Li
Ich schließe die hölzerne Tür hinter mir und somit auch mit meinem alten Leben ab. Mit ihr. Jetzt gibt es nur noch mich, ihn, uns. Unsere Liebe. Jetzt kann ich endlich mein neues Leben anfangen, zusammen mit ihm die Welt erobern.
Jonah stellt den Karton mit meinen Winterklamotten, die ich zurzeit sowieso nicht brauche, auf den Boden und lächelt mich an. Wenn ich ihm nicht schon komplett verfallen wäre, würde ich jetzt sagen, dass ich mich in sein Lächeln verliebe. Aber mein Herz gehört ihm schon gänzlich. Dafür verliebe ich mich in sein Haus. Nein, unser Haus. Sein und mein Haus. Es riecht nach altem Holz und neuen Möglichkeiten, und kurz nehme ich mir einen Moment, um das in mich aufzunehmen. Es ist nicht so, dass ich noch nie hier war. Aber jetzt ist es eben...anders. Ich bin kein Besucher mehr. Ich gehöre hierhin. Es ist jetzt meins.
»Das ist dann alles, denk ich«, meint er und setzt sich auf die Couch, woraufhin ich mich sofort neben ihn pflanze. Er zieht mich auf seinen Schoß und ich lehne mich gegen ihn, genieße es, einfach nur neben ihm existieren zu können. Friedlich. Ohne sie, ohne Probleme, ohne irgendwen sonst. Nur wir zwei.
»Danke«, sage ich, leise, sanft, und ich meine es so. Ich bin ihm so schrecklich dankbar, für alles, was er schon für mich getan hat. Die Tage, an denen er mich irgendwo hingebracht hat, mir für ein paar Stunden eine Welt ohne sie gezeigt hat.
»Wofür?« Er legt den Arm um mich, was mir das Gefühl gibt, endlich Zuhause zu sein. Jonahs Arme sind mein Zuhause und ich werde niemals wieder ausziehen.
»Einfach für alles. Ohne dich wäre ich verloren.« Ich sehe ihm in die Augen und kann mich nicht daran erinnern, wie ich je ohne sie überlebt habe. Sie erinnern mich immer an den Himmel, wenn keine Wolken zu sehen sind. An meine liebste Jeansjacke, die eigentlich mal ihm gehört hat. Ein bisschen an das Wasser des Bleibtreusees, an den wir mal zusammen gefahren sind. Wir sind schwimmen gegangen und haben Eis gegessen und gelacht und uns geliebt. Nun ja, er hat Eis gegessen. Ich habe mich auf Wasser beschränkt. Er hat gesagt, Eis brauche ich nicht, und wahrscheinlich hat er Recht gehabt. Hat er immer. Er hat gescherzt, dass der Name des Sees ziemlich gut passt, weil ich ihm doch bitte auch immer treu bleiben soll, und ich habe gelacht und es ihm versprochen und ihn geküsst und alles war so schön.
»Ich liebe dich«, flüstere ich und lege die Hand auf seinem Oberschenkel ab.
»Mhm«, macht er und das nehme ich als ein Ich dich auch. Jonah ist noch nie ein Mann vieler Worte gewesen, aber wir können einander auch im Stillen lieben. Ich küsse ihn und lächle gegen seine Lippen, wünsche mir, nie auch nur eine einzige Sekunde ohne den Geschmack seiner Lippen verbringen zu müssen.
»Li«, murmelt er gegen meine Wange und atmet mir dabei gegen die Haut. Ich kann jeden seiner Atemzüge hören, und spüren, und Scheiße, wie gut es tut, ihm so nah zu sein.
»Machst du mir'n Sandwich?«, fragt er nun und fährt sanft über meinen Arm, was mir eine Gänsehaut bereitet. »Bitte.«
»Ähm...klar.« Ich habe eigentlich was anderes erwartet. Was Romantisches vielleicht. Andererseits sieht Jonah beim Essen echt süß aus, also ist das schon okay. Es ist romantisch genug, dass er mich bei sich leben lässt.
»Bist die beste.« Er strahlt und schiebt mich von seinem Schoß runter. Ich küsse ihn nochmal, bevor ich aufstehe und in die Küche verschwinde.
»Mayo oder Senf?«, rufe ich in seine Richtung, während ich Brot aus dem Kühlschrank hole.
»Ich mag Senf auf Sandwiches nicht, das solltest du eigentlich wissen.« Er klingt kühl.
»Tut mir leid.«
»Entschuldig' dich nicht immer so viel.«
Ich setze an, mich zu entschuldigen, schließe den Mund aber wieder.
DU LIEST GERADE
The Loved Ones
Teen FictionLi stammt aus einem zerrütteten Elternhaus. Ihr geliebter Vater starb schon früh und ihre Mutter ertränkte ihren Verlust und Selbsthass in Alkohol und Prügelstrafen. Nur ihr bester Freund Corey ist ein kleiner Hoffnungsschimmer in dieser dunklen Zei...