Sie ist es wirklich

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Mit einer schlechten laune wache ich auf. Sehr schlechte laune. Ich trotte in die Küche, ohne meinen Hamster im Flur zu beachten. Ich mache die Kaffeemaschine an und bin genervt von dem ätzenden Geräusch, dass sie macht. Erst mit der Tasse Kaffee in der Hand frage ich mich, warum meine laune so schlecht ist. Ja, warum eigentlich? In meine Gedanken vertieft bemerke ich gar nicht, das mein Hamster Wort wörtlich nach Aufmerksamkeit schreit. Still fülle ich das Futter nach und streichle ihn ein bisschen. Erst als mein Kaffee leer ist, werfe ich einen blick auf mein Handy. Ich habe Nachrichten. Von Kazumi und SHOTO! Ich kann es kaum glauben! Meine, woher die auch kam, schlechte laune ist sofort verflogen und mit Klopfendem Herzen öffne ich die Nachricht.
Shoto: Guten morgen, auch wenn du noch schläfst. Tut mir leid dass ich gestern nicht auf deine Nachricht geantwortet habe. Mein Vater....
Oh nein wie süss!!! Ich schmelze. Ich zögere nicht lange mit der Antwort.
Yami: Hallo Shoto. Kein Problem, ich weiss das dein Vater streng ist.
Ich bin ja so gespannt auf seine Antwort. Auch wenn ich weiss das sie erst in ein paar stunden kommt. Also öffne ich Kazumis Nachricht.
Kazumi: Heyy. Tut mir wirklich leid dass ich gestern nicht mehr geschrieben habe, aber Gunhead hat uns gestern ganz schön auf trab gehalten. Geht es dir besser?
Die gute Kazumi. Immer besorgt um andere.
Yami: Hei, ach alles gut. Ich selbst war gestern auch sehr erschöpft. Mir geht's besser. Ich glaube, ich habe mich verknallt ;-;
wenig später folgt eine Antwort.
Kazumi: Wirklich??? Sag bloss du bist in Izuku verknallt! Dann mache ich dich Kalt! Shoto passt doch viel besser zu dir!
Und da sind sie. Die Erinnerungen an gestern. An Izukus Mutter. Danke, Kazumi.
Yami: Wie kommst du darauf das ich in Izuku verliebt sein könnte?
Frage ich. Er ist immerhin mit hoher Wahrscheinlichkeit mein Bruder.
Kazumi: Du bist mit ihm zusammen im Praktikum. War reine Intuition.
Yami: Das hat doch nichts damit zu tun! Ich muss dir sowieso noch was wegen Izuku erzählen. Aber nein ich bin nicht in ihn verliebt. Ich glaube ich mag Shoto mehr als ich sollte...
Kazumi: Ich wusste es!!! Ohne dir jetzt allzu grosse Hoffnungen zu machen, aber seit er dich kennt ist er anders. Zu dir ist er anders.
Yami: Das sagst du doch jetzt nur so. Ich weiss ja noch nicht einmal ob ich ihn wirklich auf diese weise mag.
Kazumi: Naja egal, was wolltest du denn über Izuku erzählen??
Yami: Kannst du kurz telefonieren?
Statt einer Antwort erhalte ich einen Anruf.
"Hey Yami, also. Was gibt's? Fass dich kurz ich habe nur noch ein paar Minuten" begrüsst sie mich. Kurz fassen? Bekomme ich hin.
"Izuku ist vielleicht mein Bruder" sage ich trocken. Stille am anderen ende der Leitung.
"WAS????" ruft sie laut aus.
"Du hast gesagt ich soll mich kurz fassen" sage ich sarkastisch.
"Ich will alles wissen!!!" sagt sie aufgeregt.
"Naja also, erstmal, dass wir uns so ähnlich sehen. Dann unsere Nachnamen, unser Alter. Und gestern habe ich seine Mutter gesehen. Sie hat ihn abgeholt und....wenn ich ganz ehrlich sein soll, sieht sie aus wie ich. Nur älter." erkläre ich. Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich will es gar nicht glauben.
"Vermutlich ist das alles aber nur ein einziger blöder Zufall" füge ich noch hinzu.
"Willst du meine Meinung hören?" fragt sie und klingt dabei sehr skeptisch.
"Eigentlich nicht. Aber lass hören." seufze ich in das Handy.
"Ich denke nicht das dass ein Zufall ist. Solche Zufälle gibt es einfach nicht, verstehst du? Du solltest das echt mal klären" sagt sie ernst. Ja, aber ich will das es nur ein dummer, dummer Zufall ist.
"Hör zu, ich muss wieder los. Aber klär das bitte!" sagt Kazumi und legt kurz darauf auf.
Also mache ich mich fertig um etwas früher zum Praktikum zu gehen. Kazumi hat recht. Ich muss das klären. Ich muss die Wahrheit wissen. Ich habe vor, Izuku abzufangen und ihn zu bitten, mich seiner Mutter vorzustellen. Okay, vielleicht auch nicht... Oder doch? Ahhh ich weiss es nicht. Ich will die Wahrheit wissen und gleichzeitig will ich es nicht. Ich will in Erinnerung haben, das meine tote Mutter auch meine Mutter war. Keine Ziehmutter oder so. Aber ich muss mutig sein. Ich muss das schaffen.
Auf dem weg zu Gran Torino bin ich so in meine Gedanken vertieft, dass ich mehrmals fast gegen jemanden oder etwas gerannt wäre. Ich komme allerdings unversehrt an. Ich betrete das Gebäude und finde Izuku vor, der sich zum gehen fertig macht. Als sich die Tür geräuschvoll schließt, sieht er hoch.
"Yami..." sagt er und sieht mich mit starrem blick an. Okay, ich kneife. Ich will definitiv kneifen. Ich will mich gerade wieder rumdrehen und gehen als Izuku spricht.
"Yami, warte!" ruft er und steht verlegen auf. Er weiss scheinbar auch nicht, was genau er jetzt tun soll.
Abwartend sehe ich ihn an.
"Du...du musst mit mir mit kommen!" sagt er mit zusammengekniffenen Augen. Ich weiss nicht was ich machen soll, also stehe ich einfach weiter da und sehe ihn an.
"Ich will das du mit mir kommst. Ich habe schon mit Gran Torino gesprochen und er hat ja gesagt" sagt er nun etwas lockerer. Er redet nicht mehr sondern sieht mich an und wartet auf eine Antwort. Ich kann nicht sprechen, es ist als sei mein Hals ganz trocken. Also nicke ich nur. Izuku nickt ebenfalls, obwohl er dabei erleichtert aussieht. Keiner von uns beiden macht Anstalten, sich zu bewegen. Wir sehen uns einfach stumm an. Was er wohl gerade denkt?
"Nun haut schon ab" kommt Gran Torinos stimme aus der Küche. Izuku sieht aus als reißt er sich gerade zusammen, dann geht er auf mich zu und bleibt kurz vor mir stehen und sieht mich ernst an. Ich schaffe es nicht, seinem Blick stand zu halten und sehe weg. Etwas peinlich berührt öffne ich die Tür und gehe hinaus. Izuku dicht hinter mir.
"Zu mir nachhause geht es hier lang..." sagt er als er an mir vorbei geht und geht vor. Still folge ich ihm. Wir gehen schweigend nebeneinander her und keiner weiss, wie er das unangenehme schweigen brechen soll. Als wir um ein paar ecken gebogen sind, fängt Izuku an zu sprechen.
"Yami, weisst du warum ich dich mit zu mir nehme?" fragt er und sein eben gesammelter Mut ist komplett verschwunden.
"Ich kann es mir denken, ja" antworte ich, seinem Blick ausweichend.
Darauf antwortet er erstmal nichts. Wenig später redet er weiter.
"Es ist gut möglich, dass meine Mutter dir gleich etwas sagt, was du nicht hören willst. Aber sie sagt die Wahrheit." sagt er vorsichtig. Will ich wirklich wissen, was seine Mutter mir sagen wird?
"Weiss deine Mutter überhaupt, das du mich mit zu dir nimmst?" frage ich irritiert.
Er antwortet nicht sofort und weicht meinem Blick aus.
"Das ist dann wohl ein Nein" murmele ich kopfschüttelnd. Darauf hin wird er verlegen.
Wir laufen noch ein paar Straßen entlang und biegen um ein paar ecken bis Izuku nach einer halben Ewigkeit vor einem Haus stehen bleibt. Das wird es wohl sein. Ich will hier weg. Nein willst du nicht, sei mutig! Ich will aber nicht! Los jetzt! Aber ich will nicht hören was sie zu sagen hat. Klär das jetzt oder ich mach dir die Hölle heiß!!! Aber....
"Yami? Hallooo Yami" nehme ich Izukus stimme wahr und sehe erst jetzt dass er mit der Hand vor meinem Gesicht rum wedelt. Ich habe ihn gar nicht bemerkt. Er scheint seit ein paar Momenten schon zu versuchen meine Aufmerksamkeit zu bekommen.
"Was? Sorry hab nicht zugehört, war in Gedanken" murmele ich eine Entschuldigung. Izuku nickt verständnisvoll.
"Also, gehen wir rein?" fragt er sehr unsicher.
"Wieso fragst du mich?" entgegne ich leicht empört. Es war schließlich seine Idee mich her zubringen. Er nickt und geht vor. Ich folge ihm nach kurzem zögern. Izuku öffnet die Tür und geht rein, ich dagegen bleibe an der Türschwelle stehen. Ich fühle mich so unbehaglich wie nie zuvor. So hilflos und planlos wie schon lange nicht mehr. Unsicher sehe ich mich von der Tür aus um. Ein langer Flur der in einem angenehm eingerichtetem Wohnzimmer endet. Izuku hat sich die Schuhe ausgezogen und nickt mir aufmunternd zu, bevor er nach seiner Mutter ruft. Mir rutscht das Herz in die Hose und ich kann das Blut in meinen Ohren rauschen hören. Ich schlucke schwer und spüre wie mir ganz warm wird. Als Izukus Mutter irritiert den Kopf aus einer Tür schiebt, vermutlich die Küche, und ihn fragt warum er schon wieder da ist, wird mir schwindelig. Sie bemerkt mich im ersten Moment nicht aber als sie mich sieht, wird sie kreide bleich. Unsicher sieht Izuku zwischen mir und ihr hin und her. Sie sieht mich an und ihre Augen füllen sich mit Tränen. Langsam tritt sie aus der Küche und bleibt neben der Küchentür stehen und sieht mich an.
"Mama, das ist Yami" sagt Izuku mit zitternder stimme, aber sie scheint ihn gar nicht zu hören. Sie sieht mich weiterhin an und ich habe absolut keine Ahnung, was ich jetzt tun oder lassen soll. Unsicher trete ich von einem Bein auf das andere und Izuku tut es mir gleich. Langsam, wirklich schrecklich langsam, geht Izukus Mutter auf mich zu und bleibt wenige schritte vor mir stehen. Erst jetzt kann ich erkennen, wie ähnlich wir uns wirklich sind. Es ist als hätten wir die selben Gesichter, nur ihres ist älter. Ich bin unfähig mich zu bewegen oder etwas zu sagen und mir wird etwas schlecht. Nein! Das ist unmöglich, sie kann nicht meine Mutter sein, sie darf es nicht!
"Hallo, Yami" flüstert sie. Was soll ich sagen? Soll ich irgendetwas tun? Wie verhält man sich bei so etwas?
"Möchtest du nicht rein kommen?" fragt sie vorsichtig. Wie betäubt nicke ich und ich brauche ein paar Ansätze, bis ich mich in Bewegung setzen kann. Meine Zuge fühlt sich trocken und filzig an und meine Finger sind Taub. Wieso ist das so??? Steif setze ich mich an den Tisch im Esszimmer. Ich habe den platz gewählt, der am weitesten weg von Izuku und seiner Mutter ist.
"Yami, ich glaube es gibt da etwas, worüber wir sprechen sollten" sagt sie langsam.
"Zuerst einmal, ich bin Inko Midoriya" stellt sie sich vor und versucht zu lächeln. Ich sehe sie an, noch immer spüre ich Übelkeit in mir aufwallen. Ich nicke nur. Zu mehr bin ich nicht fähig. Ich fürchte, wenn ich jetzt etwas sage, muss ich mich übergeben.
"Möchtest du etwas trinken, Yami?" fragt mich Izuku und sieht mich dabei besorgt an. Wieder nicke ich nur, woraufhin er aufsteht und wenig später mit einem glas Wasser wieder kommt. Dankend sehe ich ihn an und trinke gierig einen schluck. Die Übelkeit geht ein wenig zurück.
