Kapitel 1

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Ja, ich bin tot.

Schon seit sechzehn Jahren. Ich bin noch auf dieser Welt, keiner sieht mich, und ich kann nicht sprechen. Es ist ein beschissenes Gefühl halbtot zu sein. Ich weiß, dass ich noch nicht richtig tot sein kann. Ich muss erst abschließen mit ihnen. Mit denen, die mich im Stich gelassen haben und die sich meine besten Freunde nannten. Und mir ist egal wie, aber ich werde ihnen alles nehmen, zuletzt ihr Leben. Ich muss.

Und wer auch immer diese Scheiße erfunden hat, mit "Geister können schweben und durch Wände gehen", hat sich gewaltig geirrt. Ich habs ausprobiert, und die Beule an meiner Stirn tut sehr weh. Mal so von wegen Geister seien gefühlslos. Ich fühle mich genauso wie vor meinem Tod, außer das ich mich wegen nichts schämen muss oder so. Ich könnte mich bei Mc Donalds auf einen Tisch stellen und Zumba tanzen, während ich My Heart Will Go On singe, niemand würde lachen. Weil sie mich ja weder sehen noch hören können.

Es hatte ziemlich lange gedauert bis ich wusste, wie ich als Geist zurechtkommen konnte. Und noch viel länger um herauszufinden, wo ich meine ehemaligen Freunde finden kann.

Chris Putnam lebt auf dem Land, mit seiner Frau Lauren und seinen Töchtern Meryl, sechs Jahre alt, und Nelly, vier Jahre alt.

Ich weiß es dank Google. Den Laptop hatte ich in der Bibliothek benutzt, und alle fanden es ziemlich gruselig, das dieser sich selbst bediente.

Izabel wohnt in einem Luxusapartment in New York City, ist berühmte Schauspielerin und single. Izzy. Passt nicht wirklich.

Und Marc Jenner hat endlich eine Freundin abbekommen, Crystal, aber keine Ahnung, wie lange sie noch zusammenbleiben, wenn ich da bin.

Ich habe es mir alles perfekt ausgemalt. Ich will, dass sie qualvoll und in Verzweiflung sterben, so wie ich. Ich will es sehen, wie sie verzweifeln und ihnen der Angstschweiß übers Gesicht rinnt. Und wie sie alles verlieren, was ihnen wichtig ist.

Und dann soll die Welt wissen, wer an meinem Tod wirklich Schuld ist. In den Zeitungen konnte man lesen, das ich alleine im Wald unterwegs war, wahrscheinlich um meinen Fuß etwas zu trainieren. Das ich unachtsam war, als ich die Gläser in die Sonne stellte, die als Brandglas perfekt funktionierten.

Und das alles ist nicht wahr, und es tut mir so weh, das meine Mom das denkt. Das ich sie nur enttäuschen konnte, weil sie glaubt, ich wäre unachtsam gewesen.

Marc, Izzy und Chris wurden natürlich als meine besten Freunde auch gefragt, ob sie eine Ahnung hätten, warum ich in den Wald gegangen war. Sie erzählten genau diese Lügen, die die Zeitungen fett präsentierten.

Rache kann tödlich seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt