2

4K 136 9
                                    

Am nächsten Morgen riss uns mein Wecker aus dem Schlaf. "Na los, mach dich schon mal für die Schule fertig", murmelte ich schläfrig und schubste Kira aus dem Bett. Murrend machte sie sich auf den Weg nach unten, während ich mich aus dem warmen Bett schälte. Letztendlich hatte ich nicht viel Schlaf gefunden. Kira schlief sehr unruhig und auch ich habe in letzter Zeit häufig seltsame Träume.
Ich schüttelte mein Bett auf und suchte mir meine Klamotten raus. Als ich fertig umgezogen war, betrachtete ich mich im Spiegel, der neben den Kommoden stand. Meine Wangen waren noch blasser als sonst und die weißen Haare verstärkten das Aussehen eines Geistes noch. Lediglich meine grünen Augen stachen lebendig hervor. Ich trug eine schwarze Jeans und ein schwarzes, knapp geschnittenes Top, darüber ein gemütlicher Strickcardigan. Schwarz natürlich. Wie immer trug ich meine Mondsteinkette. Sie hatte die Form eines Vollmondes und hing an einer langen Kette. Meine Mutter schenkte sie mir wenige Wochen vor ihrem Unfall. Seufzend gab ich den Versuch aus etwas lebendiger zu wirken und schnappte mir meine Tasche auf dem Weg nach unten.

Unten angekommen saßen schon alle beim Frühstück. Es war recht still. Onkel Fred las Zeitung, Tante Veronica rührte in ihrem Tee und betrachtete missbilligend Kira, die ihren Toast zerrupfte bei dem Versuch die Rinde abzubekommen. Ich schnappte mir auch einen Toast und ließ mich zwischen Onkel Fred und Kira auf den Stuhl fallen. Da ich kein Morgenmensch bin, war ich recht froh um die Stille. Es war keine unangenehme.
Nach ein paar Minuten legte Onkel Fred seine Zeitung beiseite und räusperte sich "Selina was ich dir noch sagen wollte.". Ich sah ihn über den Rand meiner Kaffeetasse an. "Veronica und ich also wir dachten uns, dass ein junges Mädchen wie du sicherlich einen fahrbaren Untersatz möchtest und naja.. wir waren so frei dir ein Auto zu besorgen.". Mein Kiefer klappte nach unten, ich war sprachlos. Sie hatten mir ein Auto gekauft. Meine Augen huschten zu Tante Veronica, die mich aufmerksam ansah. "Ich.. was.. ehrlich?", stammelte ich. Onkel Fred nickte und reichte mir einen Schlüssel, der auf der Anrichte lag. Es war ein BMW Zeichen darauf. Zuerst starrte ich nur den Schlüssel in meiner Hand an. Dann sprang ich auf und umarmte Onkel Fred stürmisch und auch Tante Veronica zog ich in eine Umarmung und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Danke danke danke, tausend dank, Onkel Fred und Tante Veronica! Ich, ich mach das wieder gut, versprochen!". Bis über beide Ohren strahlend sprang ich zur Garderobe, ich konnte nicht erwarten mein Auto zu begutachten. Schnell schnürte ich meine Stiefel und zog meine Regenjacke über. Onkel Fred folgte mir, ebenfalls über beide Ohren strahlend. Er öffnete mir die Garage und da stand er. Neben seinem blauen Geländewagen stand ein kirschroter Mini. Ich kreischt auf und sprang hinters Steuer. Staunend strich ich über das schwarze Lenkrad und mein Blick glitt über die schöne Ausstattung. Ergriffen sah ich zu Onkel Fred auf, der neben der Fahrertür stand. "Danke", flüsterte ich nochmal, plötzlich musste ich Tränen zurückblinseln. Onkel Fred lief rot an und sah zu Boden. "Keine Ursache, Selina.".
Nach einer kurzen Pause räusperte er sich und sagte "Also, ich bringe Kira in die Schule. Es wäre gut, wenn du sie abholen könntest, dann muss sie zwar eine halbe Stunde auf dich warten, aber ansonsten müsste sie den Bus nehmen." Ich nickte. "Kein Problem, ich hole sie.". Da steckte Kira ihren Kopf ins Auto "Woooow, was ein schickes Ding!", rief sie aus und sah sich mit großen Augen um. Ich kicherte und zog sie in meine Arme. "Viel Spaß heute, kleine Sonne. Und vergiss nicht: Sei du selbst und du wirst leicht Freunde finden.". Sie strahlte mich an und nickte. "Bis später!", rief sie und steuerte auf den Geländewagen zu. Onkel Fred und ich zwinkerten uns zu und ich schloss die Fahrertür. Der Motor startete surrend und glücklich legte ich den Rückwärtsgang ein.

Erstaunlich schnell fand ich den Weg zur Forks Highschool. Eigentlich war mein Orientierungssinn lausig, aber in diesem Kaff konnte man sich nicht wirklich verfahren. Seufzend hielt ich neben einem silbernen Volvo und starrte auf die Schüler, die sich mit ihren Regenjacken im Schulhof tummelten und zu den verschiedenen Backsteingebäuden liefen. Scheinbar waren die Unterrichtsräume in mehreren Gebäuden untergebracht. Ich zog mir die Kapuze über den Kopf und machte mich auf den Weg zu dem Gebäude auf dem "Verwaltung" stand. Als ich über die Schwelle trat, traf mich ein Schwall warmer Luft. Ich ging auf die Frau hinter dem Tresen zu. Sie war ungefähr Mitte vierzig, hatte blondierte Haare und ihr Namensschild wies sie als Ms. Cole aus. "Guten Morgen. Mein Name ist Selina Nox. Ich bin neu an der Schule.", sagte ich mit einem offenen Lächeln. "Ah ja, Selina, wir haben schon auf dich gewartet.". Die Art wie sie das sagte, klang so als würde sie meinen die gesamte Schule würde nur auf mich warten. Wobei, wenn ich so drüber nachdachte, war das wahrscheinlich der Fall, so viel neues passierte in Forks sicherlich nicht. Ich versuchte mein Lächeln im Gesicht zu behalten. Das würde ein anstrengender Tag werden. "Hier ist dein Stundenplan und der Lageplan der Unterrichtsräume. Diesen Zettel gibst du bitte bei deinen Lehrern ab, sie sollen darauf unterschreiben und du bringst ihn mir am Ende des Tages, ja?". Ich nickte zum Zeichen, dass ich sie verstanden hatte, schnappte mir die Zettel und trat aus dem viel zu warmen Gebäude ins Freie. Draußen versuchte ich mir alles einzuprägen und stopfte die Zettel dann in meine Tasche. Entschlossen ging ich los zu meiner ersten Unterrichtsstunde, englische Literatur.

Bis(s) zum VollmondWo Geschichten leben. Entdecke jetzt