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Die erste Woche am College verging wie im Flug. Ich war froh, Hazel kennen gelernt zu haben. Durch sie hatte ich bereits ein wenig Anschluss gefunden und ihre offene Art tat mir gut. In der Highschool gehörte ich nicht zu den beliebten Kreisen und blieb somit eher die Einzelgängerin.  Mit Hazels Gesellschaft wurde ich jedoch zunehmend offener.

„Hey Em!", eine zierliches Mädchen rannte an meine Seite und unterbrach meinen Gedankenschwall. „Das war deine letzte Vorlesung richtig? Komm doch mit uns essen! Wir gehen mit ein paar Freunden ins Diner. Hazel ist auch dabei." Lou war Hazels beste Freundin – oder auch Feindin, je nachdem. Die beiden waren im einen Moment noch unzertrennlich und im nächsten lagen sie sich mal wieder wegen einer Kleinigkeit in den Haaren. Ich lächelte kurz. „Klar komme ich mit." Ein bisschen Gesellschaft würde nicht schaden und es war immerhin Freitag. Lou hatte bereits meinen Arm genommen und zog mich freudig mit zu ihrem Wagen.

Im Diner warteten Hazel und ein braunhaariger Junge bereits auf uns. Mit einem Seufzer ließ ich mich auf die Eckbank fallen. Das Wetter war wirklich wahnsinnig heiß geworden. „Em, das ist übrigens Josh. Ein guter Kumpel von mir und Lou", stellte mir Hazel meinen Gegenüber vor. Er schenkte mir ein freundliches Lächeln, welches ich erwiderte. Er sah nett aus, wirkte jedoch eher zurückhaltend, ganz im Gegensatz zu Hazel und Lou. Die beiden waren ziemlich aufgeweckt und selbstbewusst, was sich ebenfalls in ihrem Äußerlichen erkenntlich machte. Hazel hatte brasilianische Wurzeln, ihr tiefschwarzes Haar fiel ihr in leichten Wellen über die Schulter und umspielte ihre markanten Gesichtszüge. Ihr beiges Shirt war lässig in eine Highwaist Hotpants gesteckt. Lou hingegen war klein und zierlich, ihr helles Haar war kurzgeschnitten und reichte ihr knapp übers Kinn. Das blasse Gesicht wurde von ein paar Sommersprossen umrahmt und ihr zartes Sommerkleid ließ sie aussehen wie eine kleine Elfe.

„Leute, Scrum spielt morgen ein Konzert im Londoner", bemerkte Hazel während sie einen großen Bissen von ihrem Burger nahm. Lou klatschte aufgeregt in die Hände. „Perfekt, dann steht also fest wo wir am Samstagabend feiern gehen. Ich war schon ewig nicht mehr im Londoner!" Hazel nickte eifrig. „Der Club wird richtig abgehen wenn Scrum spielt. Oh man, wenn ich mir die Jungs vorstelle, wie ihnen der Schweiß von der Stirn tropft und die Shirts sich an ihre trainierten Körper schmiegen – " Kopfschüttelnd sah ich in die verträumten Blicke von Hazel, Lou und sogar Josh. „Gott Leute, hört auf zu sabbern, mir kommt's gleich hoch", lachte ich und verdrehte die Augen. „Ach Emma Schatz, spätestens morgen wirst du genauso wie sein wie wir", erwiderte Hazel. Lachend erhob ich mich und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Niemals."

Es war bereits halb acht, als ich immer noch in meinem Zimmer stand und kritisch mein Spiegelbild beäugte. Ich trug ein kurzes schwarzes Kleid mit V-Ausschnitt und mein dunkelbraunes Haar fiel in leichten Locken auf meine Schultern. War das Outfit zu gewagt? Ich war seit Ewigkeiten nicht mehr in einem Club gewesen und deshalb ziemlich unsicher, was die Kleiderordnung anging. Genervt stöhnte ich auf, als mein Blick auf mein aufleuchtendes Handy fiel. Eine Nachricht von Hazel.

Bist du schon auf dem Weg? Treffen uns um 8 vorm Londoner. Zieh was Hübsches an, das halbe College wird da sein ;). –H.

Hastig schnappte ich mir meine Tasche und mein Handy. Das Outfit würde schon so passen. Ich rannte die Treppen hinunter und machte mich auf den Weg zur nächsten Subway Station. Als ich am Club ankam tummelte sich bereits eine große Menschenmenge vor dem Eingang. Suchend ließ ich meinen Blick über die Straße schweifen, bis ich schließlich Josh entdeckte, der mit einem Typen redete. Erleichtert schritt ich auf die beiden zu und begrüßte sie. Josh drückte mich lächelnd und stellte mich seinem Kumpel vor. „Da kommen Lou und Hazel", rief ich und winkte die beiden rüber. „Na, Bitches", begrüßte Hazel uns feierlich und warf elegant ihr Haar zurück. „Seid ihr bereit für die heißeste Nacht eures Lebens?"

„Hey alle zusammen! Ich bin Caleb, das am Bass ist Sam und hinterm Schlagzeug sitzt unser bezaubernder Isaac. Danke dass ihr heute alle hier seid, um mit uns gemeinsam zu feiern!" Die Menge jubelte lautstark, als der Frontsänger – Caleb – nach seiner E-Gitarre griff und einen Song anstimmte. Begeistert fingen Lou und Hazel neben mir an zu tanzen, während der ganze Club den Refrain mitgrölte. Auch ich begann langsam mich zu dem Beat zu bewegen. Dabei musterte ich die Jungs etwas genauer. Sie waren wirklich gut, man spürte die Leidenschaft, mit der sie spielten und ihre Energie erfüllte die ganze Halle.

Der letzte Song an diesem Abend war anders, als die, die sie davor gespielt hatten. Es war eine Art Ballade und unglaublich schön. Gefesselt starrte ich auf Caleb, der zu einer Akustikgitarre gewechselt hatte und nun die gefühlvolle Melodie darauf zupfte.

Sometimes I feel like my whole world is breaking down

I feel like everything is falling to pieces and nobody is giving a damn about it                             

But even in my darkest hour

You're the one

Keeping me away from falling,

Reminding me of the beauty of life

But I know of nothing that's as beautiful as you

Cuz you're the one keeping me alive

You're the one

My only one

Er war schön, keine Frage. Aber es war nicht sein Äußerliches, von dem ich so in den Bann gezogen war. War es sein gebrochener Blick oder das Gefühl, welches er in den Song legte? Ich konnte es zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich konnte es nicht einmal beschreiben, wie er auf der Bühne stand, in die Leere starrte, so als wären die ganzen Leute nicht anwesend, als wäre das hier kein Konzert, sondern einfach nur er und seine Gitarre, irgendwo weit weg von hier, alleine. Seine raue Stimme wurde leiser, als er die letzte Passage sang.

You're the one

My only one

And now you're gone.

Der letzte Akkord verklang und die kurze Stille wurde von tobendem Applaus unterbrochen. Calebs Blick lag immer noch irgendwo in der Ferne, er wirkte erschöpft und irgendwie traurig. Erst als der Blonde ihm lachend auf den Rücken schlug kehrte er mit seinen Gedanken zurück in den Raum und setzte wieder gekonnt sein Lächeln auf.

Erst als ich bemerkte wie Hazel mir ebenfalls energisch auf die Schulter klopfte, wendete ich meinen Blick von ihm ab. Die Jungs hatten sich verbeugt und verließen unter großem Gekreische die Bühne. „Alles klar bei dir?" schrie Hazel in mein Ohr und deutete auf die Bühne, „da legt jetzt gleich noch ein DJ auf, die Party geht also weiter!" Ich nickte kurz und symbolisierte ihr, dass ich mir einen Drink holen würde.

An der Bar sah ich Josh, welcher mir sofort ein Bier in die Hand drückte. „Und, wie findest du Scrum?", fragte er mich und fuhr sich durch sein lockiges Haar. „Ganz gut. Ihre Songs haben etwas besonderes", lächelte ich und nippte an meiner Flasche. „Sie sind ziemlich bekannt hier, was? Hazel hat erwähnt, dass sie an der gleichen Uni studieren?" Josh setzte seine Flasche ab und nickte. „Ja, hier in der Gegend kommen sie ziemlich gut an. Spielen so gut wie jedes Wochenende Gigs in den umliegenden Bars und Clubs. Aber wenn du von einer anderen Stadt kommst ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass du sie kennst. Der Großteil ihrer Fans sind Studenten vom College. Dort haben sich die drei auch kennengelernt. Caleb hat allerdings letztes Jahr die Uni geschmissen und Isaac steht kurz vorm Durchfall." Ich nickte nachdenklich.

„Musiker eben. Ihr Leben kennt keine geregelten Abläufe oder Verpflichtungen. Und wenn man zudem jedes Wochenende drauf ist...", seufzte Josh schulterzuckend, ehe er wieder lächelnd zu mir sah. „Trink aus, ich bestell uns noch was und dann gehen wir tanzen!" Er zwinkerte und drückte mir wenig später einen vollen Becher in die Hand.

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