Deine Freiheit

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Es war am Abend, als Joseph mit seinen Freunden in der öffentlichen Bibliothek saß und über Gott und die Welt sprach. Sein bester Freund hatte unter anderem die faschistisch-rassistische Regierung kritisiert. Heikel.

Am nächsten Tag rief die Mutter dieses Freundes an. Sie sagte, man habe ihn mitgenommen wegen Hochverrats; die Geheimpolizei hatte vorbeigeschaut. Joseph rannte hin. Die dritte Festnahme in einer Woche. Aus der gleichen Nachbarschaft. Das Regime ging immer härter vor. Als die alte, schwächelnde Frau ihm in die Augen sag, brach sie in Tränen aus. Sie war jetzt allein. Joseph half ihr auf, und schwor, Rache zu üben. Für ihn.

Er hörte von einem Treffen des Widerstandes. Anfangs zwiegespalten, ging er hin. Er hatte Angst. Zugegeben, es war nicht leicht, einer Regierung zu widersprechen, welche ihre Gegner nach und nach öffentlich erschießen lässt.

Der nächste Tag brach an. Joseph fand neuen Mut. Der Widerstand rief erneut zum Treffen auf, Joseph folgte dem Aufruf. Neuer Tag, neues Glück. Zahlreiche Debatten, Auseinandersetzungen, Handgreiflichkeiten. Was sollte kommen? Wie entgegnete man diesen Tyrannen? Einigung? Nicht in Sicht. Joseph stand auf. "Bombenanschlag auf den Diktator", rief er, "bei seinem nächsten Auftritt bald." Der Vorschlag traf auf Zustimmung. Doch wer sollte die Bombe legen? Keiner meldete sich, Joseph willigte später ein. Anerkennend standen alle auf und sangen Lieder des Widerstandes aus einer Zeit, welche so weit zurück lag, doch konnte man sie jetzt noch spüren. Hier, jetzt.

Der Tag des Anschlages war eingetroffen. Der Tyrann betrat das Podium. Er hielt die Rede, doch verließ er die Tribühne vorzeitig. Niemand wusste weshalb. Die Bombe detonierte. Menschen starben. An die hundert Regime-funktionäre.

Joseph warnte die anderen. Sie flohen, doch für Joseph war es zu spät. Er wurde noch am Morgen des Folgetags festgenommen.

Bis in den Morgengrauen folterten sie ihn. Im Verhörzimmer stank es bereits nach Blut und Schweiß. Der Offizier schlug auf ihn ein, trat ihn, verlangte Namen seiner Mitverschwörer. Joseph schwieg.

Der Offizier fragte ihn: "Was bringt dir die Freiheit, wenn du tot bist?"

Und Joseph fragte: "Was bringt dir das  Leben, wenn du unfrei bist?"

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