Teil 3

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Wir sitzen in Lyras Wohnung. Gerade waren wir aus der Wohnung des Diebes, der meine Pistole gestohlen hatte, gekommen. Nachdem wir die Jungen und Mädchen, die wir bei einer Party in der Wohnung unterbrochen haben, so sehr eingeschüchtert hatten, dass sie nicht direkt zu den Wachen rennen würden, hatte ich der Leiche des Diebes, der der Vater des einen Jungens war, seine Laserpistole abgenommen. Nun sind wir um eine Laserpistole, zwei Handys – die anderen hatten wir den Jugendlichen zurückgegeben – eine Kiste Schmuck, siebzig Kupfermünzen, 1.387 Silbermünzen und fünf Goldtaler reicher. Genug um eine Weile überleben zu können. Wir überlegen gerade, was wir in den nächsten Wochen machen sollen. Ich bin der Meinung, wir beseitigen einfach ein paar Leute aus dem Scard, die vermisst keiner. Lyra ist aber der Meinung, ich solle mir lieber eine ordentlich Wohnung besorgen oder zumindest mal ordentlich aufräumen. Wir einigen uns drauf, dass wir uns jeder selbst beschäftigen und den anderen kontaktieren, wenn es was Interessantes gibt. Zu Hause in meiner Wohnung in Taylon verschwinde ich erst mal unter der Dusche. Eine schöne heiße Dusche ist genau das Richtige in diesem nassen Herbst. Danach lege ich mich eine halbe Stunde hin. Als ich wieder aufwache ist es schon dunkel. Genau die richtige Zeit, um im Scard in eine Kneipe zu gehen. Jetzt wo mein Bein wieder verheilt ist, ist es auch nicht mehr gefährlich. Zumindest nicht mehr ganz so. Gerade als ich meine Wohnung im 22. Stock des Miethauses verlassen will, spricht meine Vermieterin Merye mich an. Sie reicht mir einen Brief und sagt: „Das hat mir ein merkwürdig gekleideter Mann für dich gegeben. Er war komplett in einen Mantel aus teurem Stoff gehüllt.“ Ich nehme den Brief entgegen und nicke. Merye weiß, dass ich als Auftragskiller arbeite. Bei ihr muss ich nicht befürchten, dass sie mich verrät. Ihr siebenjähriger Sohn sitzt wegen dreifachen Mordes im Kerker. Das fand ich schon krass, als ich zum ersten Mal davon gehört habe. Aber der Vater war auch nicht besser. Er hat dem Kleinen das Töten beigebracht. Er hat auch mir viele Tricks gezeigt. Jedoch ist er vor zwei Jahren getötet worden. Ein Freund von mir hat das getan. Ich nehme es ihm nicht übel. Der Mann hat zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Merye selbst hat aber auch Dreck am Stecken. Sie verdient neben dem Vermieten der Wohnungen auch noch Geld mit dem Drogenhandel. Jetzt dreht sie sich gerade um und geht die Treppe wieder runter. Ich kehre zurück in meine Wohnung. Erst dort öffne ich den Umschlag. Darin befindet sich ein Bogen aus teurem Papier. Ich falte ihn auf und lese:

Kommt um Mitternacht an den alten Sitz des Rates.

Ein Auftraggeber

Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll, aber eines weiß ich sicher: ich werde nicht dort sein. Ich lasse mir nicht vorschreiben, wann ich wo sein soll. Wenn die Leute etwas von mir wollen, müssen sie zu mir kommen. Wollen sie das nicht, lege ich den Treffpunkt fest. Ich mache mich also auf den Weg in meine Lieblingskneipe „Zum toten Lord“ im Scard. Als ich dort ankomme ist es noch relativ leer. Nur um einen Tisch ist eine Gruppe von Leuten versammelt. Ich trete näher und finde mich bei einem Wettsaufen wieder. Den Mann an der einen Seite des Tisches kenne ich nicht, aber die Gegnerin des Mannes kenne ich sehr wohl. Schon das zweite Wiedersehen in wenigen Tagen. Das Mädchen hat lange, leicht gewellte dunkelbraune Haare und sanfte Gesichtszüge. Sie ist neunzehn Jahre alt und hat einen sehr wohlgeformten Körper. Sie ist wirklich wunderschön – und einige der wenigen Frauen, die ich mag und denen ich vertraue. Sonst vertraue ich nur noch Lyra und meiner Mutter Merilla. Das Mädchen heißt Millenia, ihr Spitzname ist Lena. Ich nehme den schon sturzbesoffenen Mann am Kragen und werfe ihn in die Ecke. Dann setze ich mich Millenia gegenüber. Sie schaut auf und wie erwartet ist sie noch nüchtern. Sie verträgt eine ganze Menge und man braucht schon echt viel Alkohol, um sie besoffen zu machen. Sie begrüßt mich: „Hey, Gareen, lange nicht mehr gesehen.“ Ich grinse und antworte: „Stimmt, Lena. Und wie geht’s meinem Schwesterchen so?“ Ja, sie ist wirklich meine Schwester –Millenia Marcis. Mit fünfzehn ist sie von zu Hause abgehauen, weil unser Vater, Arkrec Marcis, zu streng war. Ich traf sie einmal ein Jahr nachdem sie abgehauen war, aber die letzten drei Jahre hatte ich sie nicht mehr gesehen. Die Männer um mich herum schauen mich erwartungsvoll an, sie glauben, ich würde Millenia herausfordern. Um sie nicht gegen mich aufzubringen, rufe ich Grenn, dem Wirt der Kneipe, zu: „Eine Runde für alle hier. Geht auf meine Rechnung. Ach, und einen starken für die junge Lady.“ Ich glaube, ich könnte es mit den Anwesenden locker aufnehmen, es waren ja nur ein paar. Aber jetzt wo ich gerade meine Schwester wiedergetroffen habe, habe ich keine Lust auf einen Kampf. Grenn bringt den Schnaps und die Biere und Millenia fragt mich: „Was verschafft mir denn die Ehre, von dir einen Schnaps spendiert zu bekommen? Bestimmt nicht unser Wiedersehen.“ Ich grinse und schüttele den Kopf. „Nein, ich habe einen guten Job und heute ne Menge verdient. Das muss ich doch feiern“  Sie schaut mich spöttisch an: „Du hast einen Job? Ich dachte, das wäre dir zu anstrengend. Außerdem kannst du doch Dad anpumpen. Dem Gesetz nach muss er für dich sorgen und dein Überleben sichern. Das ist eines der wenigen Gesetze, an die ich mich gerne halte.“ Ich antworte: „Ne, Dad kann mich nicht leiden und ich ihn auch nicht, also werde ich ihn nicht fragen. Außerdem hab ich was gefunden, das mir richtig Spaß macht.“ Sie schaut mich fragend an. „Kann ja nichts Legales sein, sonst würde es dir nicht gefallen.“ Ich grinse wieder und nicke: „Ich beseitige Leute für Geld. Und manchmal auch einfach so.“ Sie lacht. „Ja, das klingt nach dir.“ Sie kippt ihren Schnaps runter und steht auf. „Wollen wir nicht zu dir gehen? Meine Wohnung liegt in Regir und die Tore wurden ja um Mitternacht geschlossen.“ Ich sehe auf die Uhr. Es ist bereits halb zwei. „Okay, aber meine Wohnung ist nicht sehr groß. Sie liegt in Taylon.“ „Warum denn das? Du kannst dir doch sicher mehr leisten, wenn du hier für alle einen ausgibst.“ „Ist doch klar. Die ganzen Reichen, die was von mir wollen, müssen alle zu mir kommen.“ Sie grinst und wir verlassen die Kneipe. Millenia fragt mich: „Musst du nicht noch bezahlen?“ Ich antworte nur: „Ne, ne. Grenn weiß, dass ich bezahle. Der tote Lord ist meine Stammkneipe.“ Sie nickt nur und wir machen uns auf den Weg zu meiner Wohnung. Dort angekommen mache ich mein Bett und hole einen Schlafsack für Millenia aus dem Keller. Das blöde ist, dass es in Taylon in den Mietshäusern keine Fahrstühle gibt und ich so die zweiundzwanzig Stockwerke runter und wieder hoch laufen muss. Wieder zurück in meiner Wohnung breite ich den Schlafsack im Wohnzimmer auf meinem Teppich aus. Als ich fertig bin gehe ich in mein Schlafzimmer und will mich hinlegen. Doch mein Bett ist schon besetzt. Millenia liegt darin und schläft. Sie sieht noch schöner aus, wenn sie schläft. Also gehe ich wieder ins Wohnzimmer und lege mich in den Schlafsack. Ich seufze noch einmal und schlafe ein.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 26, 2012 ⏰

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