2.Kapitel

11 2 0
                                    


Verschlafen hebe ich meinen Kopf, geweckt durch das leise Klopfen an meiner Zimmertür. Zuerst brauche ich nochmal kurz, um mich zu sortieren, doch dann fällt mir alles schlagartig wieder ein. Umzug nach Island, Internat und lasse meinen Kopf wieder auf das Kissen fallen. Ich muss eigenschlafen sein, denke ich noch als es wieder an der Tür Klopft, gefolgt von einem zaghaften: „Leila, darf ich rein kommen?" Ich drehe mich im Bett zur Wand und antworte dann schließlich mit einem zustimmendem „Hmm". Ich weiß, dass ich vorhin nicht besonders nett zu meiner Familie war und dass die Beförderung sowie die Versetzung eine große Chance für Mama sind, aber trotzdem bin ich immer noch sauer auf meine Eltern! Einfach so von zu Hause wegziehen, aus meiner gewohnten Umgebung, Schulwechsel und dann sind da auch noch meine Freunde, vor allem Emma. Oh Gott, wie soll ich ihr das nur sagen und was soll ich bitte ohne sie tun? Ich werde ja nicht nur für ein Jahr weg sein, nein viel länger und was ist, wenn es für immer ist? Bei diesem Gedanken zieht sich mein Herz zusammen und gerade als Mama die Tür öffnet kullert mir wieder eine Träne übers Gesicht. Sie setzt sich neben mich und legt mir sanft ihre Hand auf die Schulter. „Ich weiß, dass das alles sehr plötzlich kommt, aber versuch es doch positiv zu sehen. Du lernst ein neues Land kennen und es sind schließlich auch noch 2 Monate bis zum Umzug, also ist noch etwas Zeit. Außerdem kommen du und deine Schwester zu Beginn des Schuljahres in eure neuen Klassen und Susies Einschulung findet dann direkt in Island statt. Und in Island haben wir dann auch noch 1 Woche Zeit, um uns die Insel ein bisschen anzuschauen und noch gemeinsam Zeit zu verbringen", versucht sie aufmunternd auf mich einzureden. Ich drehe mich langsam zu ihr um und blicke sie an: „ Ich kann euch ja verstehen und tut mir leid, dass ich vorhin so zu euch war", sage ich seufzend und versuche für Mama etwas zu lächeln „Ihr wollt nur das Beste für uns", füge ich noch hinzu. Mama seufzt erleichtert auf, wahrscheinlich hatte sie wieder mit einem Wutausbruch gerechnet. In meinem Innern sieht es zwar ganz anders aus, am liebsten würde ich einfach davon laufen, um nicht wegziehen zu müssen, aber mir ist selbst klar wie kindisch das wäre und ich will es Mama nicht noch schwerer machen. „Papa hat vorhin schon mit Susie geredet", sagt Mama. Ich nicke nur. „Morgen können wir nochmal genauer über die Sache reden, aber jetzt schlaf erstmal, es ist schon spät", sagt sie abschließend. Ich schaue auf meinen Wecker auf meinem Nachttisch, sie hat Recht, es ist bereits 23:00 Uhr. Als Mama gerade die Tür schließen will frage ich noch schnell: „Ist es okay, wenn Emma morgen kommt? Wir wollten mal wieder einen Filmeabend machen". „Natürlich, kein Problem. Sie kann hier auch gerne übernachten", antwortet sie lächelnd und schließt meine Zimmertür. Die Nacht kann ich nicht schlafen, ich welze mich die ganze Zeit von der einen auf die andere Seite oder wache ständig auf. Sobald ich endlich richtig Einschlafe träume ich von Stapeln von Umzugskartons, einer weinenden Emma und dem kalten Island mit einem düsteren Internat. Es ist schon 10:00 als ich aufwache und die Junisonne scheint durch mein Fenster. Ich stehe auf und gehe ins Bad, wo ich erst mein Gesicht wasche und mich dann schnell eincreme, bevor ich zurück in mein Zimmer gehe. Trotz des fantastischen Sommerwetters kann ich nicht Lächeln und meine Laune ist das genaue Gegenteil vom strahlenden Wetter. Ich streife mir ein schlichtes weißes T-Shirt über kombiniert mit einer schwarzen Jeans. Ich trete gerade aus meinem Zimmer als Susie mir entgegenkommt. „Leila, bald wohnen wir in einem echten Internat", sagt sie begeistert. „Toll", sage ich sarkastisch. „Und wusstest du, dass es in Island auch echte Wildpferde gibt?", sagt sie während sie zu mir hoch blickt und leicht an meinem Arm zieht, um die gewollte Aufmerksamkeit zu bekommen. „Aha", sage ich nur desinteressiert und gehe weiter zur Treppe, um in die Küche runter zu gehen. „Mensch Leila, du hörst mir gar nicht zu", nörgelt meine kleine Schwester. „Sorry Susie, aber so früh am Morgen bin ich noch nicht richtig wach und außerdem habe ich Hunger", antworte ich entschuldigend und schaffe es so ihren Schwärmereien über Island zu entkommen. „Na gut, hab schon verstanden", murrt sie und lässt mich endlich in Frieden. Als ich in die Küche komme sehe ich Papa dort mit einer Zeitung sitzen und einen Kaffee trinken, am liebsten würde ich gleich wieder umdrehen, denn ich weiß genau gleich kommt wieder das Thema Island auf, aber er hat mich bereits gesehen. „Guten Morgen, Töchterlein", begrüßt er mich und ich verdrehe nur die Augen. „Na, wie wärs mit Brötchen, sind frisch vom Bäcker", fragt er. „Der Rest steht schon auf dem Tisch und dein Kakao ist auch gleich fertig, hab mir doch gedacht, dass du bald aufstehst", fügt er hinzu und schmunzelt. Erleichtert, dass er Island nicht erwähnt, nicke ich und grinse. „Danke Papa", sage ich und lasse mich auf einen Stuhl fallen, um mir anschließend mein Brötchen zu schnappen. Den ganzen Vormittag über wird das Thema nicht mehr angesprochen, nur nachmittags fragt Mama kurz, ob ich noch etwas darüber wissen will, aber ich sage nur: „Morgen, Mama" und verziehe mich zum Lernen auf mein Zimmer. Jetzt ist 17:00 Uhr und ich stehe vor meinem Spiegel im Zimmer und überlege die ganze Zeit wie ich es Emma am besten erzähle, sie ist schließlich meine beste Freundin und außerdem brauche ich unbedingt jemanden zum Reden. *Emma, in 2 Monaten ziehen wir übrigens nach Island und wir kommen wahrscheinlich nie wieder nach Deutschland zurück*. Nein, so auf keinen Fall! *Also Emma ich muss dir was sagen, es ist jetzt nicht so dramatisch, aber nach den Sommerferien bin ich weg, denn wir ziehen nach Island* Nein, nein so auch nicht. Ich lasse mich frustriert auf meinen Schreibtischstuhl fallen und lege den Kopf in die Hände. Um mich abzulenken mache ich es uns schonmal gemütlich, ich schalte den Fernseher an, hole aus der Küche Cola, Wasser und eine Schüssel Popcorn mit nach oben und richte mein Bett etwas gemütlicher her, als es auch schon klingelt. Nervös sehe ich auf und laufe runter zur Haustür, um sie zu öffnen. „Heey", Emma strahlt mich an. „Es kann losgehen, ich hab alles dabei", sagt sie und hält eine Tüte Chips und Schoki hoch. „Hi", begrüße ich sie lächelnd und umarme sie. „Super, dann können wir ja hoch gehen. Ich hab auch schon alles vorbereitet", sage ich und zwinge mich abermals zu einem Lächeln, dabei ist mir plötzlich ganz unwohl zu mute. Wie wird meine allerbeste Freundin nur darauf reagieren, wenn ich ihr sage, dass wir wegziehen? Ich selbst hab das ganze ja noch nicht richtig Verdaut. Emma nickt und wir gehen die Treppe hoch in mein Zimmer, als ich die Tür hinter uns schließe fragt sie mich schließlich: „Sag mal, ist eigentlich alles okay? Du bist irgendwie so komisch, ich hab nicht gerade das Gefühl, dass du dich auf unseren Filmeabend freust". Ich schlucke schwer „Ja, du hast Recht. Ich muss dir was erzählen", sage ich und setze mich neben sie auf mein Bett. „Na dann schieß mal los", sagt sie und schaut mich aufmerksam an. „Also es, es ist so, dass. Also ich hab es ja auch erst gestern erfahren...", druckse ich herum. „Ja was denn nun?", fragt Emma. „Wir ziehen um", antworte ich, oh Gott jetzt ist es raus. Ich blicke sie an. „Was, jetzt im Ernst?", fragt sie ehrlich schockiert. „Ja, meine Eltern sind auch erst gestern damit rausgerückt, ich bin immer noch wütend auf sie. In zwei Monaten soll es losgehen", sage ich geknickt. „Puh, also das sind wirklich heftige News", sagt sie und fügt dann noch hinzu: „Und wohin, zieht ihr?". „Nach Island", antworte ich leise. „Island? Da kommt doch deine Mama her oder?", fragt sie wieder. „Ja, gefühlt am anderen Ende der Welt", sage ich seufzend. Emma sieht mich an und umarmt mich dann schließlich: „Gott Leila, ich weiß jetzt schon, dass ich dich so sehr vermissen werde!", sagt sie und ich drücke sie an mich: „Ich dich auch, und wie!", sage ich. Mir kullern schon die ersten Tränen übers Gesicht, eigentlich wollte ich ja nicht weinen. Als ich Emma wieder ansehe, sehe ich, dass es ihr genauso geht und wir fangen an zu lachen: „Oh mann! Puh, jetzt ist es wenigstens raus!", sage ich erleichtert und wische mit meinem Handrücken meine Tränen weg. „Weißt du was?", fragt meine Freundin und schaut mich an. „Nein, was?", frage ich zurück. „Die nächsten 2 Monate müssen wir dann aber so richtig ausnutzen! Shoppen, Schwimmbad, Kino, Übernachtungen und ich helfe dir beim Packen versprochen!", sagt sie grinsend und hebt ihre Hand zum Schwur. „Okay, abgemacht", sage ich und muss ebenfalls grinsen. „In Island soll doch die Landschaft so mega sein und es gibt dort doch auch noch Wildpferde soweit ich weiß, oder? Omg du musst mir unbedingt Bilder schicken! Und dort gibt es dann ja auch bestimmt weiße Weihnachten, ahh! Wohin genau zieht ihr überhaupt und was ist mit deiner Schule? Kannst du überhaupt genug isländisch und werdet ihr euch die Insel vorher noch ein bisschen anschauen?", plötzlich überstürmt meine Freundin mich mit lauter Fragen, sodass ich lachen muss. „Mach mal langsam", sage ich und kichere. „Sorry", sagt sie grinsend. „Also meine Eltern, wollen mich und Susie dort auf ein Internat schicken und ja, Mama meinte, dass wir noch eine Woche Zeit haben, um die Insel zu besichtigen. Mein isländisch ist jetzt nicht das Beste, aber ich denke das lerne ich da schon mit der Zeit und Englisch kann ich ja auch einigermaßen. Und wo wir hinziehen weiß ich ehrlich gesagt auch nicht, heute und gestern hab ich alles mit dem Thema Island gemieden. Wenn ich genau drüber nachdenke, weiß ich eigentlich fast nichts darüber", antworte ich auf ihre Fragen. „Du solltest unbedingt mit deinen Eltern drüber reden, damit du Bescheid weißt", sagt sie. „Ja, du hast wohl Recht. Aber Internat, ich weiß nicht, Mama würden wir dann noch seltener sehen", sage ich. „Ja, das ist doof. Aber vielleicht lernst du coole neue Leute kennen und in den Ferien seht ihr sie ja", sagt Emma aufmunternd und stupst mich an. „Warte mal", sagt sie plötzlich und angelt nach ihrem Handy, um daraufhin schnell etwas einzutippen. Dann sieht sie mich strahlend an: „Wusstest du, dass die in Island ganze drei Monate Sommerferien haben?!", sagt sie begeistert. „Dann komme ich dich definitiv besuchen und wir skypen ganz viel und telefonieren!", fügt sie grinsend hinzu. „Ne, wusste ich nicht, oha du hast recht und dann kann ich auch mal nach Deutschland zu dir kommen", plötzlich bin ich erleichtert und die Begeisterung von Emma steckt mich geradezu an,sie nickt strahlend. Eine ganze Stunde lang quatschen wir noch. Ich erzähle ihr warum wir umziehen, wir googlen gemeinsam Fakten über Island und planen, was wir bis zum Umzug alles noch machen müssen. Mit Emma war es total lustig und es tat so gut mit ihr darüber zu reden. Schließlich machen wir uns an die Snacks und suchen uns einen Film auf Netflix aus. „Der ist gut, oder?", fragt sie und sieht mich an. „Jap, den schauen wir uns an", sage ich nickend und klicke auf die Komödie. Emma macht während des Films die ganze Zeit über lustige Kommentare, sodass wir eigentlich mehr lachen als den Film zu schauen. Sie ist einfach die allerbeste Freundin der Welt und ich bin so froh, dass sie so lieb reagiert hat. Und wenn sie mich wirklich in Island besuchen kommt, können wir zusammen zu den Wildpferden oder zu den Wasserfällen und ich kann ja auch nach Deutschland kommen, um alle wieder zu sehen. Durch Emma finde ich den Umzug plötzlich gar nicht mehr so schlimm, aber, ich werde sie schrecklich vermissen!

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 25, 2019 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

New BeginningsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt