Der Unfall war jetzt schon 2 Jahre her, aber die Erinnerungen daran waren immer noch ziemlich präsent. Mir hatte mal jemand gesagt, dass die Zeit alle Wunden heilt. Wie verwerflich doch dieser Spruch war. Alles für die Tonne, denn die Zeit heilt nicht die Wunden! Das Einzige was passiert, ist dass man sich an den Schmerz gewöhnt und lernt mit ihm umzugehen. Aber verschwinden tut er nicht.
Jeder Tag war für mich wie ein Kampf. Die Hoffnung stirbt nie! Der verzweifellte Wunsch, eines Tages wieder sehen zu können. Mit jedem Tag wurde es härter und frustrierender. Es war doch nur ein Wunsch, so wie alle anderen Menschen seine Umgebung zu sehen. Doch dies blieb mir verwehrt.
Seit kurzem ging ich auf die Uni und lernte eine neue Umgebung kennen. Es war frustrierend so hilflos zu sein und sich auf andere verlassen zu müssen. Ich könnte nie in meinem Leben unabhängig sein! Mein einziger Trost an jedem Tag war mein lieber Gefährte Shadow. Shadow war mein Blindenhund und begleitete mich und verließ nie meine Seite. Ich hatte ihn zu meinem 17. Geburtstag bekommen. Er hatte mir eine Last abgenommen und mein Leben ein bisschen vereinfacht.
Gerade jetzt waren wir auf dem Weg zu meiner ersten Lesung heute. Wir hatten einen kurzen Abstecher zum Café neben der Uni gemacht um mir einen Kaffee zu holen. Nichts geht über einen Kaffee am Morgen, sonst könnte ich nie im Leben meine Lesung überleben und wäre eingenickt. Mit meinem Kaffee in der einen Hand und Shadow auf der anderen betraten wir gerade das Uni Gelände, als jemand volle Kanne in mich reinlief.
,,Alter, hast du keine Augen im Kopf, du hättest mir ausweichen können und wegen dir sind meine Unterlagen hinüber!", zischte eine wütende männliche Stimme vor mir.
Mir muss nicht jeder unter die Nase reiben, dass ich nicht sehen kann! Ich würde es auch lieber ändern! Jedes Mal aufs neue schmerzt es daran erinnert zu werden. Wie ich dieses Gefühl hasse! Ich atmete einmal tief ein und aus um mich wieder auf das hier und jetzt zu konzentrieren und nicht an meine Blindheit zu denken.
Tja scheinbar war mein Kaffee auf seine Unterlagen gefallen und hatte sich dort ausgebreitet. Das nenne ich mal Karma! Schmunzelnd streichelte ich Shadow um ihn zu beruhigen und versichern das es mir gut ginge.
Ich stellte mich wieder aufrecht hin.,,Ja, habe ich. Aber wenn du richtig hingesehen hättest, hättest du bemerkt, dass ich vielleicht blind bin und dich nicht hätte 'sehen' können." , erwiderte ich dem Typen. Das Sehen setzte ich in Anführungszeichen um es nochmal zu verdeutlichen, dass ich nichts sehen kann.
,,Ohh!" Mein Gegenüber war sichtlich überrumpelt über meine Direktheit.
,,Ist jetzt auch egal. Tut mir leid für deine Unterlagen. Los Shadow bring mich bitte zur Vorlesung!"
Den Kaffee lasse ich jetzt einfach mal auf dem Boden liegen und einen neuen holen, dafür hätte ich jetzt auch keine Zeit mehr. Shadow setzte sich langsam in Bewegung und führte mich.
Der Typ rief mir als wir uns einwenig von ihm entfernt hatten noch etwas zu.
,,MANN, DAS TUT MIR LEID. ICH HÄTTE AUFPASSEN SOLLEN. MEIN FEHLER!"
Ich wank nur noch mit meiner Hand, damit er verstand, dass das ich verstanden hatte.
Nach ungefähr 5 Minuten kamen wir am Saal an, in der die Vorlesung statt fand. Woher ich wusste, dass es 5 Minuten waren. Ich hatte Siri gefragt. So einfach könnte es sein.,,Shadow, führe mich zu einem freien Platz bitte!"
Er brachte mich zu einem Platz. Ich ließ mich langsam auf den Platz nieder und holte aus meiner Tasche ein Aufnahmegerät um die Vorlesung auf zu nehmen.
Ich drehte mich danach zu Shadow und streichelt ihm über den Kopf.,,Mach sitz Shadow! Mann, was würde ich ohne dich machen Kumpel."
Die Tür wurde geöffnet und es kehrte langsam Ruhe im Saal ein. Scheinbar war der Prof angekommen, dachte ich mir.
,,HI LEUTE, LASST UNS ANFANGEN!", rief der Prof um die Studenten zu übertönen und wissen zu lassen, dass es los ginge.
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Der der mit seinem Herzen sah
RomantizmMein Name ist Lucian und ich bin blind. Ein komischer Anfang einer Geschichte, nicht? Aber es ist ja keine normale Geschichte. Jeder Tag war gleich. Jeden Tag stand ich zur selben Zeit auf und versuchte bis zum Abend durchzuhalten und mich wieder...