Kapitel 1

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Mein Name ist Lucian und ich bin blind.
Ein komischer Anfang einer Geschichte, nicht? Aber es ist ja keine normale Geschichte.

Wenn man blind ist, ist es als wäre alles in eine unendliche Dunkelheit getunkt, man sieht keinen Lichtschimmer. Es gibt nicht so etwas wie, am Ende des Tunnels ist Licht. Es gibt rein gar nichts. Als Blinder nimmst du deine Umgebung viel mehr wahr und bist viel sensibler. Doch wie gewöhnt man sich an sowas? Die Antwort ist einfach, man gewöhnt sich nie daran. Man verliert nie die Hoffnung, dass eines Tages wieder Licht in sein Leben kommt.
Früher konnte ich mal sehen. Den Himmel und die Erde. Aber jetzt ist dort nichts mehr.
Aber gehen wir doch mal zum Anfang. Bevor ich blind wurde.
Es war auf einer Party als ich 16 Jahre alt war, meine Freunde und ich feierten, dass wir die Klausuren hinter uns hatten und bald die Ferien beginnen würden. Wir alle hatten viel getrunken und wollten nach Hause fahren. Am Steuer saß ein Freund von mir, Phil, er war nicht mehr nüchtern. Auf dem Weg übersah er einen Baum und geriet ins Schleudern. Mehr wusste ich nicht mehr von der Nacht.
Ich wachte im Krankenhaus auf und mir begegnete unendliche Dunkelheit. Verwirrt und orientierungslos wandte ich meinen Kopf in alle Richtungen und berührte mit meinen Fingerspitzen meine Augen. Meine Hände ertasteten jedoch nur raues Mullband. Ich versuchte zu blinzeln, aber meine Augenlider waren schwer gegen den Verband um meinen Kopf gepresst . Ich verstand die Welt nicht mehr. Voller Panik schlug ich wild um mich. Nach einer Weile kam jemand, dessen warme Hände und Worte mich versuchte zu beruhigen. Eine Krankenschwester wie mir klar wurde. Doch es gelang ihr nicht. Ich war viel zu hysterisch, um Ruhe zu bewahren. Meine Mutter kam in den Raum, das hörte ich an ihrer Stimme.

„Schatz, beruhig dich.", sagte sie, doch irgendwas irritierte mich an ihrem Tonfall. Sie hörte sich heiser an, als hätte sie geweint. Viel geweint.

„Ich kann mich nicht beruhigen Mum! Ich sehe nichts!", schrie ich und schlug wieder um mich.

„Schatz,..",versuchte sie meinen Ausbruch zu unterbinden doch ich unterbrach sie mitten im Satz.

„WARUM SEHE ICH NICHTS!??", schrie ich.

Irgendjemand hielt mich an den Armen fest und versuchte mich auf mein Bett runter zu drücken. Vergeblich! Ich wehrte mich bitterlich heftig dagegen. Auf einmal spürte ich einen scharfen Stich an meinem Arm. Plötzlich wurde ich immer müder und fiel in einen traumlosen, leeren Schlaf.
Das letzte was ich hörte war wie irgendjemand leise murmelte: „Er wird damit zurecht kommen."

Der der mit seinem Herzen sahWo Geschichten leben. Entdecke jetzt