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Jemand schreit. Dann werde ich grob an der Schulter gepackt. Nach dem kurzen Schmerz legt sich wieder eine einnehmende Taubheit über meinen Körper.

»Ihr haltet sie da raus! Ihr haltet sie da gefälligst raus! Wie konntet ihr?!«

»Ruhig, Mädchen.«

»Nenn mich nicht Mädchen.«

»Ich nenne dich, wie ich will. Wegen dir ist meine Freundin verschwunden.«

»Idiot! Es war nicht meine Schuld!«

Jemand schreit.

Schlagartig öffne ich die Augen. Das Herz schlägt mir bis zum Hals, bloße Panik fließt durch meine Adern. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren. Mit Mühe erkenne ich vage Umrisse, aber mein Gehirn lässt mich daraus keine hilfreichen Schlüsse ziehen. Ich blinzle. Wo zur Hölle bin ich?

Plötzlich ist es still.

Angestrengt versuche ich, meine Sinne zu aktivieren, aber das Gefühl von Taubheit und Schwerelosigkeit gibt mich nicht frei, übernimmt die vollständige Kontrolle über meinen Geist und Körper.

»Denver, das kannst du nicht machen.«

»Sei leise.« Die Stimme klingt dunkel und kalt.

Ein schwaches Wimmern ertönt. Automatisch schießen Blitze durch meinen Körper, erhitzen die tauben Stellen. Cara.

Langsam blinzle ich wieder. Mit jeder verstreichenden Sekunde wird die Wirklichkeit klarer. Meine Schwester steht direkt vor mir. Sie hat die Schultern eingezogen und ihre Arme eng um den zierlichen Körper geschlungen. Als sie sich zu mir umdreht, zittert ihre Unterlippe. Angst steht ihr in das zarte Gesicht geschrieben. Ihre Handgelenke sind feuerrot.

Kaum merklich schüttelt sie mit dem Kopf.

Doch ich komme ihrer stummen Aufforderung nicht nach. Endlich spüre ich meine Gliedmaßen wieder. Quälend richte ich mich auf und erkenne unter hektischen Atemzügen drei Gestalten am anderen Ende des Raumes. Belle. Das Mädchen, das mich aus irgendeinem psychotischen Grund unter Drogen gesetzt hat. Sofort blicke ich wieder zu Caras geschwollenen Händen. Mein Herz setzt aus. Scharf ziehe ich die Luft ein und mustere die beiden Männer neben Caras blonder Mitbewohnerin. Ihre Mienen sind starr, die Haltung selbstsicher. Überheblichkeit schwebt wie eine dunkle Wolke um ihre breiten Schultern.

»Wer von euch hat sie angefasst?« Meine Stimme ist heiser.

Jetzt sind alle Augenpaare auf mich gerichtet, scheinen sich regelrecht durch mich hindurch zu bohren.

»Wer von euch hat sie angefasst?«, wiederhole ich lauter und bin von der tiefen Abscheu, den mein Tonfall vermittelt, selbst überrascht.

»Schlaf weiter, Süße«, sagt einer von ihnen, klingt sichtlich genervt. Seine Haare sind dunkelbraun und fallen ihm in einigen unordentlichen Strähnen über die Stirn, seine Kieferknochen sind scharf wie Messer. Mein Herz hämmert gegen die Brust. Sofort erkenne ich ihn.

Jax.

Augenblicklich springe ich auf. Für einen kurzen Moment wird mir schwarz vor Augen, Dunkelheit droht mich einzuhüllen. Doch das Adrenalin rauscht zu sehr durch meinen Körper, als dass es mich hätte aufhalten können. Mit drei Schritten bin ich bei ihm und starre wütend in seine intensiven Augen. Mein ganzer Körper steht unter Strom. Gleichzeitig versuche ich krampfhaft, nicht zusammen zu brechen und damit jede Chance auf Vergeltung zu verlieren.

»Schöner Tanga. Spitze. Gefällt mir.« Sein linker Mundwinkel zuckt.

Meine Hand rutscht aus und verpasst ihm eine gewaltige Ohrfeige. Das provokante Grinsen, das sich daraufhin auf seinem kantigen Gesicht ausbreitet, jagt einen Pfeil direkt in mein Herz. Mir wird heiß und kalt zugleich.

To Be Ruined By YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt