24.08.2018

52 1 0
                                    

Blinzelnd schlug ich meine Augen auf und war sofort hellwach. Heute war nicht irgendein Tag im Leben eines Jugendlichen Mädchens, nein es war mein Tag, mein 18. Geburtstag. Endlich frei. Endlich erwachsen. Endlich... hier weg. Mir schossen sofort unzählige Gedanken durch den Kopf. Ich hob meine noch müden, schwachen Beine aus dem Bett und machte meine Musikbox an. Auf meinem nicht allzu langen Weg zu meinem Kleiderschrank stolperte ich über 5 meiner Lehrbücher des letzten Jahres. Die Erinnerung daran versetzte mich noch immer in einen Trancezustand. Aber fürs erste schob ich meine Gedanken daran zur Seite und wollte die paar Minuten genießen,die ich ohne dieses Thema noch hatte. Denn gleich würde es damit auch schon vorbei sein. Mit sarkastischer Vorfreude auf die baldige Konfrontation mit meiner gesamten Verwandtschaft griff ich in meinen riesigen Kleiderschrank, der immer noch der Selbe war wie vor 5 Jahren. Er war weiß und eher schlicht gehalten, keine Muster, keine kitschigen Schmuckelemente. Einfach nur weiß, so wie alle Möbel in meinem Zimmer.

Manchmal hatte ich überhaupt nicht das Gefühl das es das war, mein Zimmer. In den letzten zwei Jahren war es wohl eher ein Gefängnis gewesen als ein Zuhause. Ein Gefängnis, dass ich selbst für mich errichtet hatte. Es hatte sich ausgezahlt aber für einen hohen Preis.
Ich schnappte mir mein Lieblingskleid, ein rotes, knielanges mit Spitze verziertes und verzog mich für einige Minuten im Badezimmer.
Das heiße Wasser der Dusche ließ mich für einen kurzen Augenblick die Welt um mich herum vergessen und ich konzentrierte mich nur auf das Prickeln das meine Haut durchfuhr. Es schloss meinen zitternden Körper in eine warme Hülle.
Erst das laute Klingeln an der Haustür, das ich sogar bis hier oben mehr als laut und deutlich hören konnte, weckte mich aus meinen Gedanken. >> Lia komm endlich runter! Die ersten Gäste sind schon da.<< hörte ich meine Mutter von unten rufen. Sie hatte den gesamten Tag durchgeplant und mich...völlig ausgeplant. Ich entfernte noch schnell die letzten Reste Shampoo von meinem Körper und stieg dann vorsichtig aus der rutschigen Dusche. >> Ja Mama, ich komme schon!<< mit diesen Worten stellte ich mich in die Mitte des großen Spiegels, der über dem Waschbecken hing und strich mir das Wasser aus dem Gesicht. Aus der obersten Schublade nahm ich mir meine Haarbürste heraus und durchfuhr damit meine langen, dunkelblonden Locken. Danach noch ein wenig Lippenstift, Rouge und Mascara aufgetragen und Ta-da fertig war die Puppe meiner Eltern. Ich schnappe mir noch schnell die Tasche, die schon seit mindestens drei Tagen auf meinem Schreibtisch herum lag und darauf wartete ihren großen Auftritt zu haben und öffnete vorsichtig die Zimmertür.

Ich wollte ja keine Aufmerksamkeit erregen, zumindest bis ich unten angekommen war. Ich hörte die vielen Stimmen die in der Küche einen wahren Krieg an Worten führten und wollte am liebsten sofort wieder unter meiner Bettdecke verschwinden. >> Lia meine Süße! Gott bist du groß geworden. Und wie hübsch du heute aussiehst.<< War es zu spät um jetzt noch das Weite zu suchen? Doch noch bevor ich überhaupt noch einen weiteren Schritt setzten konnte hatte mich die Besitzerin dieser lauten und eindeutig viel zu hohen Stimme schon in die Mangel genommen. >> Tante Sophie. Wie schön dich wieder zu sehen... ich bekomme keine Luft mehr! << schwer atmend befreite ich mich aus ihrer sehr festen Umarmung.
Kaum hatte ich mich aus den Fängen meiner Tante befreit hatte mich auch schon der nächste im Arm. Diesmal war es eine innige und doch sanfte Begrüßung. >> Na, das Haus heute nur von Verrückten besetzt? Happy Birthday kleine Schwester!<< Puh, na immerhin ein Normaler in diesem Haus.
>> Ben!<< diesmal fiel ich über ihn her und wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Ben war mein großer Bruder und der einzigste in dieser Familie der mich ernst nahm. Er war 5 Jahre älter als ich und damit schon längst aus dieser Irrenanstalt raus und kam nur noch zu Geburtstagen oder Familienfeiern, und manchmal nicht mal das. Aber wer könnte es ihm verübeln. Er löste sich aus meiner Umklammerung und nahm meine kleine Hand in seine.

>> Na los, gehen wir runter. Ich bleib an deiner Seite, wenn du das willst.<< sagte er mit einem Lächeln auf den Lippen das vermuten ließ, dass er sich wohl selbst auch Mut zusprechen musste. Er drückte meine Hand ein wenig fester und zog mich hinter sich her. Ich stolperte hinter ihm die weiße Holztreppe hinunter, die wir erst letztes Jahr erneuern lassen hatten, an den Familienbildern vorbei. Auf denen ich die Person sah, die ich mir außer Ben natürlich heute hier gewünscht hätte. Als Ben merkte dass ich langsamer würde hielt er kurz inne und sah erst die Bilder und dann mich an. >> Komm schon.<< dann zog er mich weiter die Treppe runter bis wir unten angekommen waren. Ich hatte bemerkt, dass der Anblick dieser Bilder ihm kleine Tränen in den Augen beschert hatte. Die er aber so schnell wie möglich zu vernichten versuchte als er bemerkte, dass ich ihn ansah. Doch plötzlich wurde dieser Moment von lautem Geschnatter, dass nun auf dem Weg zu uns war, gestört.

Alle meine Verwandten samt meiner Eltern kamen auf mich zu und stützten sich nacheinander auf mich. Wie Wildkatzen auf ihr Opfer und genau so fühlte ich mich, wie das Opfer dieses Ganzen. Alle schnattern auf mich ein und ich höre immer nur: >> Du siehst toll aus! Bist du groß geworden und wie super ich mein Abi bestanden habe.<< niemanden interessiert es wie es mir geht oder ob es anstrengend war, zwei Jahre nichts zu tun außer zu lernen. Ungefähr so verliefen alle weiteren Gespräche des Tages. Ich spielte die Brave und liebe und verschwand mit meinem Bruder immer mal im Garten, frische Luft schnappen und abreagieren. Wobei mir eine Akt und ein Holzstamm sehr behilflich waren. Erst beim Abendessen wurde die Stimmung dann ernster....

960 Wörter... ganz gut für den Anfang
Hoffe es gefällt euch und bald gehts weiter 👍

Mein Leben- mit dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt