Besenritt

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Besenritt

Aurelia hatte lange Angst gehabt, sie würde in Hogwarts keinen Anschluss finden, so wie damals in der Muggelschule, wo sie oft als Freak bezeichnet wurde, nur weil sie irgendwie merkwürdig war. Doch stattdessen war sie sogar relativ beliebt in ihrem Haus und ziemlich gut in den meisten Fächern. Sogar ihr Vater hatte sie für einen Moment beiseite genommen, um ihr indirekt zu gratulieren. ‚Deine Mutter wäre stolz auf dich gewesen.', hatte er gesagt, aber bevor Aurelia versuchen konnte, ihm noch mehr zu diesem Thema zu entlocken, lenkte er wieder davon ab und ermahnte sie noch einmal, ja nicht zu viel Mist zu bauen. Er hatte wohl auf die Weasley Zwillinge angespielt.
Nur ihrer neuen Slytherin Rivalin Travers konnte sie es irgendwie nicht recht machen. Die andere hatte sich seit Verteidigung gegen die dunklen Künste ziemlich auf Aurelia versteift und ihr selbst ging das ganz schön auf die Nerven. Ständig hackte sie auf der Schwarzhaarigen rum und sagte ihr, dass sie keine Briefe bekam, weil ihre Familie sie nicht mochte oder sie griff Tectus Sprüche auf und erklärte ihr, dass sie weniger wert war als einhundert Kröten zusammen. Nur im Zaubertrank Unterricht traute Travers sich nicht, Aurelia dumme Sprüche zu drücken. Jeder wusste, dass sie Snapes Lieblingsschülerin war und plötzlich tat ihr der Grund dafür gar nicht mehr so leid.
Doch als die dann erfuhr, dass sie auch noch die Flugstunden mit den Slytherins haben würden, brachte es das Fass zum Überlaufen. Sie stand noch vor dem schwarzen Brett, als sie genervt stöhnend auf Fred und George zugingen und diese ihr mitfühlend den Kopf tätschelten. „na, na, na, das wird schon.", sagte Fred und Aurelia seufzte. „Ich hasse dieses Mädchen.", klagte sie und George kippelte in seinem Stuhl etwas nach hinten, bevor er meinte: „Wenn sie dich zu sehr nervt, sag uns Bescheid und wir lassen uns was lustiges einfallen." Er grinste, aber Aurelia winkte ab. „Nene, lass mal, ich schaff das schon." Danach machte sie sich auf dem weg, um Nyra beim Frühstück zu treffen, die etwas verwunderten Zwillinge hinter sich lassend. Sie würde es Travers ja gerne zeigen, aber sie musste einfach immer im Hinterkopf behalten, dass ihr Vater der Hauslehrer von Slytherin war...
Gerade als Aurelia die Große Halle betreten wollte, kam Travers ihr entgegen und mit einem gehässigen grinsen, stieß sie Aurelia an, während Fone ihr lachend folgte. Aurelia richtete ihre Brille, die ihr ein wenig von der Nase gerutscht war und biss ihre Zähne zusammen, dann drehte sie sich um und sah Travers an. „Was ist eigentlich dein Problem?!", fragte Aurelia wütend und ballte ihre Hände zu Fäusten. Travers und ihre Freundin drehten sich um und das Mädchen spielte ein wenig nachdenklich. „Weis nicht Glace, irgendwie gefällt mir deine Nase nicht. Aber vielleicht ist es ja auch dein Bodenloses versagen in Verteidigung gegen die dunklen Künste-" „Ach hör doch auf!", verlangte Aurelia, dann meinte sie: „Du bist doch nur neidisch, dass ich besser in Zaubertränke bin und Snape deine Arbeit nicht mal wirklich beachtet, obwohl ich eine Gryffindor bin!" „Pfft, neidisch, auf dich? Das ist echt witzig, weil wie ich mitbekommen hab, wolltest du doch eigentlich lieber nach Slytherin, oder nicht?" Travers verschränkte die Arme vor der Brust und geschockt sah Aurelia sie an. Woher wusste sie das? Aurelia hatte das doch nur Fred und George erzählt und die würden das nicht weiterverbreiten, oder doch? „Erwischt.", Travers grinste. „Ich bin also das, was du sein wolltest und jetzt hältst du dich für was Besseres? Nicht mal deine Familie findet, dass du etwas wert bist, sonst würden sie dir schließlich schreiben. Oder sind sie etwa nur dreckige Muggel?" „Der war gut Mary.", lachte Miranda Fone und Aurelia wurde es etwas zu viel und ehe sie wusste, was sie tat, hatte sie den Zauberstab auf Travers gerichtet und mit wütender Miene starrte sie sie an. Aber bevor mehr passieren konnte, war Nyra schnell aus der Halle gestürmt und drückte Aurelias Arm runter. „Keine gute Idee... Die ist es nicht wert, dass du ärger kriegst.", sagte sie schnell und Aurelia seufzte. „Du hast recht." „ohh, machst du jetzt einen Rückzieher? Du bist ein richtig feiges Huhn, nic-" aber bevor Travers ihren Satz beenden konnte hatte Aurelia ihr auf die Nase geboxt, damit sie endlich ruhig war und drehte sich um, um endlich frühstücken zu gehen. Nyra musste tatsächlich leicht kichern, damit hatte Travers nicht gerechnet, aber Aurelia wusste auch, dass sie das vermutlich bereuen würde, denn bevor sie ganz in der Halle drin war, hörte sie die Brünette zu ihrer Freundin sagen, dass Aurelia ja sehen würde, wie lange sie sich heute auf dem Besen halten würde.
Im Zaubertränke Unterricht spürte sie Travers gehässigen Blick förmlich in ihrem Nacken, aber sie versuchte ihr bestes das zu ignorieren und sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Es reichte schon, dass sie durch die Slytherin so viele Probleme in Verteidigung gegen die dunklen Künste hatte, aber in Zaubertränke sollte sie nach Möglichkeit genauso gut bleiben, wie sie war. Sie sollten einen Zaubertrank gegen Furunkel brauen, und da Aurelia das Rezept erst vor kurzem ein wenig näher studiert hatte wusste sie, dass zwölf, statt zehn Gramm Nesseln helfen konnten, dass der Zaubertrank mit geringerer Wahrscheinlichkeit explodierte und, dass man die Stachelschweinpastillen am besten erst dann reinwarf, wenn der Kessel drei Minuten vom Feuer war. Somit hatte sie auch in dieser Stunde ein Makelloses Ergebnis und erfreute sich an dem unzufriedenen Blick von Travers, als sie die Kerker verließen.
„Wie machst du das immer?", fragte Nyra erstaunt und sah Aurelia an. „Ich lese viele Bücher, da findet man viel über die neusten Entdeckungen der Zaubertrankbrauerei. Und wenn man selbst viel rumprobiert, findet man noch mehr heraus.", erklärte Aurelia begeistert, bevor sie sich mit Nyra darüber unterhielt, dass die andere dafür sehr gut in Kräuterkunde war.
Nach dem regulären Unterricht kam schließlich die Flugstunde, auf die Aurelia sich trotz der Vorkommnisse freute. Sie wollte endlich wissen wie es war, zu fliegen. Die meisten Kinder von Zauberer Eltern hatten schon einmal einen Besen bestiegen, aber Aurelia wurde dieses Erlebnis irgendwie vorenthalten, trotz ihrer Faszination für Quidditch. Ihr Vater hatte sich anscheinend nicht sehr wohl mit dem Gedanken gefühlt, seine Tochter könne vom Lernen abgelenkt sein. Das jedenfalls hatte Aurelia sich dabei gedacht.
Die Stunde fing an, indem sie von einer Lehrerin, mit kurzem, ergrautem Haar und Augen, so gelb wie ein Falke, auf dem Trainingsgelände begrüßt wurden. rechts und links von ihr lag jeweils eine Reihe Besen. „Stellt euch neben die Besen.", blaffte die strenge Lehrerin und jeder Schüler stellte sich an einen der aufgereihten Besen. Aurelia schaute zu ihrem Besen hinunter. Er sah sogar relativ ordentlich aus, dafür, dass sich Fred und George immer über ihren Zustand beschwerten. „Und jetzt streckt ihr eure Hand über den Besenstiel aus und sagt hoch!"
„HOCH", sagten alle und Aurelia Zuckte zusammen. Sie hatte nicht erwartet, dass der Besen sofort in ihre Hand schnellen würde, doch sie grinste und schaute sich um. Nyras Besen zuckte nur, während der von McBeth ebenfalls direkt in seiner Hand gelandet war. Aurelia packte die Begeisterung und sie fühlte, wie sie durch ihren Körper strömten, sie konnte es kaum noch erwarten, es auszuprobieren! Madam Hooch zeigte den Schülern, wie sie sich auf den Besenstiel setzten, ohne, dass sie nach hinten abrutschten. Danach überprüften sie die Griffe der Schüler um die Stiele. Bletchley war förmlich ein Naturtalent, weshalb sich der Slytherin gleich damit brüstete, keine Fehler gemacht zu haben. Travers hingegen war nicht gerade geübt darin, sich an einem fliegenden Besen festzuhalten.
„Ich werde jetzt gleich pfeifen und dann werdet ihr euch kräftig vom Boden abstoßen. Ihr verweilt dann einen Moment oben in der Luft, lehnt euch leicht nach vorne und kommt dann wieder runter." Alle gemeinsam nickten sie, selbst wenn Andrew Kirke nicht so begeistert aussah, doch auch der Gryffindor schien es probieren zu wollen. „So, drei, zwei, eins-" und die pfeife ertönte. Alle Besen stiegen auf einmal in die Lüfte, einige sicher, die meisten jedoch eher unbehaglich und ein wenig wackelig.
Aurelia jedenfalls, durchfuhr eine Art Glücksgefühl, wie sie es noch nie gefühlt hatte. Fliegen war leicht! Und es war großartig, also stieg sie immer weiter auf, bis sie einen Moment in der Luft verharrte. Sie lächelte kurz zu McBeth herüber, der zwar etwas wackelig, aber begeistert in die Lüfte stieg. Doch als er sie sah, hob er skeptisch eine Augenbraue und schaute dann wieder wo anders hin. Aurelia seufzte, dann lehnte sie sich leicht nach vorne, um ein paar Meter geradeaus zu fliegen. Danach versuchte sie wieder an zu halten, doch der Besen schien ihr nicht gehorchen zu wollen, er flog einfach weiter geradeaus und wurde dabei auch noch immer schneller. Aurelia hatte keine Kontrolle mehr und keiner konnte ahnen, was gleich passieren würde.
„Miss Glace, kommen sie sofort wieder runter!" Doch es war schon zu spät, Aurelia sah die Mauern bereits näherkommen und schnell hob sie ihre Arme, um ihr Gesicht vor dem Aufprall zu schützen, dann krachte es auch schon und sie stürzte vom Besen. Dass ihr Sturz abgefedert wurde, hatte sie schon nicht mehr mitbekommen, bei Bewusstsein war sie nämlich erst wieder, als sie im Krankenflügel aufwachte.

Aurelia Snape und der Nekromant in der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt