Epilog

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Etwa fünf Monate später.

Gedankenverloren sah ich aus dem Fenster. Lautlos fiel der erste Schnee des Winters auf die Straßen und hatte schnell alles mit einer weißen Schicht überzogen. Drei Monate war es inzwischen her, dass Tetsu und ich vermählt wurden. Die Zeremonie war anders, als ich es von menschlichen Hochzeiten kannte, doch ich hatte jede Minute genossen. Meine Mom war zunächst etwas geschockt als sie von den Details erfuhr. Wobei, eigentlich war es nur ein Punkt der ihr Sorgen bereitete. Das war der Moment an dem Nekomata-sama unsere Handflächen aufschnitt und unser Blut miteinander vermischt wurde. Es war genau diese Verbundenheit, die eine Vermählung von Werwölfen von einer Ehe von Menschen unterschied. Eigentlich war dies aber keine große Sache. Der Schnitt schmerze kurz und es war ein komisches Gefühl Tetsus blutende Hand zu halten. Die Schnitte waren aber schon nach wenigen Tagen verheilt und eine Woche später war nichts mehr davon zu sehen. Verletzungen verheilten bei uns einfach schneller als bei Menschen. Ein Punkt der mit schon immer gut gefallen hatte.
Ich schüttelte den Kopf und riss mich von dem beruhigenden Anblick der Schneeflocken los. Ich hatte zu tun. Es war Anfang Dezember und in nicht einmal zwei Wochen würde der traditionelle Weihnachtsball stattfinden. Es war mein erster Weihnachtsball und dann direkt als Alpha unseres Rudels. Zu allem Überfluss war unser Rudel in diesem Jahr auch noch dran den Ball auszurichten. Die drei verbündeten Rudel – Nekoma, Karasuno und Fukurōdani – wechselten sich mit der Ausrichtung immer ab und ich war ausgerechnet in dem Jahr dazugestoßen in dem das Nekoma Rudel an der Reihe war. Perfektes Timing würde ich sagen.

Ich machte mich wieder an die Arbeit den großen Saal zu schmücken. Ich hatte die Angestellten, die mir dabei helfen sollten, für diesen Tag nach Hause geschickt. Wir lagen unserem Zeitplan voraus, daher wollte ich ihnen einmal einen frühen Feierabend gönnen. Ich selbst wollte noch ein wenig weitermachen. Da mein Mann – ich liebte diesen Gedanken – derzeit immer länger arbeitete, da auch er mit den Vorbereitungen beschäftigt war, gab es für mich einfach keinen Grund eher nach Hause zu gehen. Auch wenn ich unser Haus wirklich liebte, war es dort ziemlich einsam solange Tetsu nicht dort war.
Ich konnte ein Kichern bei diesem Gedanken nicht unterdrücken. Wenn ich so an die Anfänge zurückdachte... Tetsurō Kuroo hatte mich von allen Alpha, denen ich begegnet war, am meisten genervt und aufgeregt. Dann noch seine Aktion mit der Markierung während der Hitze. Vermutlich hatte ich wohl jeden Grund diesen Mann zu hassen, dennoch war ausgerechnet er mein Gefährte und wir waren glücklich. Sogar mehr als das.
Noch immer hatte keiner von uns eine Ahnung wieso wir erst nach der Hitze und nachdem wir mehrere Wochen voneinander getrennt waren bemerkt haben, dass wir Gefährten sind. Eigentlich war es egal, doch ich erwischte mich immer wieder bei diesem Gedanken. Washijō-sama meinte einmal, dass es an der Hitze gelegen haben kann, die ja schon quasi vor der Tür stand als wir uns das erste Mal begegnet sind. Manchmal kann die Hitze nämlich wohl einiges durcheinander bringen. Ob es tatsächlich daran lag kann jedoch keiner mit Gewissheit sagen. Doch das wieso, weshalb, warum war nebensächlich. Ich habe meinen Alpha gefunden und habe meine Reise in den Norden nicht einen Tag bereut.

