Kapitel 1: Was ist eigentlich The-ra-pie?

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„Was genau ist eigentlich The-ra-pie?", fragte das kleine Häufchen Elend eines Morgens Frau Held. Frau Held dachte nach. „Weißt du noch, wie ich dir erklärt habe, was wir hier im schönen alten gelben Haus machen? Mit den Leuten üben, wie man am besten mit gewissen Situationen umgeht?". Das kleine Häufchen Elend nickte, ja es erinnerte sich daran. „Das ist, ganz grob erklärt, Therapie. Wenn du es aber genau wissen möchtest, muss ich etwas weiter ausholen, okay?". Das kleine Häufchen Elend machte es sich in seiner Lieblingsecke auf dem Sofa bequem. „Okay!", antwortete es. Frau Held setzte sich ihm gegenüber in den Sessel. Sie dachte kurz nach, richtete ihren ernsten und doch liebevollen Blick auf das kleine Häufchen Elend, und begann mit ihrer Erklärung: „Also Therapie ist nicht unbedingt einfach zu erklären und wenn dir das zu viel oder zu lang wird, dann sag mir bitte Bescheid. In der Therapie geht es vor allem darum, Menschen Wege zu zeigen, wie sie selbst am besten mit sich und ihren Schwächen sowie auch Stärken umgehen können. Es gibt da viele bewährte Wege aber am Ende ist doch jeder Mensch verschieden, deshalb kann man so etwas nicht einfach vorgeben. In der Therapie schauen die Therapeuten - das sind diejenigen, die sich extra Wissen angeeignet haben, mit dem Ziel, anderen zu helfen – also die Therapeuten versuchen ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Verfügung zu stellen um gemeinsam mit dem Patienten, der sich ja selbst am besten kennt, Wege zu finden, die für den jeweiligen Patienten funktionieren, sei es bekannte Wege, oder ein Mix daraus, oder eine ganz neue Kreation, entworfen vom Therapeuten und Patienten zusammen. Diese Wege, Mittel, Werkzeuge oder wie auch immer man es nennen will, können den Patienten dann im Leben begleiten und bei schwierigen Situationen unterstützen oder ihm helfen wichtige Entscheidungen zu treffen oder das Leben besser genießen zu können. Man sagt, dass das die Lebensqualität steigert. Das heißt, das Leben ist einfach besser. Dafür muss es vorher nicht unbedingt schlecht gewesen sein und es wird auch niemals perfekt sein, aber man kann, wenn man möchte, mit Hilfe einer Therapie eine bessere Balance im Leben finden, sich vollkommener fühlen und zufriedener mit sich und seinem Leben sein. Damit haben es nämlich viele Leute aus den unterschiedlichsten Gründen sehr schwer. Zum Beispiel fühlen sich viele Menschen nicht gut genug oder haben dauernd Angst, zu versagen, weil sie vielleicht nur Aufmerksamkeit bekommen, wenn sie gute Leistung erzielen und sie ansonsten nie oder nur selten gelobt werden oder ihre Anstrengungen ohne hervorragende Resultate gar nicht erst gesehen werden und somit scheinbar nichts wert sind. Oder andere fühlen sich wie leer... Das Leben läuft vielleicht ganz gut, aber es ist nichts außerordentlich toll oder erfreulich, sie können sich dann selbst für Dinge, die sie früher vielleicht geliebt haben, jetzt überhaupt nicht mehr begeistern. Das kann auch wieder viele verschiedene Gründe haben. Vielleicht haben sie vermittelt bekommen, dass man als Erwachsener keine Gefühle zeigen oder keinen Spaß mehr haben darf. Vielleicht ist aber auch etwas passiert, das für die Person sehr schlimm war und um sich vor dem Schmerz zu schützen, hat sie direkt alle Gefühle sozusagen auf stumm geschaltet, die schlechten, aber auch die guten. Es gibt da die verschiedensten Lasten, die einem das Leben schwerer machen können, als es sein müsste. Deswegen ist es wichtig sich selbst, seine Lasten, aber auch seine Stärken, so gut es geht kennen zu lernen, mit den Lasten umgehen zu lernen und zu lernen, die Stärken zu fördern und zu seinem Vorteil nutzen zu können. Und das ist so in etwa, was man bei der Therapie macht. Unter anderem. Alles kann man nun wirklich nicht erklären, das muss schon jeder irgendwie selbst erleben, um es richtig verstehen zu können."

Das kleine Häufchen Elend hatte gebannt zugehört und es war begeistert von der Therapie, wie Frau Held sie ihm grade erklärt hatte. „Da-darf ich... also nur um das halt selbst zu erleben... eben um das richtig verstehen zu können wie du grade meintest, darf ich.. also... können Häufchen Elends auch Therapie machen? Ist das erlaubt?" Frau Held überlegte eine Sekunde, doch sie fand keinen Grund, der dagegen sprach. „Ich muss das mit dem Team besprechen aber ich denke, also wenn du wirklich möchtest, motiviert bist und dich gut benimmst, darfst du bestimmt zumindest mal ein paar Tage mit machen und in die Therapie reinschnuppern, damit du dir ein besseres Bild davon machen kannst.

Gesagt, getan. Und so kam es, dass im schönen alten gelben Haus nun ein Patient mehr zur Therapie ging. Ein sehr gespannter, kleiner und auf den ersten Blick eigentlich gar nicht elendig aussehender Patient. Aber nur auf den ersten Blick, denn es ist nicht immer alles so, wie es scheint. Aber mehr dazu später.

Das kleine Häufchen Elend - Band 3: Das kleine Häufchen Elend macht TherapieWhere stories live. Discover now