Planung und Steuerung von Handlungen

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Handeln besteht in der Ausführung zielgerichteter Bewegungen. Es gibt zwei Möglichkeiten zur Steuerung zielgerichteter Bewegungen: Regelung und Programmsteuerung.

Regelung als Steuerung zielgerichteter Bewegungen setzt einen geschlossenen Regelkreislauf voraus. Ein Regelprozess reduziert die wahrgenommene Abweichung zwischen einem Soll- und einem Ist-wert. Ein Regelkreis besitzt eine Rückkopplung (Feedback) und ist für seine Funktion auf Rückmeldung angewiesen. Die Verfügbarkeit von Rückmeldung sollte die Handlungssteuerung erleichtern. Dazu führten Keele & Posner 1968 eine Studie durch, die zeigte, dass bei Bewegungszeiten über ca. 200ms visuelle Information die Genauigkeit der Bewegung verbesserte. Bei kürzere Zeit bringt visuelles Feedback nicht/eher Nachteile, da die Verarbeitung Zeit braucht.

Bei der Programmsteuerung wird die Bewegung vor Bewegungsbeginn programmiert und ohne die Nutzung von Rückmeldung ausgeführt. Es gibt keinen geschlossenen Regelkreis, es geht nur in eine Richtung. Es gibt zwei Klassen von empirischen Belegen für die Annahme von der Bereitstellung motorischer Kommandos vor Bewegungsbeginn: (1) Antizipationseffekte: Im Verlauf von Handlungen zeigen sich Anzeichen für die Antizipation eines späteren Handlungsabschnitts (z.B. systematische Lautvertauschung bei Sprachproduktion) ; (2) Komplexitivitätseffekte: systematische Beziehung zwischen der Komplexitivität einer Handlung und der Planungsdauer (z.B. steigt die Reaktionszeit mit der Zahl zu sprechender Silben, zu tippender Tasten). Es gibt außerdem Belege dafür, dass Bewegungsausführung ohne sensorische Rückmeldung möglich ist. So war ein Patient mit totaler Unempfindlichkeit im Knie dazu in der Lage, den Unterschenkel zu bewegen. Eine Eigenschaft motorischer Programme ist, dass sie muskelspezifische Repräsentationen von Bewegungsmerkmalen sind. Die Veränderung eines Muskelparameters erfordert bereits ein neues Programm. Diese Vorstellung wurde jedoch kritisiert, da sie sehr unflexible Strukturen hat, einen extrem hohen Speicherbedarf, das motorische Lernen erheblich erschwert und es unplausibel ist, dass jede leicht abgeänderte Bewegung ein neues Programm hat.

Daher kam die Theorie von motorischen Schemata auf. Ein Motorisches Schemata besteht aus einer Konstanten und einem Parameter. Die Konstante ist das invariante Merkmal von Bewegungen und der Parameter das variable Merkmal von Bewegungen. Dann funktioniert die Handlungsplanung so, dass ein motorisches Schema ausgewählt wird und es dann zu einer situationsabhängigen Spezifikation der Bewegungsparameter kommt.

Ist die unabhängige Programmierung verschiedener Bewegungsparameter möglich? David Rosenbaum führte 1980 eine Studie mit der Methode der Vorinformation durch. Mit Vorinformationen werden Reaktionszeiten tatsächlich verkürzt. Offene Parameter können schon vor der Ausführung festgesetzt werden, womit die Handlung schneller abläuft. Mögliche Erklärungen für diese Ergebnisse sind, dass einzelne Parameter einer Handlung bereits unabhängig voneinander programmiert werden können. Die Vorinformation engt die Anzahl möglicher Reize ein und erleichtert dadurch die Reizverarbeitung. Eine zweite Studie zeigte, dass Wahrnehmung als reaktionszeitbeschleunigender Faktor dient, wenn man valide Hinweisreize erhält. Daraus lässt sich schließen, dass Vorinformationen die unabhängige Programmierung verschiedener Parameter vor Bewegungsbeginn erlauben. Falsch vorprogrammierte Parameter müssen nach Bewegungsbeginn unprogrammiert werden. Das zeigt, dass motorische Programme keine monolithischen Einheiten, sondern flexible Kontrollstrukturen sind.

Es gibt Evidenz für Regelungsprozesse und Programmsteuerung. Daher stellt sich die Frage, ob die beiden Mechanismen unabhängig voneinander arbeiten oder sich gegenseitig ergänzen. Dies wurde durch die douple-step-Methode erforscht. Dabei hat man festgestellt, dass vorab nur die wesentlichen Aspekte von Handlungen programmiert werden. Die nähere Ausgestaltung der Programme wird dann untergeordneten sensomotorischen Schleifen überlassen. Die Mechanismen arbeiten also zusammen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Regelprozesse und Programmsteuerung sind zwei Möglichkeiten der Kontrolle von Handlungen. Regelprozesse sind auf Feedback angewiesen und reduzieren die Differenz zwischen Ist- und Sollwert. Programmsteuerung benötigt kein Feedback, sondern spult ein vorab erstelltes Programm ab. Vorinformation erlaubt die unabhängige Programmierung einzelner Bewegungsparameter. In vielen Fällen arbeiten Programmsteuerung und Regelungsprozesse zusammen.

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