Seufzend lehnte ich eine Leiter an die Wand. Eine der Girlanden hing schief. Daran würde die Welt zwar nicht zugrunde gehen, aber ich wollte das noch unbedingt ändern. Ich kannte mich. Ich war in solchen Sachen einfach zu pingelig. Würde ich diese Girlande einfach so schief hängen lassen, würde ich vermutlich die ganze Nacht nicht zur Ruhe kommen. Langsam erklomm ich die Leiter doch schon nach wenigen Sprossen hielt ich in meiner Bewegung inne. Ein leichtes Schwindelgefühl überkam mich und einige Sterne tanzten am Rand meines Blickfeldes. Schon in den letzten ein oder zwei Wochen hatte ich mich des öfteren etwas komisch gefühlt. Schwindel oder auch eine leichte Übelkeit überkamen mich regelmäßig. Ich hatte dies bislang auf den Stress um den Weihnachtsball geschoben. Als ich das erste Mal davon gehört hatte, hätte ich beinahe eine Panikattacke bekommen. Es war furchtbar.
Vielleicht sollte ich Tetsu bitten die Girlande gerade zu hängen, dachte ich mir und machte mich wieder auf den Weg nach unten. Doch zu meinem Unglück trat ich direkt neben die erste Sprosse. Panisch kniff ich meine Augen zu. Auch wenn ich nicht weit vom Boden entfernt war, würde die Landung schmerzhaft werden, denn meine Hände fanden an der rutschigen Leiter keinen Halt. Doch der erwartete Aufprall kam nicht. Stattdessen spürte ich zwei kräftige Arme unter meinen Achseln, die mich in einer aufrechten Position hielten. Langsam öffnete ich meine Augen als ich behutsam auf dem Boden abgestellt wurde. „Du solltest besser auf dich aufpassen, Akane" hörte ich Tetsu leise murmeln. „Mache ich doch" antwortete ich und versuchte dabei möglichst entspannt zu klingen. Langsam drehte ich mich zu ihm und und lächelte ihn entschuldigend an. Seine haselnussbraunen Augen musterten mich skeptisch.
„Mir war nur kurz etwas schwindelig, daher wollte ich wieder runter und da bin ich neben die Sprosse getreten" erklärte ich lächelnd, doch sein Blick blieb unergründlich. „Dir ist in letzter Zeit andauernd schwindelig" merkte er an „Warst du in der Zwischenzeit mal beim Arzt, so wie ich es dir gesagt habe?" „Nein, war ich nicht" nuschelte ich und wich dabei seinem Blick aus. Ich wusste, dass er Recht hatte, ich sollte besser Mal zur Arzt, aber irgendwie hatte ich noch nicht die Zeit dafür gefunden.
„Komm mal mit" meinte Tetsurō schließlich nach einem leisen Seufzen. Fragend sah ich zu ihm auf. Vorsichtig nahm er eine meiner Hände in seine und führte mich zu einer kleinen Couch, die am Rande des Saals stand. Irgendwie behagte mir sein Verhalten nicht. Ich spürte, dass er mir irgendetwas sagen wollte, doch wollte ich das auch hören? Wir setzten uns und drehten uns so gut es ging zueinander, sodass wir uns ansehen konnten. Er nahm meine Hände in seine und legte sie auf seinem Schoß ab. Von seinen großen Händen ging eine beruhigende Wärme aus, aber dennoch wuchs die Skepsis in meinem Inneren. „Tetsu, was ist los?" fragte ich vorsichtig, da er zunächst still blieb. Sein Blick war auf unsere Hände gerichtet und ich spürte, dass er nach den richtigen Worten suchte – für was auch immer.
„Ich habe lange gewartet, ob ich es dir sage" begann er schließlich und ich spürte, dass mein Herz für wenige Schläge aussetzte. Was wollte er mir sagen? Hatte er eine Neue? Wollte er sich trennen?
Hör auf Akane, das ist Blödsinn, ermahnte ich mich selber. Spätestens nach unserer Vermählung war es gar nicht möglich sich einen anderen Partner zu suchen. Meine Sorge muss mir ins Gesicht geschrieben gewesen sein, denn er begann sachte über meine Handrücken zu streicheln und lächelte leicht. Doch schnell war dieses Lächeln wieder verschwunden und machte einem ernsteren Gesichtsausdruck platz. „Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass du es selber merken würdest" murmelte er kopfschüttelnd. Was merken? Fast hätte ich ihn das gefragt, doch ich blieb still. Jedoch sollten seine nächsten Worte mich vollkommen aus der Bahn werfen:
„Akane Kuroo... Du bist schwanger."