"Yami, kennst du deinen Vater?" fragt mich Inko. Ich schüttele den Kopf und stütze die Ellenbogen am tisch und falte die Hände.
"Er hat mich verlassen als ich 2 war" antworte ich mit heisere stimme ohne sie anzusehen.
Aus dem Augenwinkel sehe ich wie sie nickt.
Sie holt tief luft und sagt das, wovor ich die ganze zeit angst gehabt habe.
"Ich bin deine Mutter"
Dieser eine Satz hat gerade mein ganzes leben ruiniert. Ich schliesse die Augen. Ich höre ein entferntes Donnergrollen. Nein, bitte nicht. Lass das Yami!
"Als ich dich und Izuku geboren habe, wollte dein Vater sich von mir trennen und euch Kinder aufteilen" redet sie weiter. Halt die verdammte Klappe! Ich will das zur Hölle noch mal nicht hören!
Das donnergrollen klingt jetzt viel lauter und näher. Ich wage es nicht, die Augen zu öffnen und aus dem Fenster zu sehen.
"Yami?" fragt Izuku mit zitternder stimme. Ich halte die Augen weiter geschlossen und versuche, mich zu beruhigen. Ich will schreien. Ich will weinen und schreien. Warum? Warum hat mich meine Mutter all die Jahre angelogen?
"Du und Izuku, ihr seid Zwillinge" redet sie weiter. Ich spüre wie mir tränen die Wange runter laufen und ich höre das Geräusch von einschlagenden blitzen.
"Yami" sagt Izuku nun etwas dringlicher. Ich reisse die von den Tränen verklebten Augen auf und sehe ihn an. Kurz danach sehe ich aus dem Fenster. Es stürmt. Es regnet so feste, dass die tropfen vom Boden abprallen und es gewittert. Dazu noch ein starker Wind der an den Bäumen zerrt. Beruhige dich!!! Ich versuche es ja! Ich schliesse wieder die Augen und hole zitternd luft.
"Bist du das, Yami?" fragt Inko. Izuku antwortet für mich. Ich versuche die Tränen zurück zu drängen, was mir sehr schwer fällt. Ich habe einen Kloss im Hals der mir den Atem raubt und ich hole röchelnd luft. Tief ein und wieder aus atmen Yami. Ich höre wie Izuku seiner Mutter etwas zu flüstert aber ich höre nicht, was es ist.
"Ich....ich muss kurz an die luft" sage ich und stehe auf. Ich gehe raus in den strömenden regen und werde patschnass. Erst jetzt lasse ich die Tränen richtig laufen. Ich weine und schluchze. Ich knie mich auf den Boden und schlinge beide Arme um meinen Oberkörper. Warum? Ich wurde all die Jahre belogen. Mein leben ist eine lüge!!!
Ich schluchze weiter, als ich spüre wie sich zwei warme, kräftige Arme um mich legen.
"Geh weg Izuku" schluchze ich, aber die Arme drücken mich noch fester.
Als ich die Augen auf mache und hoch sehe, sehe ich in Shotos Augen. Er ist hier? Wieso das?
Shoto ist genau wie ich patsch nass, und trotzdem ist er so warm. Ich erwidere seine Umarmung und er drückt mich fest an sich. Ich schluchze in seinen Armen und er sagt nichts, sondern streicht mir beruhigend über den Rücken. Ich fühle mich aus irgendeinem Grund etwas besser, wenn ich hier mit Shoto zusammen auf dem Boden knie. Es vergehen viele Minuten und mit jeder weiteren, legt sich der Sturm ein wenig mehr. Irgendwann nieselt es nur noch ein wenig.
"Shoto...." schluchze ich.
"Meine Mutter hat mich belogen. Sie hat mich immer nur belogen" weine ich. Meine stimme ist jedoch gedämpft, weil ich mein Gesicht in seine halsbeuge gelegt habe. Ich spüre wie mir schwindelig wird, der sturm war wohl zu viel, und klammere mich noch enger an ihn. Wieso bin ich auf einmal so Müde?
Wieso hat sie mich belogen? Sind meine letzten Gedanken, bevor ich einschlafe.

Mein neues Leben an der U.A / My Hero AcademiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt