Die Welt ist schon grausam, nicht wahr? Besonders meine Welt. Nicht, dass ich mich in den Vordergrund spielen wollen würde. Aber... Ich bin nicht normal.
Ich sitze gerade im Versailles Café an der Straßenecke. Der Himmel ist grau, die Autos dröhnen auf der Hauptstraße ein paar Blocks entfernt. Und da sitze ich mit meinem bereits kalten Kaffee und meinem Tamagotchi in der Hand. Wie lange sitze ich hier wohl? Bestimmt über eine Stunde. Ich komme oft hier her. Man kennt mich bereits. Man weiß, ich sitze immer ganz außen. Man bringt mir immer meinen Kaffee. Es ist, wie es sein sollte. Kein dummer Smalltalk, keine bescheuerten Höflichkeitsfloskeln. Ich bekomme meine hart erkämpfte Ruhe.
Nachdem ich mein verwöhntes Tamagotchi zum Schlafen gebracht habe, sehe ich mich etwas unter den anderen Gästen um. Mein Blick streift umher und meine Augen treffen auf die eines Jungen. Ich beobachte ihn stumm und er starrt zurück. Nach 2 Minuten steht der dumme Klotz endlich auf und biegt in eine Gasse ein. Ich lege das Geld auf den Tisch, stopfe mir mein Tamagotchi schnell in die Hosentasche und folge ihm im Laufschritt. Er läuft durch einige Gassen und landet letztendlich in einer Sackgasse. Ich stehe gut fünf Meter entfernt von ihm. Gesehen hat mich niemand. Für die Großstadtbevölkerung bin ich unwichtig.
„Sag mal... Hast du dir je Gedanken gemacht, warum wir anders sind?", der Junge drehte sich mit einem Grinsen auf den Lippen zu mir um. Echt hässlich, sollte er lieber unterlassen. Aber das ist eh egal, lange wird er nicht mehr leben. Fressen oder gefressen werden. Ich bleibe also stumm. Warum sollte ich die Zeit auch sinnlos verschwenden? Mein Tamagotchi lässt auf jeden Fall nicht auf sich warten.
„Weißt du... Ich habe mich schon immer gewundert, warum wir uns mit unserem Leben zufrieden geben, wenn wir so viel mehr sein könnten!", er redet weiter und weiter. Währenddessen sehe ich mich etwas um. Brauchbare Waffen wie eine Eisenstange gibt es nicht, Waffen scheint der Junge selber auch nicht zu haben. Allerdings habe ich natürlich auch nichts mit, doch das ist egal. „Wir könnten so viel erreichen, wenn wir uns nur darauf konzentrieren...", den Rest des Satzes höre ich mir nicht mehr an. Ich stürme auf ihn zu, aus Schreck weicht er einen Schritt zurück. Er ist wohl noch recht unerfahren. Zum Schutz hält er die Arme vor sein Gesicht, ein typischer Anfängerfehler. Er weiß nicht einmal, wo ich angreifen will, man sollte warten, bis man das Ziel erahnen kann. Mein Ziel wäre so oder so nicht das Gesicht gewesen. Als ich kurz vor ihm bin und meine Faust schon nach vorne schnellt, ändert er blitzschnell seine Armposition und schützt seinen Bauch. Es war also ein Ablenkungsmanöver. Zu dumm nur, dass auch sein Magen nicht mein Ziel war. Schnell packe ich ihn dann an der Schulter und ramme ihm mein Knie zwischen die Beine. Nicht gerade sauber und fair, aber effektiv.
Der Schmerz zieht sich durch seinen Körper und er versucht meinen Griff zu lockern, um weg zu kommen. Außerdem versucht er, mich zu treten, doch ich weiche locker aus und treffe seine Nüsse noch zwei weitere Male. Danach schubse ich ihn an mir vorbei und trete ihm in den Rücken, sodass er zu Boden fällt. Ich darf ihm keine Zeit geben, sich zu fassen, also packe ich ihn an den Haaren und schmettere seinen Kopf gegen die Wand. Ein dumpfes Geräusch entfährt seiner Kehle. Er versucht sich erneut zu lösen, aber ich schlage seinen Kopf immer und immer wieder mit Wucht gegen die Wand. Der Schmerz in seinem Unterleib lähmt ihn noch immer, was die Sache leichter für mich macht. Er hatte bereits verloren, als er seine Deckung so vernachlässigte. So ist das eben. Es reicht ein kleiner Fehler und du verlierst alles.
Trotz der Gewalt bleiben wir beide recht leise. Dass man die Schläge nicht hört, hat man dem Straßenlärm zu verdanken. Normalerweise machen wir das ja auch nur nachts, denn der Tag ist sehr riskant.
Sein Widerstand wird immer kleiner, doch das könnte wieder eine Falle sein. Erst, als er sich seit einer halben Minute nicht mehr regt, lasse ich ihn zu Boden fallen. An der Mauer klebt sein Blut und sein Schädel ist stark beschädigt, doch das reicht nicht, ich muss sicher gehen... In der Nähe ist ein Ziegel, schnell ist er aufgehoben und der Schädel des Jungen zerschmettert. Ein widerlicher Tod, aber man nimmt, was man kriegt.
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Im Schleier des Albtraums
Teen FictionProlog Ich bin anders als ihr. Wir leben zwar in derselben Welt, doch sind wir uns weitaus ferner, als ihr euch vorstellen könnt. Es ist mein erstes Jahr an der Universität, doch ich habe bereits einige Freunde gefunden. Auch sie sind kein Teil mein...