DavinaDas Essen war alles andere als nach Plan verlaufen. Obwohl ich mir extra mein Lieblingskleid und ein Diadem angezogen hatte, hatte Nikolas nur Augen für diese Ella gehabt. Das hätte sogar ein Blinder erkennen können. Warum checkte er nicht, dass ich mir diese ganze königliche Kleidungsscheiße nur für ihn antat. Seit Nikolas erfahren hatte, dass er der Nachfahre eines Königshauses war, hatte ich fast eine Art Trend gestartet. Praktisch niemand verließ sein Zimmer ohne mindestens ein goldenes oder Diamant besetztes Accessoire. Ella schon. Nur schwarze Sachen hatte sie angehabt. Kann mir jemand erklären, wie man nur eine Farbe tragen kann? Laut der neusten Ausgabe der Vogue sind gerade Neonfarben voll In. Neonfarben! Und dann findet sie Nikolas -oder seit neuestem Nick- auch noch geil. Erschöpft blickte ich in den Spiegel. Nein, ich sah immer noch so aus, als wäre ich irgendeinem Magazin entsprungen. Früher hatte ich sogar einige Modeljobs gehabt, aber das musste ich auf Grund des Internats aufgeben. Die Schulleitung sieht es nicht gern, wenn man sich für sein Aussehen "verkauft". Nur weil die alle Kacke aussehen, heißt das ja nicht, dass man andere dafür bestrafen soll, die ein bisschen mehr Glück in Sachen Optik gehabt hatten. Außerdem würde niemand hier hin gehen, wenn unsere Schule nicht so schön aussehen würde. Das sie in einem Schloss untergebracht war, brachte auf jeden Fall Plus Punkte, dass konnte niemand leugnen. Wegen der guten Ausbildung kam hier keiner hin. Die war nämlich miserabel. Langsam machte ich mir eh Sorgen, ob das so was mit Harvard werden würde. Den Geschichtsunterricht konnte man am meisten vergessen. Das was Nikolas und ich letzten Sommer herausgefunden hatten, hätte uns kein Lehrer der Welt je erklären können. Ich atmete laut aus. Heute war wieder Party im Kerker, dem angesagtesten Club des Internats, der sich, wie der Name schon sagte, im Schlosskerker befand. Mein weißes Kleid tauschte ich gegen ein etwas freizügigeres, schwarzes Kleid. Das war ja neuerdings Nikolas Lieblingsfarbe. Meine Lippen schminkte ich in einem Feigenroten Ton und die Haare steckte ich hoch, da das meine herausstechenden Wangenknochen betonte. Wenn Nikolas nicht schätze, was er an mir hatte, würde es eben sicher jemand anders. Genug Auswahl hatte ich, das war Fakt. Eigentlich hatte ich vor gehabt, ihm meine Gefühle für ihn zu gestehen. Das wurde wohl eher nichts.
Mirela
Mein Herz pochte immer noch laut gegen meine Rippen. Ich wusste nicht was vorhin in mich gefahren war, Zurückzureden. Irgendwie fühlte ich mich stolz, aber ich hatte ursprünglich nicht vor gehabt, schon am ersten Tag mit jemandem Stress zu bekommen. Mit "jemandem" meinte ich nicht nur Nick, sondern viel mehr das Mädchen mit den markanten Augenbrauen, welches ebenfalls am Tisch gesessen hatte. Wenn Blicke töten könnten, dann lege ich jetzt im Grab, gleich neben meiner Schwester. Von Amara wurde ich eingeladen, zu irgendeiner Party mitzugehen. Ich hatte abgelehnt. Zwar sollte ich Kontakte knüpfen, aber der Tag war anstrengend genug gewesen. Ich brauchte jetzt einen ruhigen Ort für mich allein. So leise wie möglich, tappte ich durch die leeren Gänge. Da ich Barfuß war, waren meine Füße nach gefühlten zwei Schritten schon voller Dreck. Plötzlich hörte ich entfernte Schritte hinter mir. Da ich laut Schulordnung entweder in meinem Zimmer, oder bei irgendwelchen Aktivitäten sein müsste, suchte ich verzweifelnd nach einem Ausweg. Mein Zimmer war zu weit weg. Die beste Lösung in dem Moment erschien mir eine alte Art Besenkammer zu sein. Wo hatte ich mich da wieder hineingeritten? Warum war ich nicht einfach in meinem kuscheligen, warmen Bett geblieben? Ich versuchte meinen Puls zu beruhigen und so leise wie möglich zu atmen. Was wenn ich erwischt werden würde? Wow, bereits am ersten Tag ein Schulverweis. Meine Mutter wäre sicherlich stolz auf mich. Als ich mich versichert hatte, dass keine fremden Geräusche mehr am Korridor zu hören waren, wartete ich noch weitere fünf Minuten, dann sah ich mich das erste Mal richtig um. Sicher war sicher! Die "Besenkammer" war größer als erwartet und war genau genommen gar keine Besenkammer. Nach kurzem Suchen entdeckte ich den Lichtschalter. Zwar war das Licht nicht besonders hell und flackerte, allerdings reichte es trotzdem um immerhin die Umrisse meiner Umgebung erkennen zu können. Nach dem sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, bemerkte ich die vielen Gläser mit verschiedenen Inhalten. Die meisten waren mit Lebensmitteln gefüllt, in anderen befanden sich aber auch Schrauben oder Legosteine. Neben den Behältern, befand sich auch eine Ritterrüstung und ein alter Schlitten in dem Raum. Was aber viel interessanter war, war die rostige Wendeltreppe, die nach oben führte. Sollte ich es wagen? Ich meine was hatte ich schon zu verlieren? Naja, einen Platz an einem Schlossinternat, die Chance auf einen Neuanfang und Freunde zu finden vielleicht. Am Ende siegte dann doch meine Neugierde und ich ging vorsichtig, Stufe für Stufe ins Ungewisse. Die Treppe war so instabil, dass ich mich ans Geländer klammern musste, um nicht hinunterzufallen. Zum Schluss verletzte ich sogar mein Bein an einem herausstehendem Nagel. Gelohnt hatte es sich bis jetzt also schon mal nicht. Nach 344 Stufen-ja ich hatte mitgezählt-erreichte ich endlich mein Ziel...eine Luke. Da ich nicht einfach wieder zurückgehen wollte, überlegte ich nicht lange rum und öffnete sie. Und atmete frische Nachtluft ein. Wie es aussah war ich am Dach des Schlosses gelandet. Es war eingezäumt, so, dass man eigentlich nicht runterfallen konnte. Es roch nach einer Mischung aus Rauch und Wald. Ich versuchte so viel wie möglich auf einmal einzuatmen und schloss dabei die Augen. "Von Luft allein wird man nicht high, geh?" Ich erschrak so heftig, dass ich fast wirklich vom Dach gefallen wäre. Das schien auch mein Gegenüber zu bemerken und hielt mich fest. "Alles okay?" Nun konnte ich meinen Störenfried genauer betrachten. Zerzauste, dunkelblonde Haare verdeckten die Hälfte seiner dunkelblauen Augen. Er sah in Kombination mit dem Sternenhimmel ein bisschen aus wie ein Engel. Nur die Narbe an seiner rechten Augenbraue wollte nicht so recht ins Bild passen. "Kann man nicht einmal ungestört alleine sein?" Hatte ich das etwa laut ausgesprochen? "Hey. Genau genommen war ich zuerst hier, dass heißt wenn dann hast du mich gestört. Aber ich meine ich habe nichts gegen so hübsche Bekanntschaft." Er grinste mich schief und auch ein wenig belustigt an. Lachte er mich gerade aus? "Was machst du am Dach des Internats?", fragte ich ihn. "Sterne beobachten, du?", beantwortete er meine Frage.
"Ich brauchte nach dem ganzen Trubel etwas Zeit für mich."
"Kannst du nicht so gut mit Menschenmengen?"
Ich zuckte mit den Schultern.
"Seit meine Schwester gestorben ist..." Oh Gott was redete ich da? "Hab ich nicht mehr so viel Kontakt mit anderen Menschen."
Er drehte sich zum Himmel. Ich verfluchte mich innerlich. Was ich nicht bezwecken wollte, war Mitleid.
"Ich würde dir ja sagen sie ist da irgendwo oben am Himmel zwischen den Sternen und passt auf dich auf, aber du wirkst nicht wie eine besonders kitschige Person."
Ich musste laut auflachen. Es fühlte sich ungewohnt an. Das Lachen. Ich konnte mich nicht erinnern wann ich das letzte Mal echt gelacht hatte. Nicht dieses aufgesetzte fake Lachen, das man benutzt, wenn ein Lehrer einen unlustigen Witz gemacht hatte. Das Lachen was tief aus der Kehle kam und man nicht kontrollieren konnte.
"Und lieg ich richtig?"
"Mit was?" Ich hatte komplett vergessen, dass er mich etwas gefragt hatte.
"Na das du nicht kitschig bist."
Ich überlegte. "Früher..." Er sah mir tief in die Augen. "hab ich mich immer als Prinzessin verkleidet wenn wir Disneyfilme geschaut haben und habe so getan als würde ich auch im Film mitspielen. Ich habe auch von diesen bescheuerten Liebesgeschichten geträumt. Von Prinz Charming und so. Aber jetzt kleide ich mich eher..."
"Wie Kermit der Frosch", beendete er meinen Satz.
"Was?" Er deutete auf meinen Pyjama, auf dem, nun ja, Kermit der Frosch abgebildet war. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich ihn anhatte. Ich spürte wie mir die bekannte Röte ins Gesicht schoss.
"Ich finds sexy." Wieder dieses verschmitzte Grinsen. Dass ließ mich sogar noch mehr erröten. Von Stufe Tulpenrosa wurde ich zur dunkelroten Tomate.
"Und wenn du immer noch einen Prinz Charming suchst..." Er richtete sich auf. "Gib Bescheid."
Dann war er weg.
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Internat Goldcastle
Teen FictionSeit dem Tod ihrer Schwester geht in dem Leben der schüchternen Mirela alles schief. Um in einen Neuanfang zu starten, soll sie ins Internat Goldcastle ziehen. Dort findet sie gemeinsam mit einer anderen Gruppe von Teenagern Geheimnisse über ihre H...