November 2009
,,Was soll das heißen du musst weg! Das kannst du dir abschminken. Was soll ich denn hier allein?" Wie eine aufgeplusterte Gans baut Seraphina sich vor mir auf.
,,Du bist doch nicht allein! Du hast deine Freundinnen. Die werden dich schon bei Laune halten." Plötzlich brennt meine Wange wie Feuer. Okay, das ist neu. Völlig perplex starre ich meine Ehefrau an.
,,Hast du mich gerade geohrfeigt?" Ich reibe meine heiße Wange und weiß nicht wie genau ich jetzt reagieren soll. Ich dachte die Wogen wären im Moment wenigstens ein bisschen geglättet, nachdem meine Eltern und ich, Seraphia nach stundenlangen Diskussionen, glaubhaft gemacht hatten, dass die Spedition einen Fehler begangen hätte. Denn auch wenn Seraphina ebenfalls nicht zu Hause war, so wusste sie dennoch, dass jemand unsere Sachen packen wollte. Ich kann bis heute nicht genau sagen wie meine Mutter sie im Endeffekt besänftigt hat, aber sie gab Ruhe und tat als sei nichts weiter passiert nachdem sie nicht einmal 20 Minuten allein mit ihr war. Sicherlich gab es die ein oder andere Spitze von ihr. Aber das kenne ich ja nicht anders. Das sie wiederum die Hand erhebt, weil sie sich nicht anders zu helfen weiß ist ein neuer Tiefpunkt in unserem Leben.
Ich richte mich zu voller Größe auf und schaue auf Seraphina herab, die wie eh und je voller Arroganz meinen Blick mit in die Hüften gestämmten Händen erwidert.
,,Was hast du dir denn gedacht. Das ich es einfach so hinnehme, dass du für ein paar Tage abhaust? Und was soll das heißen Dienstreise, so etwas musstest du noch nie! Ich sollte wohl Mal ein ernstes Wort mit deinem Vater sprechen. So geht das nicht!"
Wütend schubst sie mich zur Seite, geht zum Kühlschrank und holt sich eine Flasche Wein heraus, öffnet sie und trinkt ganz ungeniert daraus. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man meinen sie hat langsam ein richtiges Problem. Ihr Gesicht ist fast jeden Morgen aufgequollen, sowie die Augen blutunterlaufen.
Ich mache gute Miene zum bösen Spiel und setzte ein klägliches Lächeln auf. ,,Hör zu Liebling, du kannst die paar Tage doch nutzen um dich richtig verwöhnen zu lassen. Geh zum Wellness oder was auch immer dir Spaß macht. Jonah bleibt in der Zeit bei meinen Eltern. Also kannst du dir den ganzen Stress einfach wegmassieren lassen,hm? Wie hört sich das an?"
Und auch wenn es mich noch so viel Überwindung kostet, gehe ich auf sie zu und drücke ihr einen liebkosen Kuss auf die Wange.
Schnaubend drückt sie mich weg, hält dabei ihre Flasche fest umklammert und geht auf die Terrasse.
Erleichterung macht sich in mir breit, ich schiebe das Display meines Handys nach oben und tippe eine Nachricht an Unbekannt.
Hey. Morgen. Zur abgemachten Zeit. 3 Tage.
Und das schlechte Gewissen bleibt definitiv aus. Nach unserem Urlaub hatte ich einen kleinen Anflug davon aber das hat sich schneller verabschiedet als es gekommen war. Ich habe einen Entschluss gefasst und werde ihn durchsetzen.
Und wieder packe ich meine Sachen, sowie die von Jonah. Jeder einen Rucksack. Mehr brauchen wir beide nicht, wenn etwas fehlen sollte, werden meine Eltern schon dafür sorgen das er es bekommt und sein Zuhause ist ja ich nicht allzu weit entfernt. Ich brauche nicht viel. Kulturbeutel, Wechselklamotten und noch ein paar Kleinigkeiten.
***
Schwer atmend und glücklich lächelnd liegen wir völlig nackt auf den zerwühlten Laken und schauen uns an. Ich nehme ihre Hand in meine und streiche behutsam mit meinem Daumen über ihren weichen Handrücken.
,,Stijn, wie sind seid zwei Tagen nicht aus dem Hotelzimmer gekommen. Das ist doch nicht normal." Kichernd wie ein Teenager vergräbt sie ihr Gesicht an meiner Brust und ich genieße es einfach. Die Zeit mit ihr, mit uns, sowie das völlige Gefühl von Zufriedenheit. Die Ketten um meinen Brustkorb scheinen sich langsam zu lockern, auch wenn ich weiß, dass sie morgen Abend wieder von meiner Frau festgezogen werden, es sei denn,...
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Nordmann
Short StoryInmitten von "Alles wird gut" und "Ich habe den Mut", steht ein "Bitte komm zurück" in der Farbe von Blut... *Casper* Sommer 1995 Der junge, attraktive Stijn Andersson liebt das Leben und die Frauen. In seinem jugendlichen Leichtsinn lässt er sich...