༄ES TUT MIR LEID༄

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»Brooklyn, du musst gehen. Du sitzt schon seit zwei Tagen hier.«
»Nein. Ich bleibe hier.«
Ich hörte Stimmen.
Halluzinierte.
Oder was auch immer.
Ich träumte wahrscheinlich.
Oder war ich tot?
»Wie lange dauert es noch, bis sie aufwacht?«
»Die Ärzte wissen es nicht. Dieser Kollaps war schlimmer als alle anderen. Ihr Herz ist noch sehr geschwächt.«
Und verletzt, wenn nicht sogar gebrochen.
Alles um mich herum war schwarz.
Außer den Stimmen konnte man noch ein leichtes Piepen ausmachen, das sich ab und an bemerkbar machte, wenn es lauter wurde.
Und ich hörte Schritte, dann eine Türe und letzendlich einen erschöpften Seufzer.
Da entschloss ich mich, meine Augen zu öffnen.
Langsam hoben sich meine Lider, und ich wurde von der untergehenden Sonne geblendet, weshalb ich mit meiner linken Hand mein Gesicht abschirmte.
»South!«
Ich sah zur Stimme.
Und da saß Brooklyn, tiefe Ringe unter den Augen, einen überraschten Ausdruck im Gesicht.
»Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Es tut mir so leid.«
Meine Kehle war staubtrocken.

»Brooklyn...«
Er senkte den Blick.
»Es tut mir so leid. South, das war nicht fair von mir.«
»Ich weiß.«, entgegnete ich.
Die Sonne verschwand hinter einer Wolke.
»Brooklyn? Bist du jetzt North?«
Sein Gesicht lag im Schatten.
»Du liegst im Krankenhaus. Du hattest einen Kollaps wegen mir. Du hättest sterben können. Du solltest wütend auf mich sein. Und wenn ich sogar North wäre, was würde es jetzt ändern?«, flüsterte er leise.
Schwach. Zerbrechlich.
»Ich muss es wissen, Brooklyn.«
Er sah auf.
Und deutete dann auf einen kleinen Tisch neben mir.
Ich folgte seiner Geste.
Da lag ein Brief.
Ich wusste, von wem er war.
Als ich wieder zu Brooklyn sah, war er verschwunden.


Liebste South.
South, South, South.
Ich kann nur noch an dich denken.
Und an den Moment, indem du zusammengebrochen bist.
Vor meinen Augen.
Es hat mir das Herz gebrochen.
Diese Panik.
Diese Angst, die durch meinen Körper geschossen ist.
Und die Reue.
Weil ich dich so bloßgestellt habe, weil ich dich zum Umfallen gebracht habe.
Es tut mir leid.
Ich habe einen riesigen Fehler gemacht, als ich dich belogen habe.
Auf dem Spielfeld.
Du hast Recht.
Ich bin Brooklyn.
Ja, North ist Brooklyn.
Und ich liebe dich, verdammt noch Mal.
Weißt du, was mir aufgefallen ist?
Dass es nicht richtig ist, sich hinter Lügen, einer Maske oder einem falschen Gesicht zu verstecken. Man sollte sich nie verstellen. Ich habe mich hinter North versteckt. Hinter einem Namen, der mit deinem zusammenhängt. Ich habe es getan, weil du mir etwas bedeutest. Aber ich habe es nicht richtig getan. Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe mich irgendwie geschämt.
Geschämt, weil ich bemerkt habe, was für ein armseliger Mensch ich bin. Ich bin hilflos, weißt du?
Und ich wollte einfach nicht, dass du merkst, wer ich bin. Dass du merkst, was für ein Häufchen Elend ich bin.
Aber auf dem Football - Feld ist mir aufgefallen, dass das ein Fehler gewesen ist.
Weil ich dich durch meine Lüge verletzt habe. Ich habe dich bloßgestellt.
Und das tut mir leid.
South, ich liebe dich.
Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.
Dein Brooklyn.

Im nächsten Moment tat ich das für mich einzig Richtige.
Ich erhob mich aus meinem Bett, stellte mich hin und suchte verzweifelt nach Schuhen oder zumindest Socken. Als ich ein Paar Hausschuhe fand, zog ich diese hastig an und sah an mir herunter.
Ich trug den Pyjama mit den Erdmännchen.
Dann sah auf ich auf die Infusion.
Und entfernte sie langsam.
Als das endlich geschafft war, ging ich los, etwas wacklig auf den Beinen.
Ich wusste, dass ich es tun musste.
Ich musste zu Brooklyn.
Ihm sagen, was ich dachte.
Was ich fühlte.
Als ich das Zimmer verließ und dann den leeren, nach Desinfektionsmittel riechenden Gang hinunterstürmte.
Ich hatte keine Ahnung, wo Brooklyn sein könnte.
Ich folgte einfach meiner Intuition, als ich in den Garten des Krankenhauses trat.
Ich kannte diesen Ort, aufgrund meiner Kollapse, besser als meine Westentasche.
Langsam bahnte ich mir einen Weg durch verschiedene Blumenbeete und erkannte dann einen dunklen Haarschopf, der sich soeben auf eine Bank zubewegte.
Ohne wirklich nachzudenken, rannte ich nochmals los.
»Brooklyn!«
Er drehte sich um.
Und blieb wie angewurzelt stehen.

»South...«
Ich kam bei ihm an, griff atemlos nach seinen Händen. Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus.
»Verdammte Scheiße, Brooklyn. Ich liebe dich. Ich liebe dich, Brooklyn. Ich habe mich in dich verliebt.«
Ich sah zu ihm auf.
»Ich weiß, es hört sich doof an. Aber ich tue es. Du bist so ein toller Mensch und du hast zwar totalen Scheiß gebaut, aber jedes deiner Worte, was du mir geschrieben hast, war so real. So echt. Ich habe alles gefühlt. Du faszinierst mich. Und ich bin dir auch nicht böse. Ich will nur, dass du...«
Brooklyn sah mir tief in die Augen.
»Shsh..South...«
Ich keuchte auf, als er mir durch die Haare strich.
»Lass mich dich einfach küssen.«
Und bevor ich irgendetwas erwidern konnte, beugte er sich zu mir herunter, drückte seine Lippen sanft auf meine und ließ mich alles vergessen.

Mochte sein, dass Brooklyn ein totales Arschloch auf dem Spielfeld gewesen war. Mochte sein, dass er mich angelogen hatte. Dass er mich bloßgestellt hatte.
Aber er verdiente eine Chance.
Und ich verdiente auch die Chance, endlich glücklich zu werden.
Auch wenn er mich angelogen hatte, ich wollte ihn kennenlernen.
Ihn verstehen.
Diesen Jungen, der mir täglich kleine Briefe geschrieben hatte.

Als wir uns lösten, sah er mich lange an.
»Was machen wir jetzt, North
Er lachte leise auf.
»Alles was du willst, South.«
Ich biss mir auf die Lippe.
»Dann sei mein Freund.«
»Nur zu gerne.«
Und er küsste mich nochmal.

❞E N D E❝

𝙉𝙊𝙍𝙏𝙃 𝘼𝙉𝘿 𝙎𝙊𝙐𝙏𝙃 | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt