Habt ihr jemals darüber nachgedacht, wie es wäre, so viel Geld zu besitzen, dass ihr euch um nichts mehr Gedanken machen müsst?
Ich schon. Und ich kann euch sagen, die Wahrheit über Reichtum ist nicht so glänzend wie man vielleicht annimmt. Es zerstört Familien, Freundschaften und sich selbst.
Aber genug davon.
Noch habe ich Ferien und kann mein Zimmer so einrichten, wie ich es für richtig halte. Das Geld für all die Extrawünsche habe ich mir in meiner alten Heimat erarbeitet. Im Sparen war ich immer diszipliniert. Ich bin selten ausgegangen, habe mir nie etwas gekauft, was nicht unbedingt sein musste. Auch in Sachen Schule war ich schon immer sehr zielstrebig. Meine Noten haben es mir auch ermöglicht, dass ich jetzt auf einer der besten Schulen in Amerika bin.
Ich sehe bei meinen Eltern Tag für Tag wie lange sie arbeiten, nur um meinen Bruder und mich durchzufüttern und uns auch Sachen ermöglichen können. Meine Familie und ich haben ein sehr inniges Verhältnis. Jeder steht für jeden ein und unterstützt so gut wie es geht.
Das ist auch einer der Gründe wieso wir hierher gezogen sind. Hier ist die restliche Familie von uns. Auch mein Onkel, der hier sehr angesehen ist. Er unterstützt uns an allen Ecken, so weit wie meine Eltern es zulassen, versteht sich. Mein Onkel war auch derjenige, der meinem Vater hier einen Job beschafft hat. Nun hoffen wir alle, dass sich alles zum Guten wendet und wir uns endlich ein besseres Leben verschaffen können.
Kommen wir zurück zur Zimmereinrichtung. Ich habe mich für ein edles Rot entschieden, das sich durch mein ganzes Zimmer zieht. Mein Bett ist weiß und wunderschön. Es ist wie eine Art Himmelbett. Ein langersehnter Kindheitstraum, den ich mir nun endlich erfüllen konnte.
Ansonsten ist alles sehr schlicht gestaltet. Nur meine Bücher sind fein säuberlich in meinem Regal eingeordnet, ansonsten ist alles noch in Kartons verpackt. Das wird eine Freude alles auszupacken.
Das Schöne an den Häusern in Amerika sind eindeutig die begehbaren Kleiderschränke. Das hat mich schon immer in Serien fasziniert. Und nun habe ich einen eigenen. Vielleicht ist Amerika doch nicht so schlimm, wie ich immer gedacht habe.
Ich bin gerade dabei mich an den nächsten Karton zu machen als ich von meiner Mutter gerufen werde. "Ja?", brülle ich zurück. "Hol bitte deinen Bruder und kommt dann zum Essen runter!" Ich verdrehe die Augen. Die ganze Familie wird gleich da sein. Familie hin oder her, aber ich habe schon immer die ganze Fragerei gehasst. Mit leisen Schritten gehe ich auf das Zimmer meines Bruders zu. "Mach dein Porno aus und komm runter. Gleich gibt es Familienessen." Das Familienessen betone ich gespielt freudig. "Schwesterherz, ich zocke und gucke keine Pornos." Grinsend steht er an der Tür. "Freust du dich schon auf Tante Kara?", fragt er während er mir Eintritt in sein Zimmer gewährt. Sein Zimmer ist jetzt schon chaotisch und das obwohl wir gerade mal ein paar Tage hier wohnen. Nur das wichtigste ist natürlich schon aufgebaut. Seine Playstation und sein Fernseher. Frustriert lasse ich mich auf sein Bett fallen. "Natürlich. Wer freut sich nicht darüber über sein Liebesleben ausgefragt zu werden. Und Avery? Hast du schon einen Freund?", äffe ich sie nach. Chuck fängt an zu lachen. "Ach komm schon. So schlimm ist das doch nicht." Wie eine Mumie setze ich mich aufrecht hin. "Dein Ernst? Der Unterschied ist einfach nur, dass du schon mehrere Freundinnen hattest und ich noch nicht ein einzigen Freund. Dich lässt sie in Ruhe, weil sie weiß, dass du gut ankommst bei Weibern und nicht einsam und allein sterben wirst." Chuck lacht nur und beendet sein Spiel. "Na komm. Lass uns so tun, als wenn wir uns riesig freuen würden, alle zu sehen." Motivierend legt er mir seinen Arm um die Schulter und schiebt mich regelrecht zum Treppengeländer. "Müssen wir wirklich?", flüstere ich leise und versuche mich umzudrehen. Doch hält mich Chuck auf und dreht mich wieder um. "Spätzchen! Komm her!", ruft mir niemand geringeres als meine liebe Tante zu. Sie steht unten und wartet direkt am Treppengeländer auf mich. Ich würde Lügen, wenn ich mich nicht freuen würde sie zu sehen. Auch wenn es wahrscheinlich anders rüber kommt. Ich liebe meine ganze Familie, nur wie ich schon erwähnt habe, die Fragerei und das Kuscheln ist alles andere als mein Ding.
"Hallo Kara." Überglücklich schließt sie mich in ihre offenen Arme. Sofort steigt mir der all zu bekannte Duft ihres Parfüms in die Nase. Ich habe den Duft schon von klein auf geliebt. Es hat mir immer ein Gefühl von Zuhause vermittelt. Die Blumen vor dem kleinen Ferienhaus in Deutschland haben genauso gerochen. Für mich war das Ferienhaus immer mehr Heimat als unser eigenes Haus. Da habe ich meine Freunde kennen gelernt, hatte meinen ersten Kuss dort und vor allem habe ich da alles gelernt, was man nur lernen kann. Die Natur hat mich schon immer beruhigt. Ich bin ein Naturmensch durch und durch. Genau das habe ich von meiner Mutter vererbt bekommen. "Ohh und Chuck. Komm her, Liebling." Jetzt ist mein Bruder dran und er sieht alles andere als glücklich aus. "Hallo Tantchen. Wo ist denn Brad?" Kara legt ein genervten Blick auf. "Der muss nochmal ins Büro. Das heißt er kommt erst in ein paar Stunden nach und solange habe ich die alleinige Verantwortung für die Quälgeister." Chuck und ich gucken uns freudig an. "Wo sind sie?", rufen wir im Chor und sehen sie erwartungsvoll an. "Im Garten." Wie vom Blitz getroffen rennen wir los. "Lilian, Daniel und Casey, schaut mal wer da ist!", ruft meine Mutter. Unsere Cousinen und unser Cousin sehen uns und rennen freudig los. „Wie ich euch vermisst habe." Glücklich schließe ich sie in meine Arme.
"Genug gespielt. Das Essen wird kalt." Unsere Mutter steht tadelnd an der Haustür. "Dann lasst uns mal Hände waschen gehen." Chuck nimmt die Kleinen auf den Arm und rennt los.
"Avery, du kannst mir jetzt mal in der Küche helfen." Stumm folge ich ihr. "Essen wir hier oder im Garten?" Meine Mutter nickt Richtung Garten und drückt mir das Geschirr in die Hand.
"Dad?", frage ich vorsichtig, weil ich nicht einordnen kann, ob er das ist. "Also ich bin ein Vater, aber nicht deiner." Grinsend dreht mein Onkel sich um. "Brad!" Überglücklich lasse ich mich in seine Arme fallen. "Man bist du groß geworden." Frech tätschelt er meinen Kopf. "Du hast mich vor knapp fünf Monaten das letzte Mal gesehen." Ich verdrehe die Augen und verteile die Teller. "Kara meinte, dass du erst später dazu kommst." Er schüttelt den Kopf und nimmt mir etwas vom Geschirr ab. "Es ging schneller als gedacht. Außerdem lasse ich es mir doch nicht entgehen meine Familie zu sehen."
"Und Avery? Freust du dich schon auf die Schule?" Ich nicke und grinse. Wenn ich recht darüber nachdenke, dann merke ich erst recht, dass mir das Lernen doch ziemlich fehlt. Doch die Menschen eher weniger.
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Wo das Geld spricht, schweigt die Wahrheit.
Dla nastolatkówIch komme aus einem Elternhaus, welches nicht all zu viel Geld besitzt. Mich hat das nie wirklich gestört. Erst als wir nach Amerika gezogen sind, hat es bei mir angefangen, das ich mich dafür schäme. Verrückt oder? Vorher hat Geld für mich nie eine...