2. Kapitel

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Die Fahrt war schweigend verlaufen, und ehrlich? Ich war froh darüber. Nur aus dem Radio kam leise Musik, die mich leicht schläfrig machte, also döste ich auf der Rückbank, meinen Kopf ans Fenster gelehnt und die Beine auf einem der Rucksäcke. Vor mir unterhielten sich Isaac und Liam, doch ich hatte schon früh aufgegeben, ihrem Gespräch zu folgen. Ich dachte über alles mögliche nach, doch meine Gedanken waren trotzdem immer bei Nick.
Ich erinnerte mich an unsere erste Begegnung, bei der der Vollmond hinter dichten Wolken verschwunden war und ich im leichten Nieselregen die Straße entlang rannte. Liam, Isaac und ich wurden von zwei jungen Werwölfen verfolgt, die ihren Hunger nicht bezwingen konnten und wir waren gezwungen gewesen, uns aufzuteilen. Um mich herum war es stockdunkel. Links von mir die Straße, rechts von mir ein leeres Feld und hinter mir der Wald, aus dem ich gerade floh. Die Straße war komplett ruhig, kein Auto war zu sehen. Meine Beine waren zerkratzt von den Büschen und Stöcken, ich hatte Seitenstechen und  meine Messer waren irgendwo im Wald verloren. Deshalb versuchte ich, das unmögliche: Vor einem Werwolf wegzurennen, mit blutende Beinen, die meine Spur für diese Kreaturen wie ein Neon Licht wirkte.
Ich meinte zu hören, wie der Werwolf hinter mir im Wald nach schnüffelte und Stöcke zertrat, um meine Fährte aufzuspüren. Ich bekam Panik und atmete hastiger, wodurch sich das Seitenstechen verschlimmert. Meine Kehle war staubtrocken und meine Augen tränten, in meinem Kopf sah ich, wie die schwarzen Wolfsaugen mich anstarrten und spürte, wie sich Schärfe Zähne in meinen Körper gruben. Doch ich hatte keine Luft zum schreien. Ein leises Heulen drang aus dem Wald und ich schloss im Laufen die Augen. Mir war egal, ob meine Füße sich im Matsch des Feldes nass wurden, oder ob ich auf der Straße lief. Ich wollte auf keinen Fall diese schwarzen, seelenlosen Augen sehen.
Doch dann hörte ich, wie sich ein Auto näherte. Ich öffnete meine Augen und sah direkt in die hellen Scheinwerfer. Geblendet hob ich meine Hände und hörte, wie das Auto mit leicht quietschenden Reifen zwei Meter vor mir zum stillstand kam. Die Autotür öffnete und schloss sich und ich blinzelte, um die schwarzen Punkte vor meinen Augen zu vertreiben. "Oh mein Gott! Ist mit dir alles in Ordnung?" Diese Stimme beruhigte mich, auch wenn sie leicht panisch klang. Atemlos lief ich um das Auto zur Beifahrertür.
Und genau in diesem Moment sah ich, wie der Werwolf aus dem Wald gerannt kam. Fast komplett verwandelt raste er auf uns zu. In der Dunkelheit wirkte sein Fell so schwarz wie die Nacht und hob sich kaum von der Umgebung ab. Die schwarzen Augen blitzen in der Dunkelheit und ich konnte sein lautes Schnaufen bis hier hören. Ich keuchte erschrocken auf und stieg hastig ein. Der Fahrer ebenso. "Fahr los! Beeil dich!" Verwirrt sah er mich an, startete jedoch den Motor und wir fuhren los. Ich drehte mich um und sah durch die Scheibe, wie die Silhouette des Werwolf immer kleiner wurde. Ich atmete tief aus und schloss die Augen. "Alles gut, Kleine?" Er sah wiederholt in den Rückspiegel, um zu erkennen, vor was ich weggerannt war, doch der Werwolf war in der Dunkelheit abgetaucht. Ich war in Sicherheit.
Nun sah ich den Fahrer das erste Mal richtig an. Er war fast so alt wie ich, eher ein wenig älter, mit dunklen Haaren, die fast mit der Dunkelheit verschmolzen. Seine Augenfarbe konnte ich nicht erkennen, da er sich nun vollkommen auf die Straße konzentrierte. Ich zögerte leicht. Er war ein Fremder, ich sollte nicht mit ihm reden. Andererseits hatte er mir gerade unwissentlich das Leben gerettet und er sah nicht wie der typische Serienmörder aus. Eher... Normal. Ich atmete durch, denn ich wollte nicht, dass meine Stimme zitterte und um wieder richtig zu Atem zu kommen. "Es geht mir gut. Danke fürs Mitnehmen." Meine Stimme war leise und leicht abweisend. So hatte ich nicht klingen wollen. Jedoch hatte ich meine Stimme nicht wirklich im Griff. Er sah mich kurz an und zögerte leicht. "Soll ich dich irgendwo hinbringen?"

Ich blinzelte und die Erinnerung verschwand. Nein, ich wollte nicht mehr an ihn denken. An sein Verständnis und seine Geduld. Oder seine sanften grünen Augen, die perfekt zu seiner Frisur passten. Oder seine Unordnung, bei der er trotzdem immer alles fand, wonach er suchte. Ich schloss die Augen. Ich vermisste ihn wirklich.
Ruckartig setzte ich mich auf und fokussiert meinen Blick. Nein, so darf ich nicht denken. Es ist seine Schuld, alles. Ich lehnte mich nach vorne, zwischen den beiden Sitzen hindurch und sah durch die Windschutzscheibe. "Wir sind bald da, oder?" Isaac bejahte meine Frage und vertiefte sich sofort wieder in die Landkarte. Vor uns befanden sich noch etwa vier Kilometer Strecke, bis wir ankamen. Zu wenig Zeit, um sich noch mal hinzulegen, außerdem war ich nicht mehr müde.

Nach unserer Ankunft nahmen wir uns erst ein mal ein Zimmer und stellten dort unsere Sachen ab. Wie immer befanden sich in dem Zimmer zwei Betten und mindestens ein Fenster. Wir schoben die drei großen Taschen unter die Betten und legten beide Rucksäcke darauf. Darin befanden sich unser Geld, Ausweise, der Laptop, Hygieneartikel, Kleider und kleine beschriftet Brotdosen, in denen Verbandszeug und sonstiges untergebracht war. In den großen Taschen waren unsere Waffen mit Munition untergebracht, sowie speziell gefertigte Gürtel, an denen wir sie befestigen konnten. Von Handfeuerwaffen bis hin zu Weihwasser war alles da. Das erste, was wir taten, waren kleine Messer in unseren Schuhen und Klamotten zu verstecken. Isaac schnallte seinen kleinen Silberdolch an seine rechte Fußinnenseite, Liam zwei Kleinere in je eine Seite seiner Schuhe. Man musste immer dazu im Stande sein, sich verteidigen zu können. Ich packte währenddessen den Laptop aus und startete ihn.
Ganz zu Frieden war ich mit dem Plan nicht, jedoch blieb ich im Motelzimmer und recherchierte, während Isaac und Liam zuerst mit dem besten Freund von Isabel redeten
Sie hatten ihre normalen Klamotten angezogen, blaue Jeans und ein graues und ein schwarzes T-Shirt. Nichts widerlegt die Tatsache, dass sie "Freunde der Familie" waren.

Ganze dreieinhalb Stunden wartete ich, bis Isaac und Liam zurückkehrten. In dieser Zeit hatte ich mich weiter mit dem Fall beschäftigt, mit jedem Detail. Der Art und Weise des Todes, dem Urteil, der Familie, allem. Sobald ich das Klopfen in der Tür hörte, stand ich auf. Ich wollte unbedingt wissen, was die beiden herausgefunden hatten, musste jedoch erst einmal warten, bis die beiden etwas gegessen hatten. Ungeduldig und unruhig saß ich den Beiden gegenüber, die genüsslich ihre Sandwiches aßen und sich alle Zeit der Welt ließen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 12, 2019 ⏰

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