Kaden
Sie ist wütend.
Natürlich ist sie wütend. Was habe ich anderes erwartet? Dass sie mir um den Hals fliegt und alles vergisst, was ich zur ihr gesagt und wie ich sie behandelt habe? Da kann ich lange warten, denn sie hat allen Grund dazu sauer zu sein.
Aber, dass sie mich komplett ignoriert ... damit hatte ich nicht gerechnet. Oder dass sie mir die Tür vor der Nase zuknallt.
Unauffällig lasse ich meinen Blick durch die Wohnung gleiten und vernehme sofort Audreys Duft. Süßlich, unschuldig und immer noch gefährlich wie ich ihn in Erinnerung habe. Der Wohnraum ist klein aber gemütlich und er erinnert mich an meine Studienzeit. Nur war meine Wohnung nicht so ... wohnlich. Aber kein Wunder, wir waren drei Kerle, die ihre Prioritäten hatten. Saufen, One-Night-Stands und Essen. Und ja, in genau dieser Reihenfolge.
Audrey starrt mit eisernen Willen auf den Bildschirm vor ihr, während sie die Arme vor der Brust verschränkt. Auf ihrer Stirn hat sich eine Falte gebildet und sie knirscht mit den Zähnen. Ihre blonden Haare sind zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden und ihren Oberkörper bedeckt ein Shirt der Boston Bruins Eishockeymannschaft. Ich korrigiere, mein Shirt der Bruins.
Und irgendwie erweckt das Hoffnung in mir. Vielleicht etwas zu viel als es sollte.
„Kann ich dir etwas zu trinken anbieten?", höre ich ihre Mitbewohnerin neben mir. Sie lächelt mich warm an und mustert mich kurz. Sie ist etwas kleiner als Audrey, hat aber auch blonde Haare und eine sportliche Figur. Soweit ich das unter ihren dicken Schichten an Klamotten ausmachen kann.
„Nein, danke.", antworte ich ihr höflich.
„Ich bin übrigens Judy.", stellt sie sich vor und lächelt breiter.
„Kaden.", sage ich knapp.
Im nächsten Moment reißt Judy ihre grünen Kulleraugen auf und nickt langsam. „Oh ... shit. Jetzt verstehe ich.", murmelt sie leise. Na toll, ich kenne Audreys Mitbewohnerin erst seit knapp zwei Minuten, aber sie weiß anscheinend genug über mich. Und ich dachte, ich könnte mich wenigstens bei Judy gut stellen, dass mich nicht beide prompt rauswerfen wollen. In solchen Situationen können Mädchen stärker zusammenhalten, als sonst etwas auf dieser Erde. Und das weiß ich so genau, weil ich mal mit zwei Freundinnen etwas hatte. Nacheinander. Und zu meiner Verteidigung, ich wusste nichts von ihrer Freundschaft. Das größte Arschloch bin ich dann auch wieder nicht.
Ich sehe wieder zu Audrey, aber sie hat sich keinen Zentimeter bewegt.
„Okay, ich denke ich werde mich mal verziehen, bevor hier noch die Fetzen fliegen und die Luft Feuer fängt.", murmelt sie vorsichtig und wechselt einen Blick zwischen uns. Aber sie hat Recht. Die Luft um Audrey brennt förmlich vor Wut und ich habe das Gefühl, dass Audrey jeden Moment ausbricht und sie mir Beschuldigungen und Schimpfwörter an den Kopf wirft. Nein, eigentlich warte ich darauf. Denn ich habe es nicht anders verdient.
Judy schnappt sich von dem kleinen Couchtisch eine Cola Dose und eine Packung Süßkram, dann lächelt sie mir nochmal zu und verschwindet vermutlich in ihrem eigenen Zimmer.
Audrey und ich sind alleine. Und keiner von uns sagt ein Wort.
Es schmerzt sie so zu sehen und zu wissen, dass ich der Grund dafür bin. Aber auf der anderen Seite bin ich unendlich froh, sie zu sehen und das Wissen zu haben, dass es ihr soweit gut geht.
Gott, ich hatte sie so vermisst.
„Du kannst mich nicht ewig ignorieren.", unterbreche ich die nagende Stille und betrachte ihr Profil.
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Summer in Paradise
RomanceABGESCHLOSSEN *Lesen auf eigene Gefahr, die Story ist frei erfunden und enthält erwachsenen Inhalt (Sexualität, Suizid, Alkohol- und Drogenkonsum) Alles was Audrey Baker will ist ein letzter Sommer voller Ruhe, wilden Partys und Entspannung. Ein S...