JAMES
Grace Adams. Meine Gedanken fahren Achterbahn, einmal vorwärts, einmal rückwärts und ich befürchte, dass ich dadurch ein Schleudertrauma erleide. Was hat Ed sich nur dabei gedacht, Grace ausgerechnet bei mir abzuladen. Sie wird alles über den Haufen schmeißen, was ich mir in all den Jahren aufgebaut habe. Zehn Jahre habe ich es geschafft sie aus meinem Leben fernzuhalten und jetzt steht sie plötzlich vor mir, und ich fühle mich wieder wie fünfzehn. Eine Zeit, an die ich mich nicht gerne zurückerinnere und doch bin ich genau deswegen jetzt hier.
»Wo soll die hin?«, frage ich sie. Grace sieht sich um, das Zimmer ist voller Kisten, vielleicht hätte ich ihr den Abstellraum dafür anbieten sollen. Der Wadenbeißer liegt auf dem Bett und hat alle Viere von sich gestreckt, während er vor sich hin schnarcht.
»Mmh keine Ahnung, stell sie einfach ab«, antwortet sie. Mein Magen knurrt, ich werfe einen Blick auf die Uhr, es ist schon ziemlich spät und Grace hat sicher noch nichts gegessen. Ich stapel die Kiste auf eine andere und mustere Grace unauffällig von der Seite. Sie hat sich wirklich kaum verändert. Ich kenne jede einzelne Sommersprosse in ihrem Gesicht und den Schwung ihrer Lippen. Alles an Grace erinnert mich an zu Hause und genau das ist das Problem. Ich habe kein Zuhause mehr seit dem Tag, an dem ich gehen musste.
»Hunger?«, werfe ich in die Stille und wende meinen Blick von ihr ab. Sie stöhnt leise auf und ich zucke bei dem Geräusch leicht zusammen.
»Ich dachte schon, du fragst nie«, lächelt sie mich an.
»Auf was hast du Lust?«
»Was hast du denn da?«, fragt sie und ich überlege kurz. Ich esse für gewöhnlich nie hier, was bedeutet, dass der Kühlschrank wahrscheinlich leer ist.
»Ich war nicht auf Besuch eingestellt«, gestehe ich. An sowas wie Einkaufen habe ich überhaupt nicht gedacht und Ed hat mir auch ein ziemlich knappes Zeitfenster gelassen, um Grace Ankunft vorzubereiten.
»Wir könnten was bestellen«, schlage ich vor.
»Pizza wäre toll«, strahlt sie mich an. Ich hatte eher an etwas wie Sushi oder weniger Fettiges gedacht. Pizza steht seit Jahren nicht mehr auf meinem Speiseplan, denn die wenigsten meiner Geschäftspartner wollen in eine Pizzeria gehen.
»Okay, ich glaube, die Straße runter ist ein Italiener. Ich werde mal die Telefonnummer raussuchen. Weißt du schon was du möchtest?« Ich google bereits die Nummer des Italieners.
»Ich würde lieber ausgehen«, entgegnet sie vorsichtig. Ausgehen? Mit mir? Das ist wirklich keine gute Idee.
»Du willst mit mir ausgehen?«, hake ich nach. Grace zieht fragend die Augenbrauen zusammen.
»Was? Nein! Cupcake muss sowieso noch mal an die frische Luft und ich dachte, wir könnten bei der Gelegenheit gleich etwas essen.«
»Tut mir leid, aber ich muss ablehnen. Mit dir gesehen zu werden, kann ich im Moment echt nicht gebrauchen«, lehne ich ab. Seit der Sache mit RAIDASE lebe ich wie auf dem Präsentierteller, die Jungs haben sich rar gemacht und mir lauert die Presse ständig auf, sobald ich einen Schritt vor die Tür setze. Mit Grace eine gemütliche Runde spazieren zu gehen wäre ein gefundenes Fressen, vor allem weil ich erst kürzlich zum begehrtesten Junggesellen gewählt wurde. Wir würden schon ein seltsames Paar abgeben. Grace mit Pippi-Langstrumpf-Zöpfen und Blümchenlatzhose und ich mit einem dreitausend Dollar Anzug und einer Rolex am Handgelenk. Wir könnten nicht unterschiedlicher sein und das waren wir schon immer. Sie war das freundliche Mädchen und ich der Junge, der ständig über die Stränge schlug.
»Na vielen Dank auch. Mister Highclass will also nicht mit dem Fußvolk gesehen werden.« Ihr Gesicht hat einen leichten Rotton angenommen. Sie ist sauer, super, muss sie denn alles in den falschen Hals bekommen. Das ist noch etwas, was sich an ihr nicht verändert hat.
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RAIDASE James&Grace (Band 2)
RomanceBand 2 der RAIDASE Reihe "Grace, das Leben besteht nicht nur aus Feen und Zuckerwatte." "Wer sagt das?" "Das wahre Leben!" "Das wahre Leben kann mich mal!" James hat es geschafft. Er ist nicht irgendein Musikmanager. Nein, er ist DER Musikmanager. K...