Poker

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Palermo, Sicilia.

Mit vollster Zufriedenheit blickte ich in den großen Spiegel. Das schwarze Kleid betonte meine Kurven sehr und die schwarzen HighHeels, die mörderisch hoch waren, streckten meine Beine. Meine dunklen gelockten Haare fielen locker über meine Schultern. Auch wenn mir augenblicklich übel wurde, sobald ich an den heutigen Abend dachte, hatte ich mich dazu entschieden, würdevoll bei diesem Spiel anzutreten. Die Lippen schminkte ich mit einem roten Stift nach. Vielleicht würde ihn mein Anblick während des Spiels etwas ablenken.

Mein Vater steckte seinen Kopf durch den offenen Türspalt.
"Ich habe nie gewollt, dass du so etwas wegen mir tun musst, angelo mio", flüsterte er niedergeschlagen. "Es ist nur ein Spiel", ich strich sanft über seine Schulter.
"Aber allein, dass du dich so vor einem Mann präsentieren musst ohne es zu wollen, tut mir weh."
Ich schluckte. Er hatte Recht, aber ich wollte stark sein und ich hatte mich darauf eingelassen. Also würde ich es auch stark beenden.

Als ich sah, dass ein schwarzer Maserati vor unsere kleine Pension vor fuhr, wusste ich nicht ob ich lachen oder weinen sollte. Lachen, weil es so surreal und fast schon lächerlich aussah, dass genau so ein Auto vor unserem beschaulichen Heim hielt. Oder vor Wut weinen, weil ich nicht einsteigen wollte.
Seufzend nahm ich meine silberne Clutch vom Tisch. Es gab kein Zurück mehr.

Papa und ich hatten die ganze Nacht geübt und uns Videos im Internet angeschaut. Auch wenn ich zu Beginn erst ungeübt war, hatte ich jetzt doch ein paar Tricks erlernt um meinem Gegner das Spiel zu erschweren.

Wortlos stieg ich auf die Rückbank des schwarzen Sportwagens. Mein Gegner saß zu meiner Verwunderung nicht darin. Also blickte ich neugierig in den Seitenspiegel, um meinen Fahrer zu erkennen. Er war vielleicht Anfang 40 und wirklich auffällig waren seine eisblauen Augen. Er sah meinem Gegner sehr ähnlich, weshalb ich vermutete, dass sie verwandt waren.

Ich wusste überhaupt nicht, wie lange die Fahrt schon dauerte, doch realisierte, dass wir wohl am Ziel sein mussten, denn der Fahrer bremste und lenkte um eine Kurve. Mir war immer noch eiskalt und das kühle Leder drückte unsanft gegen meine Beine.
Kurz nachdem der Wagen stand, öffnete sich auch schon meine Tür. Ich straffte die Schultern. Die Hand, die mir entgegen gestreckt wurde, ignorierte ich mit voller Absicht. Niemals würde ich eine solch dreckige Hand berühren.

Bedacht darauf, möglichst viel Distanz zu dem Fahrer zu halten, betrat ich das Restaurant. Es blieb mir keine Zeit um irgendwelche Gäste anzuschauen, denn plötzlich packte er unsanft meinen Arm.
Angewidert versuchte ich mich aus seinem festen Griff zu lösen, doch seine rauen Finger fassten nur noch enger zu. "Lass mich los", zischte ich wütend. Doch er dachte gar nicht daran. Ich rannte beinahe schon, denn er zog mich immer schneller. Plötzlich stoppte er und ich erkannte, dass ich mich vor einer geschlossenen Tür im Hinterbereich des Restaurants befand. Endlich ließ er nun meine Hand los.
Wir hatten immer noch kein Wort miteinander gesprochen und es würde sich glücklicherweise auch nicht ändern, denn er drückte die Klinke herunter.

Als ich den Raum betrat, drehten sich einige Köpfe zu mir um.
Die Gesellschaft bestand ausschließlich aus Männern, das erkannte ich sofort. Das Hinterzimmer war in schwarz und rot gehalten und trotz der Illegalität wirkte es wahnsinnig edel auf mich. Die Männer waren von unterschiedlichem Alter, ich schätzte sie zwischen 25 und 70 Jahren. Alle von ihnen waren modebewusst und dem Ambiente angepasst gekleidet.

Ich sah, dass mich jemand von einem der mittleren Tische heran winkte. Mit selbstsicherem Schritt ging ich auf den Tisch zu. Und spürte einige Augenpaare, die mir genau auf den Arsch glotzen.
"Setz dich zu uns". Ein nervöses Kribbeln machte sich in mir breit. Immerhin hatte ich überhaupt keine Ahnung, was mich heute Abend erwarten würde.

Der Mann der mich heran gewunken hatte, trug einen dunkelgrauen Smoking, der wahnsinnig teuer aussah. Seinen Kopf zierte nur noch ein Haarkranz, wahrscheinlich war er bereits im Alter des Haarausfalls angekommen. Die untere Hälfte seines Gesichts wurde von Bart-Stoppeln eingenommen. Auch wenn er sehr männlich und stark wirkte, verrieten seine Haselnussbraunen Augen und seine weiche Stimme, dass er nicht ganz so hart war, wie er schien.

Bedacht darauf, dass mein Satin-Kleid nicht knitterte, setzte ich mich auf den einzig freien Stuhl.
Direkt neben meinen Gegner.
Es ging los. Der kühle Champagner floss meine Kehle hinab, als ich realisierte, dass das Spiel nun startete.

FuocoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt