich hätte es an deiner Stelle getan. Entweder du händigst es heute noch der königlichen Familie aus oder du setzt es aus!" Wieso sollte man mich aushändigen? Ich wollte wissen wer das gesagt hat. Vielleicht könnte ich sie ja dann fragen. Also zappelte ich herum und durchbrach mit meiner Kralle die Schale. Endlich! Sofort floss eine Flüssigkeit aus meinem Ei und ich konnte zum ersten Mal Luft holen. Licht kam mir entgegen, welches mich leicht blendete. Doch mich interessierte dies nicht. Ich arbeite mich weiter vor, bis ich schließlich aus diesem Schalengefängnis kam. Die klebrige Masse aus meinem Ei klebte noch immer an mit. Sie hing überall, weshalb ich mir mit meinen winzigen Pranken die Augen etwas säuberte. Nun konnte ich zwei erstarrte Zweibeiner erkennen. Ihre Stimmen eben wirkten weiblich. Ich schaute erst zu der, die mich aus dem Wasser geholt hatte, dann zu der anderen. Sie schien älter zu sein und war auch deutlich größer. Meine Retterin hingegen war anscheinend noch sehr jung. Die Ältere meldete sich wieder zu Wort: „Bring dieses Bist in den Wald oder zum König, Lily!" Lily schaute erst die ältere Frau an und dann mich. „Wie du meinst", antwortete sie traurig. Sie wirkte, als wollte sie mich nun hochheben, doch ich tapste etwas an die Seite. Ich war ein Drache kein Haustier! Mit erhobenem Kopf sprang ich von dem riesigen Tisch. Meine Flügel hatte ich noch immer angelegt. Ich wusste nicht, was ich mit ihnen hätte anstellen sollen.
Natürlich landete ich unsanft auf dem Holzboden. Ich ließ mich davon nicht ablenken, richtete mich auf und stolzierte in Richtung großes Holzbrett. Irgendwie wusste ich, dass ich dadurch rauskommen konnte. Lily meinte dann: „Warte ich mach dir die Tür auf." Sie zog an dem Holzbrett, was offensichtlich eine Tür war und lief mit mir zusammen hinaus. Kaum waren wir draußen, da hörte ich auch schon das Rauschen des Flusses. Er war rechts von uns. Links von uns war etwas weiter entfernt eine Ansammlung von Häusern. „Das ist das Dorf. Wenn wir weiter geradeaus laufen, kommen wir in den Wald, wohin ich dich bringen werde", meinte Lily. Tatsächlich war vor uns ein dichter Wald. Nun blieb das Mädchen plötzlich stehen und schaute erschrocken zum Dort. Einige Männer in silberner Kleidung liefen dort entlang. „Lauf!", befahl mir Lily leise und ich rannte los. Sie jedoch blieb stehen. Meine zwei kleinen Beine trugen mich nicht so schnell, wie ich es gerne gehabt hätte, doch ich schaffte es rechtsseitig in den Wald. Gerade als ich mich in einem Busch dort versteckte, kamen die Männer auf Lily zu. Meine feinen Ohren konnte das Gespräch von Lily und einem der Männer gut vernehmen. Der Mann fragte sie: „Was war das eben?" „Eine Katze, wieso?" Sie ist klug! Sie weiß, dass sie etwas gesehen haben und gibt mich als etwas anderes aus. Aber warum muss sie das überhaupt tun? „Das sah aber nicht wie eine Katze aus! Eine Katze hat vier Beine. Nicht nur zwei! So wie das lief, kann keine Katze laufen." „Sie hatte aber drei Beine. Das kann dann so aussehen wie zwei." „Lüg mich nicht an!" „Das mache ich doch gar nicht." „Das werden wir noch sehen. Wo willst du eigentlich hin?" „In den Wald spielen gehen." „Bist du nicht etwas zu alt für so etwas?" „Wieso? Darf man mit 14 etwa nicht mehr im Wald spielen gehen?" „Nein. Das, was da in den Wald gerannt ist, ist offensichtlich etwas, was du verheimlichst. Ich werde unverzüglich den Kommandanten darüber informieren!", meinte er und zog mit den anderen Männern ab. Aus dem Gesicht von Lily konnte ich genau erkennen, wie erleichtert sie war. Schnell lief sie zu mir. „Die Luft ist rein", meinte sie zu mir, „Wir können weitergehen." Ohne Anstände zu machen, lief ich ihr hinterher. Immer tiefer und tiefer in den Wald. Vor einen kleinen Teich kam sie zum Stehen. „Du hast noch keinen Namen. Was bist du eigentlich? Ein Mädchen?" Ich nickte. „Cool, du verstehst mich. Wie wärs mit dem Namen Cora?", fragte sie mich erfreut. Das klingt eigentlich ganz gut. Ja, so mag ich heißen! Vor Freude sprang ich einmal in die Luft. „Okay, Cora. Ich würde gerne noch länger bleiben aber ich muss los. Lass dich von niemanden blicken!", verabschiedete sie sich und rannte los.
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Cora
FantasyDies ist die Geschichte von dem Drachenmädchen Cora. Sie ist der letzte Drache und versucht für ihre Freiheit zu kämpfen. Dann lernt sie eines Tages die Tochter des Königs an, mit welcher sie eine Verbindung eingeht. Das Schicksal von beiden wird...