Erste Liebe

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Wie immer stehe ich vor dem Gebäude und sehe sie an.
Gott, wieso bleibt bei ihr jedes Mal mein Herz stehen?
Aus der Ferne so schön, wie von Nahem.
Und jeden Tag etwas schöner.
Tausend mal schöner, als die ganzen Models, in all diesen Magazinen, die sie liest.
Jeder Zentimeter ihres Körpers scheint perfekt.
Als wäre sie ein Gemälde, gemalt mit den hellsten Farben, strahlt sie in der Welt.
Alles neben ihr wirkt so unbedeutend, als wäre nichts mehr da.
Wie der Wind ihr rabenschwarzes Haar zerzaust und ihr Strähnen ins Gesicht bläst, die sie vergebens wieder hinter ihre Ohren zu schieben versucht;
und wie einzelne Schneeflocken in ihrem Haar um die Wette glitzern, bis sie durch die Körperwärme ihrer Trägerin zum Schmelzen gebracht werden;
und wie die Sonne erbarmungslos ihre silberfarbenen Augen blendet und sie trotzdem nicht wärmt;
und wie sie bei dem nächsten kalten Windstoß die Mundwinkel in ihrem makellosen Gesicht nach oben zieht und ihre Arme ausbreitet, um den Winter zu empfangen, zündet sie ein Feuer in meinem Herzen.
Sie sieht aus, wie eine Königin.
Die Königin der Welt.
Zumindest die Königin meiner Welt.

Ich vergötter sie.
Und irgendwann werde ich mutig genug sein, sie anzusprechen.
Das wird der Tag sein, an dem das Feuer überspringen und unser beider Leben erleuchten wird.
Die Liebe wird uns betäuben und Dinge mit uns tun, die wir nicht verhindern können.
Unsere Sinne werden uns belügen, vieles beschönigen oder Paranoia verursachen.
Wir werden uns gegenseitig und aneinander hilflos ausliefern.
Immer werden wir uns halten und nicht loslassen, selbst wenn es sich anfühlt, als würde jeden Moment der Arm abreißen.
Unser Gehirn wird seine Funktion vergessen, die Dummheit unseres Herzens unseren Verstand spielen.
Und wir werden Schmerzen spüren, wenn wir uns voneinander abhängig machen.
Der Alltag wird unserem Zusammensein Auszeiten geben, die wir nicht verkraften.
In uns werden sich Verlustängste breitmachen und wie Maden vermehren.
Streit wird uns zweifeln lassen.
Tränen werden fließen.
Eifersucht wird uns Liebe, aber auch Misstrauen aufzeigen.
Aggressionen werden Verzweiflung und Kontrollverlust widerspiegeln.
Berührungen werden uns schützen, oder aber beruhigen.
Und irgendwann werden wir auf Wiedersehen sagen, ohne irgendein Gefühl der Trauer oder des Verlustes.
Sie wird nicht mehr die Königin meiner Welt sein.
Denn so ist das mit der Liebe.
Sie vergeht.

Doch im Moment sehe ich sie einfach an und lächel, denn ich weiß, sie wird meine erste große Liebe sein.

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