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>>Man soll die Dinge so nehmen, wie sie kommen.
Aber man soll auch dafür sorgen, dass die Dinge so kommen,
wie man sie nehmen möchte. <<

-Curt Goetz-

Zu meinem eigenen Bedauern muss ich zugeben, dass ich normalerweise eine der Personen war, die auf Partys mehr tranken, als sie vertrugen. Ich war nicht diejenige die nüchtern auf ihre besoffenen Freunde aufpasste, aber auch niemand der am Ende des Abends, Nacht auf dem Tisch tanzte.

Ich war eher die Person, die einen Becher leichten Alkohol trank, um besser drauf zu sein, dann aber leichtsinnig wurde und immer mehr Becher in sich hinein kippte, bis ich aufs Klo ging und realisierte, wie viel ich schon getrunken hatte.

So war es auch jetzt. Nachdem ich den Becher Hugo und den zweiten Becher, den Kian mir gegeben hatte, ausgetrunken habe, war ich viel lockerer und ausgelassener. Kian und ich liefen bestimmt sieben Mal in einer Stunde zur bar und besorgten uns etwas Neues zum Trinken. 

Ich trank immer nur das was er trank und immer in der gleichen Menge. Kian schien einer von den Jungs zu sein, die genau wussten, wieviel Alkohol gut war und ich dachte, was er vertrug vertrage ich auch. Nun, ich hatte mich getäuscht. Anscheinend konnte sein Körper viel mehr wegstecken als meiner.

Nach etwa drei Stunden war mir ziemlich schwindelig und irgendwie schlecht. Ich saß auf der Couch im Wohnzimmer zwischen Kian und Gale gequetscht und wir spielten dieses behinderte Spiel Ich hab noch nie, wo man immer etwas trinken musste, wenn man das gesagte schon mal getan hatte.

Anfangs waren die Fragen harmlos gewesen, aber mittlerweile waren sie einfach nur noch unangenehm und das meiste wollte ich gar nicht wissen.

„Ich hab mich noch nie beim Sex gefilmt." Rief gerade ein Mädchen und begann gleich darauf mit ihrer Freundin hysterisch zu lachen.

Ich verzog das Gesicht, als ich bemerkte, dass mehr Menschen an ihren Bechern nippten als ich erwartete hatte.

Ich spürte ein ungutes Gefühl im Magen und mir war ein wenig schwindelig. Mir war bewusst, dass ich mich gegen Kian lehnte, aber es war mir auch egal, denn ich war so unheimlich müde und erschöpft. Mein Hals war trocken und ich stöhnte auf, weil ich nicht an meinen Becher kam, ohne mich zu bewegen. Schwermütig lehnte ich mich vor und als ich ihn endlich hatte, entschloss ich mich innerlich, ihn nie wieder loszulassen.

Er nachdem ich einen Schluck von dem Wasser (ja Wasser) genommen hatte und mich wieder zurücklehnte, bemerkte ich, dass ein paar Leute aus dem Kreis mich anstarrten. Verwirrt sah ich zu Gale und dann zu Kian. Zweiterer sah überrascht und irgendwie amüsiert und zerknirscht zugleich aus.

„Wasch is?" nuschelte ich verwirrt.

Kian schluckte „Du hast getrunken."

Ich sah auf den Becher, dann wieder in sein Gesicht. Ich verstand gar nichts.

„Amber sagte; ich habe mich noch nie beim sex gefilmt. Und dann hast du getrunken." Er nickte zum Becher.

Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren und als dann endlich auch der Groschen bei mir viel wurde ich wieder rot. Schnell schüttelte ich den Kopf. Ich sah Kian an. „Nein." Kicherte ich, dann drehte ich mich auch zu den anderen „Nein, nicht deshalb. Ischab getrunkn, weil isch durs habe."

Die anderen schwiegen einen Moment, dann lachten sie teilweise erleichtert. Vielleicht wirkte ich zu unschuldig...

Mit einem herzhaften Gähnen lehnte ich mich wieder an Kian. Er hob daraufhin einen Arm, den er dann um meine Schulter legte.

„Alles okay?" fragte er leise und ich meinte ein wenig Besorgnis aus seiner Stimme zu entnehmen.

Ich grummelte nur etwas und dann drehte ich mein Gesicht und vergrub es an seinem Shirt.

Alles drehte sich und ich musste für einen Moment die Augen schließen.

Eigentlich musste ich auch mal auf die Toilette, aber ich wollte nicht aufstehen, weil ich aus Erfahrung wusste, dass mir dann noch schwindeliger werden würde.

Je mehr Zeit jedoch verging, desto deutlicher drückte meine Blase und da ich mir nicht in die Hose machen wollte, entschied ich mich plötzlich doch dazu auf die Toilette zu gehen.

Also setzte ich mich langsam auf ein stützte meine Hände auf die Knie. Mit geschlossenen Augen wartete ich darauf, dass der Schwindel wieder ein wenig nachließ.

Ich spürte eine Hand an meinem Rücken. Kian beugte sich ebenfalls vor und sah mich an „Sicher, dass alles gut ist?" fragte er skeptisch nach.

Ich nickte „Ja, hab nur bisschen viel trunken. Muss auf Klo." Nuschelte ich und richtete mich dann auf, ohne auf eine Reaktion von ihm zu warten.

Ich torkelte durch ein paar Leute und konzentrierte mich ganz darauf, nicht zu stolpern. Mein Bruder war Gott sei dank wie vom Erdboden verschluckt, sonst hätte er mich umgebracht.

Ich hatte glück, denn das untere Badezimmer war nicht besetzt und auch nicht vollgekotzt oder sowas. Ich stolperte hinein und machte mir gar nicht die Mühe abzusperren. Ich schloss die Türe einfach nur hinter mir, weil ich zu mehr kaum im Stande war. Ich glaube ich war dieses Mal wohl doch mehr als angetrunken, sondern eher ziemlich durch.

Ich setzte mich auf die Toilette und konnte ein erleichtertes Seufzen nicht unterdrücken. Als ich mich schließlich bückte, um meine Hose wieder hochzuziehen, wurde mir unheimlich übel. Ich hatte die Hose gerade wieder richtig an, da musste ich mich schon auf den Boden knien und mich in die Kloschüssel zu übergeben.

Hustend und würgend klammerte ich mich an die Kloschüssel, als jemand an die Tür klopfte.

„Besetzt!" rief ich zwischen einem erneuten Schwall des Erbrechens.

„Ich bins." Rief eine bekannte stimme und ehe ich etwas entgegnen konnte, wurde die Türklinke runter gedrückt und Kian schob sich herein. Er schloss die Tür auch wieder hinter sich, bevor er sich ein Handtuch aus dem Schrank griff und zu mir rüberkam. Er hockte sich neben mich auf den Boden und während ich mich wieder ins Klo übergab beute er sich vor und griff behutsam nach meinen Haaren, um sie mir hinten ins Shirt zu stecken, damit sie mir nicht ins Gesicht hingen.

Dann blieb er einfach geduldig neben mir sitzen und wartete, bis ich keinen Mageninhalt mehr hatte, den ich hätte erbrechen können. Ich fühlte mich elend und seltsamerweise hatte ich nicht mal das Gefühl, dass das nur durch den Alkohol kam. Mein Bauch tat ebenfalls weh und ich fühlte mich, als würde ich glühen.

Kian reichte mir das Handtuch, welches er leicht anfeuchtete und reichte er mir, damit ich Gesicht und Hände sauber machen konnte. Dann half er mir, mich aufzurichten und verfrachtete mich auf den Badezimmerhocker, während er begann das Klo sauber zu machen.

Ich sah ihm zu und obwohl es mir immer noch beschissen ging, bewunderte ich ihn in diesem Moment. Wie gelassen und ungerührt er an die Situation heranging.

Plötzlich stand er neben mir und griff mir unter die Arme „Na komm, wir bringen dich erstmal in dein Zimmer."

my brother's enemy is my best friend's brotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt