Prolog

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Wir laufen durch den Wald, falls man ihn noch als Wald bezeichnen kann. Das Gras ist komplett vertrocknet und die Luft quälend feucht, wie in den Tropen. Izzy läuft vorne, ohne zu berücksichtigen, das mein linker Fuß so gut wie gebrochen ist. Ich humple mit Mühe hinter Chris und Marc her. Keine Ahnung, wie lange wir das noch aushalten wollen. Endlich kommen wir auf die Lichtung. Die Lichtung, an der wir vier uns letztes Jahr kennengelernt haben. Seitdem sind wir quasi unzertrennlich und fahren hier oft hin um zu picknicken. Manchmal komme ich mir allerdings etwas ausgegrenzt vor. Izzy steht immer im Mittelpunkt, und hat sich im Prinzip selbst zur Anführerin erklärt. Nebenbei ist sie auch meine beste Freundin, und ich würde mich am liebsten selbst ohrfeigen dafür, dass ich sie beneide.

Chris klopft vorsichtig auf das Gras. "Ziemlich trocken, allerdings absolut ungefährlich", bemerkt er. Okay, ich hatte ihn gefragt, ob es nicht etwas zu trocken ist. Keine Ahnung, wie schnell Gras bei derartigen Temperaturen brennt. Man weiß ja nie. Marc breitet unsere Picknickdecke aus. Er stellt ein paar Gläser in das Gras neben uns und kramt in dem Korb, wahrscheinlich um unser Besteck rauszuholen, aber ich konzentriere mich nicht darauf. Stattdessen schließe ich mein Headset an und versinke in der Musik.
Dann höre ich plötzlich Izzys schrillen Schrei.
Ich sehe auf und ein Hitzewall dringt mir entgegen. Vor meinen Augen wird das Gras von Flammen verschlungen, die in wahnsinniger, bedrohlicher Geschwindigkeit auf uns zuschnellen. Ich will aufstehen, doch es gelingt mir nicht. Mein Fuß schmerzt zu sehr. Meine Krücken. Scheiße. Die hat Marc. "Meine Krücken!", rufe ich panisch. Doch wahrscheinlich hören sie mich gar nicht mehr. Ich höre nur ihre entfernten Schritte und spüre die Hitze, die immer näher kommt. Tränen überfließen mein Gesicht während ich versuche, mich irgendwie vor zu robben.
"BITTE HELFT MIR! BITTE!", Schreie ich, oder ich schluchze. Niemand hört mich. Das Gefühl in mir ist unbeschreiblich. Ich weiß, dass ich das nicht schaffe.
Es ist vorbei.
Nein.
Nein!
NEIN!
"Warum tust du mir das an, Gott? WARUM? ICH HASSE DICH!", schreie ich.
Ich spüre Schmerzen, so stark, das ich das Gefühl habe in Zeitlupe gehenkt zu werden, oder zerstückelt, was weiß ich.
Und dann wird alles schwarz.
Es ist aus.
Für immer.

Rache kann tödlich seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt