Prolog

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Es ruckelte. Andauernd fiel ich gegen andere. Der Bus fuhr, als ob er auf der Flucht wär, durch die Straßen Münchens. Hatte der Fahrer überhaupt jemals eine Fahrschule besucht? Gerade überfuhr er ein Stopschild, nur um dann in der nächsten Sekunde eine scharfe Rechtskurve, in vollem Tempo, zu fahren. Das führte dazu, dass ich gegen die Frau links von mir praktisch geschleudert wurde. Sie gab einen kurzen Aufschrei des Erstaunens von sich, doch lächelte mich höflich an, weshalb ich davon ausging, dass sie es verstand.
"Nächster Halt, Marienplatz.", informierte eine männliche Computerstimme.
Ich drückte nicht auf den Stopknopf, weil ich wusste, dass der Bus halten würde. Das tut er immer.
Kurz darauf waren wir angekommen und die Türen öffneten sich und ich wurde einfach von dem Strom von Menschen mitgetragen. Jedesmal um diese Uhrzeit war der Bus so überfüllt, dass an der zweiten Haltestelle keine weiteren Personen mehr reinpassen.
"Hey, man!", sagte eine Stimme vor mir. Es war Nathan. Wir kannten uns seit 5 Jahren und verstanden uns eigentlich ganz gut.
Er kam auf mich zu und wir ließen die Hände in einander klatschen.
"Was geht?", fragte ich.
"Wir wollten heute Abend in den neuen Club. Lisa war da noch nicht. Wie siehts aus?"
Club oder Eltern? Definitiv Club.
"Du kennst mich doch."
Er lachte.
"David!", schrie Lisa und winkte wild mit den Armen. Manchmal war sie richtig nervig. Nein eigentlich die meiste Zeit, aber trotzdem mochte ich sie irgendwie.
Nathan und ich gingen zu Lisa und unsere anderen Freunden, die an einer der Skulpturen herumlungerten.
Einige von ihnen waren wie üblich betrunken, doch noch nüchtern genug um mich freudig zu begrüßen.
Ich stand noch nicht lange hier, als ich meinen Blick einmal über den Platz schweifen ließ. Einige Chinesen standen wild fotografierend vor der Kirche, als ob sie noch nie in ihrem Leben was vergleichbares gesehen hatten. Ansonsten sah ich eine Schulklasse, die sich offenbar gerade eine Führung antat. Und dann, als ich meinen Blick zu den Punkern schweifen ließ, sah ich sie.
Melina. Sie telefonierte gerade und fuhr sich hektisch durch die Haare. Offenbar beunruhigte sie das Gespräch.
Melina war meine Ex-Freundin. Ich hatte mit ihr vor nichtmal einem Monat schluss gemacht, obwohl ich sie geliebt hatte. Eigentlich sollte mich ja gar nicht interessieren worum es da geht, aber es scheint sie doch ziemlich zu beunruhigen.
Sie drehte sich direkt in meine Richtung und unsere Blicke trafen sich. Ich hatte das Gefühl, etwas trauriges in ihrem Blick zu sehen.
Sie sagte noch etwas und legte dann auf. Ich drehte mich schnell weg. Es ging mich nichts an.
"Ist doch so, oder?", sagte jemand lachend. Es war Nathan, aber ich hatte nicht zugehört worum es ging.
"Was?"
"Na, dass du dem Vogel einfach eiskalt im die Augen blickend gesagt hast, dass es dich einen Scheiß interessiert."
Welchem Vogel? Ach ja, mein Physiklehrer. Ich lachte. "Ja man, ihr hättet seinen Blick sehen sollen. So richtig ungläubig.", ich ahmte ihn nach und die anderen lachten.
Nathan begann von irgendwas von einem Mädchen zu erzählen, doch ich hörte wieder gar nicht zu. Unwillkürlich musste ich mich einfach zu ihr umdrehen. Sie saß da mit einigen Punks und starrte vor sich hin, als sie plötzlich ihren rechten Arm hob und die Zigarette die sie in der Hand hatte zum Mund führte. Seit wann rauchte sie? Sie meinte immer, dass sie niemals rauchen würde, weil ihr Vater daran gestorben sei. Doch jetzt saß sie dort genüsslich den Rauch ausatment. Irgendetwas stimmte definitiv nicht. Doch es ging mich nichts an.
Gerade als ich mich umdrehen wollte, fuhr ein Polizeiauto auf den Platz und hielt genau vor ihnen. Zwei Polizisten stiegen aus und liefen genau auf sie zu. Jetzt wurde sie auch aufmerksam und folgte den Polizisten, nach einer kurzen Unterhaltung, zum Auto. Sie bedeuteten ihr einzusteigen, doch sie wollte anscheinend nicht. Nach einer kurzen Diskussion, sagte auf Einmal keiner mehr was. Schließlich begann einer. Sein Gesichtsausdruck, war voller Mitleid, doch ich achtete gar nicht darauf. Ich sah nur, wie sie zusammensank, in die Hocke ging, ihr Gesicht in ihren Händen vergraben. Einer der Polizisten legte ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter, doch sie schob sie einfach weg und sagte etwas, woraufhin die Polizisten wieder in ihr Auto einstigen und wegfuhren.
Melina zückte ihr Handy und rief jemanden an. Ich würde zugerne wissen was da los ist. Doch ich rief mir wieder in den Kopf, dass sie meine Ex ist und mich nichts angeht, also hörte ich wieder meinen Freunden zu, die sich immer noch über das eine Mädchen unterhielten.

Angle of view - Zwei BlinkwinkelWhere stories live. Discover now