Das Kreisritual

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Es ist ein angenehmer Augustnachmittag und ich sitze auf der Fensterbank, um die Sonne zu genießen. Unsere Ferien sind vorbei und der Alltag ist wieder losgegangen – hat uns eingeholt –, doch heute ist es anders ... 

Heute ist mein siebzehnter Geburtstag, und ich bin unglaublich aufgeregt. Siebzehn ist für mich eine magische Zahl. Magisch, weil es das Alter ist, in dem Junghexen in unserem Zirkel endlich als vollwertiges Mitglied aufgenommen werden. So lange schon wünsche ich mir genau das! Eine vollwertige Hexe des Celtic-Moon-Zirkels zu sein.

Natürlich ist meine Ausbildung damit noch nicht beendet. Der Vor- und zugleich auch Nachteil als Hexe ist, dass man immer weiterlernen muss. Der Weg einer Hexe besteht darin, Wissen zu sammeln und sich Neuem nicht zu verschließen. Noch haben wir August, was bedeutet, dass ich noch sechs Wochen bis Samhain warten muss. Das ist der nächstmögliche Termin, um mich als vollwertige Hexe in den Zirkel aufzunehmen.

Ich hoffe, heute Abend bei dem wöchentlichen Kreisritual in Erfahrung zu bringen, wann genau meine Initiation stattfindet. Ich spüre jetzt schon, wie die Magie durch mich wirkt, doch ich will endlich in der Lage dazu sein, ihren Ursprung zu ergründen. Ich hoffe, die Zeit bis Samhain geht schnell vorbei ...

Mit meinem offiziellen Einstieg in den Zirkel werde ich auch ein neues Buch der Schatten beginnen, so wie es der Brauch ist. Dieses hier werde ich in das Regal stellen, zu den anderen, die ich bereits mit meinen Gedanken gefüllt habe. Eines Tages werden meine Kinder sie von mir erhalten, so wie ich irgendwann die meiner Mutter erben werde, gemeinsam mit Emma. Doch ich hoffe, dass bis dahin noch viel Zeit vergeht.

Ich höre Mutter rufen ...

Gail



Mia klappte das Buch zu und strich sanft mit ihren Fingern über den Einband. Das raue Leder fühlte sich warm an, als sie es berührte. Ein wenig traurig war sie schon, dass sie bald ein neues Buch der Schatten anfangen musste. Dies war Brauch, wenn man als vollwertige Hexe in den Zirkel aufgenommen wurde. Dann kam ihr ein anderer Gedanke: Sie würde in dieser Nacht wertvolle Geschenke erhalten. Mia hatte schon viele Initiationen miterlebt und wusste, dass eine Jungmagierin, ihren ersten Satz Werkzeuge von ihrem Zirkel erhielt.


Jede Junghexe, die ihren siebzehnten Geburtstag erreichte, konnte von ihrer Mentorin vorgeschlagen werden, als vollwertige Hexe aufgenommen zu werden. Mias Mentorin war ihre Mutter. Schon von klein auf hatte ihre Mutter sie und ihre Schwester in die Geheimnisse des Hexendaseins eingeführt. Emma, war zwei Jahre älter als Mia und bereits vor zwei Jahren zur vollwertigen Hexe geworden. Dieses Jahr sollte Emma zu Samhain ihre erste Novizin erhalten. Gemeinsam mit Marion, einer älteren und erfahreneren Hexe, würde sie eine Jungmagierin in die Grundlagen einführen.


Als erneut der Ruf ihrer Mutter durch das Haus schallte, sprang Mia auf und legte das Buch, in die Schublade ihres Nachttisches. Sie ließ ihre Hand über das Holz der Schublade gleiten, um die Energien umzuleiten, sodass jemand, der in Richtung Nachttisch sah, gleich abgelenkt wurde. So konnte sie verhindern, dass jemand ihr Buch der Schatten fand. Ein einfaches Umlenken von Energie, das eine große Wirkung nach sich zog. Mia lächelte zufrieden und verließ ihr Zimmer.Emma saß bereits am Tisch und aß ein Erdnussbuttersandwich, als sie die Küche betrat. Mia grinste ihr zu und ging dann zu ihrer Mutter, die sich gerade Kaffee einschenkte, um ihr einen Kuss auf die Wange zu geben.


»Morgen, Mama«, sagte sie und setzte sich zu Emma an den Tisch.


»Guten Morgen, Mia. Alles Gute zum Geburtstag.« Ihre Mutter setzte sich ebenfalls zu ihnen an den Tisch und schenkte ihr ein stolzes Lächeln, bevor sie Mia in ihre Arme schloss. »Deine Geschenke wirst du heute Abend bei dem wöchentlichen Kreisritual erhalten – oder willst du sie gleich haben?«

Schattenspiele - XXL-LeseprobeWhere stories live. Discover now