Völlig sprachlos starrte ich meinen Mann an. Mein Mund stand offen und meine Augen waren vermutlich so groß wie Teetassen. „Woher...?" bekam ich schließlich stotternd hervor. Ich konnte das gar nicht glauben. Ich sollte schwanger sein? Natürlich würde dies mein Unwohlsein der letzten Wochen erklären, aber...
Theoretisch war das natürlich durchaus möglich. Nach unserer Vermählung hatten wir uns keine Gedanken über Verhütung gemacht. Wozu auch? Allerdings hatten wir uns auch noch nie über das Thema Kinder unterhalten. Ich war 21 Jahre alt, Tetsurō 22. Meiner Meinung nach viel zu jung um über so ein Thema zu sprechen. Doch scheinbar war es dazu jetzt zu spät. Aber warum zur Hölle, wusste er das und ich nicht?
„Ich kann es riechen" erklärte er schließlich „Rund zwei Wochen nach unserer Vermählung hat sich dein Geruch verändert. Ich konnte es mir zunächst nicht erklären, daher habe ich mit Nekomata-sama darüber gesprochen. Er konnte zwar keine Veränderung riechen, doch es ist in so einem frühen Stadium der Schwangerschaft wohl normal, dass nur der Gefährte es bemerkt. Nach rund zwei Monaten wurde es auch für andere bemerkbar." „Heißt das jetzt... Jeder weiß das ich schwanger bin, nur ich nicht?" fragte ich beunruhigt, ja schon fast entsetzt. „Nein, keine Sorge" antwortete Tetsu lächelnd „Nicht jeder kann eine Veränderung des Geruches wahrnehmen. Das können in der Regel nur Höhere Mitglieder des Rudels und Heiler." „Das beruhigt mich jetzt etwas" seufzte ich erleichtert.
„Ich kann das gar nicht glauben" murmelte ich leise und senkte meinen Blick auf unsere Hände „Ich hatte gar keinen Gedanken daran verschwendet, dass ich vielleicht schwanger sein könnte." „Mach dir keine Sorgen deswegen. Der Weihnachtsball hat dich gestresst, da hattest du einfach andere Sorgen" meinte mein Mann leise, doch ich behielt meinen Blick gesenkt. „Hast du deshalb immer wieder gesagt, dass ich auf mich aufpassen und zum Arzt gehen sollte?" „Ja... Ich wollte es eigentlich vermeiden, dass ich dir diese Nachricht überbringen muss. Eigentlich hatte ich gehofft du würdest es selber herausfinden." Leise lachend hob ich meinen Blick und schaffte es endlich wieder ihm in die Augen zu sehen. Eine gewisse Erleichterung schlich sich auf sein Gesicht. „Ich hätte niemals damit gerechnet, dass mich mein Mann darauf hinweisen muss, dass ich schwanger bin" sagte ich lachend. „Ich ehrlich gesagt auch nicht" gab er mit einem schiefen Grinsen zurück.
Dann ließ er meine Hände wieder los, jedoch nur um seine an mein Gesicht zu legen. Sanft zog er mich zu sich und kurz darauf trafen seine Lippen auf meine. Zufrieden schloss ich meine Augen und gab mich diesem unglaublichen Kuss hin, in dem so viel Gefühl lag, das ich es gar nicht in Worte fassen kann. Ich rutschte noch etwas dichter zu ihm und setzte mich schließlich rittlings auf seinen Schoß. Der Kuss wurde immer intensiver und ich spürte wie das Verlangen nach ihm – meinem Mann – immer stärker wurde.
Nach einigen Minuten löste ich mich schwer atmend von ihm. Zwar lächelte ich, doch ich konnte eine gewisse Unsicherheit nicht unterdrücken. „Wir werden das schaffen, oder?" fragte ich leise. „Natürlich" antwortete Tetsu nickend „Warum sollten wir das nicht?"
„Ich weiß nicht" gab ich leise zurück und lehnte mich etwas nach hinten. Mein Blick rutschte weiter nach unten und ich begann leicht nervös mit seinen Hemdknöpfen zu spielen. Ich hatte nicht vor diese zu öffnen, doch ich konnte ihn in diesem Moment nicht ansehen. „Wir haben noch gar nicht über dieses Thema gesprochen... und ich hatte mir bislang noch gar keine Gedanken darüber gemacht Mutter zu werden... Ich weiß gar nicht-" „Du wirst eine toller Mutter sein, Akane" unterbrach Tetsu mich leise. Dabei legte er einen Finger unters Kinn und zwang mich dazu ihn wieder anzusehen. In seinem Gesicht lag ein zuversichtliches Lächeln, das meine Bedenken langsam aber sicher zum Schmelzen brachte. „Du bist nicht alleine. Vergiss das nicht. Außerdem bist du ein Familienmensch, Akane. Du schaffst das – wir schaffen das." „Ich bin eine Mörderin, Tetsu." „Bist du nicht" seufzte er kopfschüttelnd „Diese Männer waren Mörder. Du hast für deine Familie gekämpft. Sie haben dir die Chance auf ein normales Leben, die Chance deine Familie kennenzulernen genommen. Sie haben es nicht anders verdient. Auch wenn es hart klingt."
Ich spürte wie meine Augen anfingen zu brennen. Ich wollte nicht anfangen zu weinen, doch die Tränen bahnten sich einfach ihren Weg nach draußen. „Scheiß Hormone" murmelte ich kopfschüttelnd. „Wir schaffen das" sagte Tetsu leise und drückte mir einen kurzen, aber liebevollen Kuss auf die Lippen.
„Ich liebe dich Akane Kuroo" sagte er lächelnd. Die Schmetterlinge in meinem Bauch fingen mal wieder an verrückt zu spielen. Die Tränen versiegten und ein Lächeln legte sich auf meine Lippen.
„Ich liebe dich auch Tetsurō Kuroo."

~ The END ~

My Alpha Mate (Haikyuu!! FF German) [ABGESCHLOSSEN]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt