Davor, dahinter, daneben

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Zuerst stand ich vor Dir,

hab Dich gegrüßt, kennengelernt und gemocht.

Doch irgendwann erlosch das Licht der Kerze und das einzige was blieb war der Docht.

Du kamst mir immer logisch vor.

Bis jetzt.

Am Anfang habe ich versucht, das Gewirr zu entwirren, ohne mich dabei selbst darin zu verlieren.

Du ließest dich nicht beirren, redetest weiter, weiter und weiter.

Ich komme nicht mehr hinterher.

Ich kenne Dich nicht mehr.

Eine Zeit lang stand ich hinter Dir,

hab Deine Meinung unterstützt, Dich gestärkt und Du mich beschützt.

Vor der Welt da draußen.

Du nanntest mich naiv und dumm.

Meistens nicht direkt, aber es tat genauso weh.

Ich machte mich abhängig, redete mich munter runter.

Dachte, das muss so.

Dachte, ich bin so.

Wenn ich versuchte zu wachsen, mich zu stärken, musstest du immer etwas dazu anmerken.

Es kamen Kommentare, so wunderbar bestärkend mit der Aussage: Du schaffst es eh nicht.

Jetzt stehe ich neben Dir und endlich nicht mehr neben mir.

Ich war blind.

Vielleicht auch naiv und dumm, aber hauptsächlich blind.

Jetzt beschützt Du mich nicht mehr vor der großen Welt und ich sehe dich nicht mehr als meinen Helden.

Zuerst stand ich vor Dir, eine Zeit lang hinter Dir und jetzt neben Dir.

Doch, über Dir werde ich nicht stehen.

Eines habe ich von Dir gelernt, denn Du tatest das Gegenteil.

Respekt sei nur ein Wort, sagtest Du.

Respekt ist eine Tat, sagte ich.

Und da lag der Fehler, die verschiedene Auffassung von Respekt.

Ich wollte von Dir lernen und Dich lehren.

Nie belehren.

Ich wollte mich weiterentwickeln.

Nicht stehenbleiben.

Du wolltest nur lehren, nie lernen.

Doch dieses eine Mal kannst Du tatsächlich was sinnvolles von mir lernen.

Wenn Du mir zuhörst.

Und ich habe so lange drauf gewartet, bis ich draus gelernt habe,

dass manchmal das Wechseln der Perspektiven den Blick auf eine Person ändern kann.



Davor, dahinter, danebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt