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 Kaden

„Mom?"

Keine Antwort. Ich schließe hinter mir die Haustüre und sehe mich um. Es ist überraschend ordentlich und es riecht nach kitschigen Blumen oder so etwas in der Art. Was ist hier los?

Meine Mom hat mich gerade noch vor einer Stunde nagerufen und geweint. Sie war völlig aufgelöst, weil sie etwas von Dads Sachen runter geschmissen hat und es jetzt kaputt ist. Als ich ihr Schniefen und verzweifeltes Weinen durch das Handy hörte war ich sofort in Alarmbereitschaft und wusste, dass ich zu ihr musste. Ich war die ganze Woche über nicht hier und jetzt ist Samstag. Ich hatte sie bloß Mittwoch angerufen um mich zu erkundigen ob bei ihr alles okay ist. Aber ich hörte sofort, dass sie betrunken war. Dementsprechend habe ich nicht viel mit ihr gesprochen.

Ich betrete die Küche und stelle die paar Einkaufe auf die Arbeitsfläche ab, um die sie mich gebeten hatte.

Ich höre die Treppe knarzten und drehe mich um. In der der nächsten Sekunden erscheint meine zierliche Mutter im Türrahmen. Als sie mich erblickt huscht ein Lächeln über ihre Lippen.

„Tut mir leid, dass ich dich angerufen habe. Du warst bestimmt beschäftigt.", sagt sie eilig und geht auf die Einkäufe zu.

Ja, Audrey wieder ins Bett zu zerren, ihr die Kleider vom Leib reisen und ... Aber das geht mir bloß durch den Kopf. Also winke ich ab.

„Nein, ich war am Arbeiten.", lüge ich und lege mein Handy und die Schlüssel neben mir auf die Arbeitsfläche.

Meine Mom räumt den Kühlschrank ein, als sie sich zu mir umdreht. Böse funkelt sie mich an. „Dein Chef gefällt mir nicht. Er verlangt zu viel von dir. Du schaffst es ja nicht mal, mich zu besuchen, weil du ..."

„Was hast du da an der Hand?", unterbreche ich sie. Ich sehe auf ihr Handgelenk, um das sie einen weißen Verband trägt.

Sie sieht zuerst mich nervös an, dann lässt sie ihre Hand sinken. „Gar nichts."

Aber das kaufe ich ihr nicht ab. Ich mache einen Schritt auf sie zu und nehme ihr Handgelenk. „Was ist passiert?", sage ich etwas zu schroff und mustere sie genau. Auch auf ihrer Stirn entdecke ich eine kleine Schramme.

Meine Mom schüttelt verärgert den Kopf und entzieht sich mir wieder. „Es war bloß ein dummer Unfall. Weiter nichts."

„Und das auf deiner Stirn?", frage ich weiter. „Auch ein dummer Unfall? Mom, erzähl mir was passiert ist?"

Langsam schleißt sie den Kühlschrank. Ich merke wie ihre Hände zu zittern beginnen und sie meinen forschen Blicken ausweicht. „Ich weiß es nicht mehr genau. Ich muss mich an einem zerbrochenen Glas geschnitten haben und irgendwie bin ich dann zu Boden gesackt, weil mir schwindelig wurde.", erklärt sie hastig und tut es mit einer leblosen Handbewegung ab. „Es ist nichts weiter passiert. Camilla kam im nächsten Moment vorbei und ich hatte die Türe nicht abgesperrt. Ein Arzt war dann hier. Es ist alles gut."

Wut erfasst mich. „Verdammt, Mom. Und warum erzählst du mir so etwas nicht? Ich wäre natürlich sofort hergekommen und hätte dir geholfen." Es wäre nicht zum ersten Mal. Aber mit solchen Aktionen raubt sie mir den letzten Nerv. Das hätte viel schlimmer enden können, nämlich dass sie verblutet. Die Verletzung ist auf der Innenseite ihres Handgelenkes. Genau an der Stelle wo sich manche Leute ritzen. Ich darf gar nicht dran denken, wenn Moms Nachbarin nicht aufgetaucht wäre. Sie ist die einzige Person zu der Mom noch Kontakt hat, abgesehen von mir.

„Mach jetzt kein Drama daraus. Es ist ja nichts passiert.", sagt sie kopfschüttelnd.

Ich fahre mir verärgert durch die Haare und wende mich von ihr ab. „Bitte überlege doch mal, wenn dich keiner gefunden hätte. Wer weiß, was dann passiert wäre."

Summer in ParadiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt