Kapitel 1 - Ich, der Maulesel

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"Scheiße verdammte!"

Frustriert trat ich gegen meinen kleinen, hellblauen Koffer, der der Intensität meines Tritts nicht standhielt und vom Bordstein auf die Straße kippte. Weiterhin laut fluchend wollte ich mich nach meinem Gepäck bücken, als ein Jeep, der so schnell um die Ecke geschossen kam, dass ich nicht rechtzeitig hatte reagieren können, eine Vollbremsung vor mir hinlegte.

Der Hornochse von Fahrer kam mir gerade Recht! Obwohl er kaum etwas für meine schlechte Laune konnte, ließ ich der angestauten Wut freien Lauf: „Ja geht's denn noch?!"

Ich hievte den Koffer zurück auf den Gehweg und streckte dem anfahrenden Auto beide Mittelfinger entgegen.

Zu meinem Entsetzen rollte der Wagen bloß einige Meter vor, bis die Beifahrertür auf meiner Augenhöhe war und sich der Fahrer, den ich gerade noch so frech beschimpft hatte, in meine Richtung lehnte. Er widmete mir ein entschuldigendes Lächeln und ich bereute mein zickiges Auftreten augenblicklich.

„Sorry, ich hatte es eilig. Geht's dir gut?"

Erst jetzt wurde mir klar wie gut aussehend der Mann hinter dem Steuer war. Seine welligen, kastanienbraune Haare waren lang und umrahmten sein bärtiges Gesicht auf eine verwegene Art und Weise. Trotz der ähnlichen Frisur wirkte er nicht wie die Hipster, die ich aus Arkansas kannte. Sein Style war nicht aufgesetzt, sondern dem Alltag erwachsen. Er sah aus, wie ich mir einen Hawaiianer immer vorgestellt hatte. Seine warmen Braunen Augen und das Sunnyboy-Lächeln rundeten diesen Eindruck zur Vollkommnen ab.

Vor lauter Staunen hatte ich vergessen auf seine Frage zu antworten, sodass sein Lächeln allmählich von den kleinen Sorgenfalten auf seiner Stirn verdrängt wurde.

„Ich- äh- Ja, mir geht's gut.", druckste ich herum und hatte den Eindruck rot zu werden.

„Dann nochmal sorry, schönen Tag noch und Hang Loose!", schmetterte er mir fröhlich entgegen. Dann reckte er zum Abschied seine Hand in die Höhe zum typischen „Surfergruß", indem er Zeigefinger, Mittelfinger und Ringfinger auf die Handinnenseite legte und den Daumen und den kleinen Finger abspreizte.

Ehe ich etwas erwidern konnte, trat er bereits das Gaspedal durch und war um die nächste Kurve verschwunden.

Ich korrigiere mich: Er war das Klischee eines Hawaiianers mit einer Ausnahme: Gelassenheit war bei ihm keine zu finden.

Seufzend überlegte ich, was nun mein nächster Schritt sein sollte. Womöglich ist es eine gute Idee Etmal eine Bar aufzusuchen. Ich war völlig dehydriert, weil ich zu geizig gewesen war mein Erspartes für 5-Dollar-Flughafenwasser auf den Kopf zu hauen. Ein kaltes Bier würde mein erhitztes Gemüt abkühlen und ich hätte einen Ort um in Ruhe mein weiteres Vorgehen zu planen.

Ich schlenderte also die Straße entlang, entschlossen die nächstbeste Bar zu betreten, die meinen Weg kreuzte. Tatsächlich erwartete mich keine hundert meter weiter eine gemütlich ausstehende Strandbar. Es gab zahlreiche, gepolsterte Bänke und Sitzkissen, sowie zwischen Palmen gespannte Hängematten und kleine Klapptische, die schief im weißen Sand steckten. Die Sonne stand schon tiefer am Himmel und tauchte die Kulisse in malerisches Orange.

Unter anderen Umständen hätte ich diesen Anblick genossen, doch die Vorangeschrittene Tageszeit verschlimmerte das flaue Gefühl in meinem Magen.

Ich trat an die Bar inmitten der Stühle und Tische, die von einem runden Tresen umgeben war und von einem hohen Dach aus Palmenblättern geziert wurde.

„Hi.", ich setzte mich und sah mich nach einem Barkeeper um, als ein gebräunter Mann mit Blonden Locken hinter dem Tresen hervor kam.

„Aloha!", er legte ein ähnliches Lächeln an den tag wie der Fahrer von vorhin. „Was kann ich dir bringen?"

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 07, 2020 ⏰

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