Kapitel 2

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Raina

Mit großen Augen folge ich Eva in ihr Zuhause und bin fasziniert von dem riesigen Haus, das modern aber auch sehr liebevoll eingerichtet ist.
Eva kickt ihre Laufschuhe von den Füßen und hängt ihre Tasche an einen Ständer.
"Komm rein und fühl dich wie Zuhause. Möchtest du etwas trinken?"
Mit einem Lächeln geht Eva voraus und deutet mir ihr zu folgen.
Ich betrachte das Haus ausgiebig, die Möbel sind fast alle in weiß oder cremefarben und ich bin fasziniert wie sauber alles ist. Ich traue mich kaum mit meinen ausgelatschten Ballerinas über die glänzenden Fliesen zu gehen.
" Soll ich meine Schuhe lieber ausziehen?",verunsichert beobachte ich meine Freundin.
Mit ihrem wippenden Pferdeschwanz verschwindet sie hinter der nächsten Türe und murmelt ein, "so ein Quatsch, tue einfach das was du Zuhause auch machen würdest."
In Gedanken stelle ich mir schmunzelnd vor wie ich meine Ballerinas in eine Ecke pfeffere und mich in meiner fleckigen Lieblingsjogginghose auf das feine Sofa werfe.
Freudig folge ich Eva und bleibe dann erst einmal verdutzt stehen.
Gott bewahre, wer um Himmelswillen braucht eine so große Küche.
Nur schon die Kochinsel ist doppelt so lang wie mein kompletter Esstisch.
Eingeschüchtert von den riesigen Hochglanzfronten und dem vielen Edelstahl lasse ich mich leise auf einen der Barhocker sinken.
Eine lange Theke erstreckt sich über die ganze Länge der Arbeitsfläche, Eva werkelt an einem gigantischen Kaffemaschine, die laut zischt und brummt.
"Willst du auch einen?"
Mit einer Kaffetasse winkt sie vor meiner Nase auf und ab.
"Nein, aber vielen Dank. Mir wäre etwas kühles, ein Eistee oder so etwas viel lieber, falls du einen da hast."
Kurz darauf schiebt Eva mir ein Glas über den Tresen.
"Cool, vielen Dank. Sag mal wie kann es eigentlich sein das wir uns schon fast neun Monate kennen und du gefühlt jedes Wochenende bei mir pennst, wenn du in so einem Haus wohnst."
Ich lasse meinen erhobenen Zeigefinger Finger einmal durch den Raum kreisen.
Ein verlegenes Lachen dringt hinter der pinken Porzellantasse hervor und Eva funkelt mich an.
"Deine Wohnung ist super gemütlich, außerdem wohnst du mitten in der Stadt, wir können überall hinlaufen. Von hier aus brauche ich immer einen Wagen und ich hasse Auto fahren."
Ich nippe an meinem Eistee und grinse.
"Na gut, dann erzähl mir was du jetzt in deinem Urlaub vor hast."
"Ich dachte wir beiden könnten ein Wellness- Wochende machen, am besten gleich nächste Woche."
Erstaunt ziehe ich die Brauen nach oben und fahre durch meine Kastanienfarbige Haarpracht, seit ich sie zu einem Longbob hab schneiden lassen vermisse ich meine langen Haare.
Das freudige Lächeln von Eva lässt meinen Magen grummeln. In Gedanken gehe ich meine Rechnungen durch und kann mir beim besten Willen nicht vorstellen wie ich mir ein ganzes Wellness -Wochenende leisten soll.
Obwohl ich noch kein Ton gesagt habe ist die Intuition meiner Freundin unschlagbar und ihre Finger berühren sacht meine.
"Okay, okay ich seh schon du bist nicht begeistert. Aber wenn ich nächstes Wochenende Zuhause bin, muss ich auf die Geburtstagsfeier meines Stiefvater gehen und du wirst mich begleiten."
Ihr Grinsen ist diabolisch und ich befürchte schon das Schlimmste.
"Wieso sollte ich?" ,frage ich unschuldig.
"Naja, du weißt, mein Stiefvater ist wirklich der Beste. Ganz ehrlich, ich könnte mir kein besseren Vater vorstellen aber, seit ich volljährig bin versucht er mich mit irgendeinem Schnösel aus seiner Firma zu verkuppeln und ich hasse es. Die halbe Chefetage seiner Firma wird da sein und ich kann es nicht mehr ertragen mich den ganzen Abend vor irgendwelchen aufstrebenden Praktikanten zu retten. Er meint es tatsächlich nur gut , aber es macht mich verrückt."
Schmunzelnd betrachte ich meine Freundin, "na und, was ist den schlimm daran wenn du ein Abend mit ein paar heißen Praktikanten flirten musst?"
"Echt jetzt? Willst du unter Argusaugen deiner Eltern angeflirtet werden. Außerdem ist mein perfekter Bruder auch dabei und seine arrogante Freundin. Ich kann wirklich Unterstützung gebrauchen."
"Bitte Raina, es würde mir wirklich viel bedeuten. Außerdem kannst du endlich meine ganze Familie kennenlernen."
"Eva, es tut mir leid. Zwischen Anzügen und Abendkleidern fühle ich mich nicht besonders wohl. Ich denke es ist keine gute Idee."
"So wird es nicht sein. Keine Kleiderordnung oder ähnliches, wirklich. Bitte wir essen was leckeres und genießen ein netten Abend im Garten von meinen Eltern und nebenher können wir über alle herziehen. Komm schon, du bist meine beste Freundin, du kannst mich nicht hängen lassen."
Die grünen Augen meiner Freundin werden verdächtig feucht und ich schnaufe energisch durch. Obwohl ich mich innerlich immer noch gegen diese Idee sträube, nicke ich widerwillig.
"Okay, aber dann bist du mir was schuldig."
"Klar, alles was du willst."
Wie ein Gummiball hüpft Eva auf und ab, ihre silberne Ohrringe wippen wild umher.
"Wie wäre es wenn ich dir als Gegenleistung ein Date mit unserem neuen Assistenzarzt besorge."
Ein undamenhafter Laut entweicht meinem Mund,
"was? Du hast sie nicht mehr alle. Du stehst viel mehr auf diesen Typen wie ich. Er ist nett, aber ich will kein Date mit ihm."
"Schade", ihre rosa gefärbten Wangen verraten ihren Eigennutz hinter ihren Worten.
"Ich weiß gar nicht warum alle Schwestern auf Station so ausflippen wegen diesem Typen."
"Sag mal Raina, hast du eine Sehstörung von der ich nichts wusste. Er ist unglaublich süß, blond und hat so schöne braune Augen daß man fast nirgends anderst mehr hinsehen kann. Wie flüssige Schokolade."
Ich schüttle resigniert den Kopf, " er ist viel zu klein, ich bin fast größer als er, daß ist überhaupt nicht meins. Schließlich bin ich kein so winziges Püppchen wie du. Außerdem finde ich dunkle Haare sexy und was verwegens, außerdem sind helle Augen viel heißer, türkisgrüne Raubtieraugen lassen mein Herz höher schlagen."
Mit einem tiefen Lachen , hält Eva sich den Bauch.
"Wow, da weiß aber jemand was er will."
Peinlich berührt spiele ich mit meinen Haarspitzen und ignoriere ihr anzügliches Grinsen.
Ein kräftiges Poltern an der Tür lässt uns beide aufschauen und starre gebannt in den Flur.
Genau in diesem Moment erscheint genau er im Türrahmen.
Mein Herz bleibt stehen und ich ziehe geräuschvoll die dünne Luft in meine Lungen.
Schwarze kurze Haare, ein leichter Bartschatten auf seinem kantigen Kinn, die beiden oberen Knöpfe seines Hemdes stehen offen und ich mustere seine breite Brust. Als meine Augen von seinen Beinen wieder langsam nach oben wandern, sauge ich jeden Zentimeter von diesem Prachtexemplar in mich auf.
Doch die stechend grünen Augen die mich spöttisch betrachten, lassen meine Wangen in Flammen aufgehen.
Mit Schwung lässt er seine Tasche auf die Küchenzeile prallen und küsst Eva auf die Wange.
"Hey Schwesterchen, ist sonst niemand Zuhause?"
"Hi Max, nein wir sind bisher allein hier gewesen. Was treibst du hier?"
"Ich wollte kurz mit einem Erwachsenen reden. Sorry."
Entrüstet stupst sie ihn in die Seite und Grübchen bilden sich auf seinen attraktiven Gesicht.
"Darf ich dir meine Freundin vorstellen, das ist Raina. Raina das ist mein Bruder Maximilian."
Obwohl ich gerne ein ungezwungenes , freut mich, raus bringen möchte, bringe ich nur ein Nicken zustande.
Meine Gefühle fahren Karussell und ich zwinge mich zur Ruhe, er ist Evas Bruder, ihr verdammt heißer Bruder.
Ich hin sowas von am Arsch.

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