2. Willkommen in der Kleinstadt

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»Kaffee?«, fragt mich Dr. Edwards, nachdem die Praxistür ins Schloss gefallen ist.

»Sehr gern«, antworte ich und werfe einen kurzen Blick ins leere Wartezimmer. Der alte Mann geht hinter die Anmeldung zu einer Kaffeemaschine und steht etwas ratlos davor.

»Wo ist Theo?«, fragt er und blickt sich suchend um.

»Oh, der ist gerade kurz draußen«, erkläre ich.

»Warum?« Es scheint nicht oft vorzukommen, dass die Sprechstundenhilfe unauffindbar ist.

»Na ja ...«

Genau in dem Moment kommen Theo und Brianna lachend und atemlos zurück in die Praxis. »Das war der absolute Wahnsinn!«, ruft Theo begeistert und gibt mir meinen Autoschlüssel zurück. »Oh ... hey, Dr. Edwards.«

»Wo warst du?«, fragt der Doktor ihn mit gerunzelter Stirn.

»Er hat nur kurz mein Auto geparkt. Ich habe mich auf dem Weg hierher schon so verirrt und war nicht sicher, wo ich am besten parken kann«, springe ich zu Theos Rettung ein.

»Machst du uns einen Kaffee, Theo?«, wendet der alte Mann sich an ihn und sofort macht Theo sich an der Kaffeemaschine zu schaffen.

»Hallo, Brianna«, begrüßt Dr. Edwards auch die kleine Rothaarige, deren Augen noch vor Begeisterung leuchten.

»Hi, Eddie«, winkt sie. »Ich bin dann auch wieder weg. Tschüss, Eddie. Tschüss, Theo. Tschüss, Dan.«

Sie flitzt nach draußen und ich runzle die Stirn. »Wie kommt sie zurück zum Café?« Meine Verwirrung gleicht nun der von Dr. Edwards vor der Kaffeemaschine.

»Na, zu Fuß«, sagt Dr. Edwards und geht schon vor zu dem Behandlungsraum, aus dem er gerade mit der Patientin kam. Theo kichert hinter mir. »Ich glaube, sie ist einen kleinen Umweg gefahren. Das Café liegt nur zwei Straßen weiter«, erklärt er.

Natürlich.

Schmunzelnd folge ich Dr. Edwards und setze mich auf den Stuhl gegenüber dem großen Schreibtisch, der im Raum steht. Hinter ihm sind Regale mit Büchern der Medizin und an der gegenüberliegenden Wand steht eine Patientenliege. Es wirkt alles ziemlich gemütlich – mehr wie ein Wohnzimmer, als ein Behandlungsraum und ich fühle mich sofort wohl.

Dr. Edwards faltet seine Hände auf dem Tisch und lächelt mich freudig an. »Ich freue mich, dass Sie endlich da sind.«

Ich erwidere sein Lächeln. »Ich freue mich auch.«

»Wann wollen Sie anfangen?«, fragt er mich und blättert in einem Terminkalender, der vor ihm auf dem Schreibtisch liegt.

»Wann darf ich denn?«

»Am liebsten sofort, aber vielleicht starten wir lieber erst morgen. Freitag ist zum Glück ein ruhiger Tag und am Samstag habe ich keine Termine.«

»Was ist mit Notdienst? Falls jemand dringend Hilfe braucht?«, will ich wissen.

Dr. Edwards winkt amüsiert ab. »Ich mag Ihre Motivation. Ich denke, für die erste Zeit lasse ich Sie erst einmal ankommen, bevor ich Sie gleich in den Piranhateich werfe.«

Mit zusammengezogenen Augenbrauen sehe ich ihn an. Plötzlich klopft es leise und Theo betritt mit zwei Tassen Kaffee den Behandlungsraum. »Zucker? Milch?«, fragt er mich. Bei Dr. Edwards scheint er bereits zu wissen, was dieser mag.

»Danke, schwarz reicht mir vollkommen«, antworte ich und nehme ihm die Tasse ab.

Als Theo wieder gegangen ist, fährt Dr. Edwards fort. »Unsere Patienten sind alle sehr freundlich, aber wie so oft im Leben hat man den ein oder anderen, der einem eventuell weniger sympathisch ist oder der vielleicht auf seine Art und Weise etwas ... anstrengend sein könnte. Nichts, was Sie nicht bewerkstelligen können, aber ich möchte auch nicht, dass Sie nach einer Woche mit quietschenden Reifen die Stadt verlassen.«

Small Town Doc [Leseprobe]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt