„Der Junge im grauen Anzug schaut dich die ganze Zeit an.", sagte mir Emira und ich muss ehrlich sagen, dass es mir auch aufgefallen ist. „Ich weiß, deswegen will ich auch gar nicht von meinem Platz aufstehen. Es ist mir echt unangenehm.", erwiderte ich. „Kennst du ihn?", wollte sie wissen. „Leider. Er heißt Edis und ist der Neffe von Onkel.", Emira schnaubte. „Scheiß auf ihn, komm steh auf, lass dir die Hochzeit nicht von ihm versauen.", sie stand auf und zog mich hoch. „Perfekt za rijetko kolo sind wir aufgestanden.", Emira und ich suchten uns einen Platz im Kolo (Volkstanz) und tanzten. Relativ schnell kam dieser Edis neben mich und schloss sich an. Ich hingegen sah hilfesuchend zu Emira, welche mich genauso ansah wie ich sie. „Nadam se da neces zamjerit. (Ich hoffe du nimmst es mir nicht übel)", hörte ich Senads zu Edis sagen und befreite mich von Edis. Ich sah zu Senad und bedankte mich bei ihm. „Du bist mein Amanet.", flüsterte er und tanzte einfach weiter. Als ich sah wie er tanzte bekam ich Gänsehaut. Ich entdecke einfach immer mehr Seiten an ihm, die ich auf meiner Checkliste abhaken kann und das macht mir wirklich Angst. Als der Tanz zu Ende war, blieben wir auf der Tanzfläche und warteten, dass die Musik weitergeht. „Kennst du diesen Typen?", fragte mich Senad und ich nickte. „Woher?", ich sah rauf in seine Augen. „Er ist der Neffe meines Onkels.", er dachte nach. Dabei zog er seine Augenbrauen zusammen und hob gleichzeitig eine Augenbraue hoch. „Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als so zu tun, als wärst du meine Freundin.", ich riss meine Augen auf. „Sonst geht es dir gut. 50% der Menschen hier gehören zu meiner Familie. Was sollen sie denken?", er atmete tief ein und aus. „Dass ich dein Freund bin, mehr nicht.", ich schüttelte meinen Kopf. „Sie werden denken, dass ich ohne mit dir verlobt oder verheiratet zu sein im Urlaub bin und dich sogar zu meiner Tante mitgenommen habe.", er verdrehte seine Augen. „Sie hat Recht Senad. So einfach sind die Leute hier nicht gestrickt.", er nickte und ging dann. „Ist er jetzt sauer?", fragte mich Emira. „Ich habe keine Ahnung.", sagte ich und wollte weiter tanzen, als ich am Arm gezogen wurde. Ich drehte mich um und eine bekannte stand vor mir. Ich begrüßte sie und unterhielt mich kurz mit ihr, bis ihr Sohn kam. Die Frau ließ uns beide allein. Super. Als ob es das war, was ich wollte. „Eigentlich wollte ich dein Herz erobern bei diesem Besuch, aber ich merke schon, dass es ein anderer geschafft hat.", ich lächelte ihn an. „Tut mir leid Mustafa. Ich habe bestimmt noch irgendwo eine Cousine für dich.", er lächelte zurück. „Du hast mir das Herz gebrochen ljepotice. (Hübsche)", scherzte er. „Aber ich werde es überstehen.", fügte er hinzu, gab mir einen Kuss links und rechts und ließ mich endlich tanzen. „Ich dachte du kommst nie.", sagte Emira. „So hat es sich auch angefühlt.", wir lachten beide und tanzten.
Einmal mit dem Tanzen angefangen, gibt es kein zurück. Ich wollte mich gar nicht mehr hinsetzten, doch als das Essen ausgeteilt wurde machten die Sänger eine Pause und somit nahm mein Tanzen auch eine Pause. „Wer war der Junge, mit dem du dich unterhalten hast?", wollte Emira wissen. „Von einer Cousine der Cousin. Seine Mutter wollte, dass wir beide heiraten, aber wieso auch immer denkt er, dass ich vergeben bin. Ich mein ich wollte sowieso nichts von ihm, aber seine Aussage fand ich schon komisch.", erklärte ich Emira. Nach dem Essen blieben wir noch etwas sitzen, weil wir nicht auf die Tanzfläche rennen wollten, wie wir es sonst immer machen würden, da Emira verlobt ist und ich einigen Blicken entgehen möchte. Als Musik für Paartanz gespielt wurde, schnappte sich Melih seine Verlobte und ich blieb am Tisch sitzen. „Güzelim, hoces da pleses samonom. (Hübsche, willst du mit mir tanzen)", hörte ich jemanden Jugo mit türkischem Akzent sprechen und drehte mich um. Ich bekam überall Gänsehaut. Erstens regte ich mich darüber auf, dass alle hier ihre Herkunft nur kennen, wenn es darum geht Hochzeiten zu feiern und sich an Bräuche zu halten, aber nicht, wenn es darum geht die Sprache zu können und zweitens stand Edis vor mir und hatte mir seine Hand gereicht. „Edis, onu rahat birak. Lijah benimle dans edecek.(Edis lass sie in Ruhe. Lijah wird mit mir tanzen)", mischte sich mein Cousin Enis ein, sagte Edis, dass er mich in Ruhe lassen soll und dass ich mit ihm tanzen werde und reicht mir anschießend seine Hand welche ich dankend entgegen nahm. „Hvala ti. Ich weiß ehrlich nicht, wie ich ihn losgeworden wäre.", er lächelte mich an. „Senad hat mich geschickt.", gestand er mir. „So, so. Du hättest mit deiner Cousine nicht getanzt, wenn Senad dich nicht geschickt hätte.", ich tat einen auf beleidigt, doch konnte nicht lange ernst bleiben. „Salim se.(Ich mach Spaß) Mir ist es lieber, dass ich mit dir tanze, als mit Senad. Die Leute würden nur unnötig reden.", Enis lächelte mich an. „Lass sie doch reden. In vier Tagen bist du doch sowieso nicht mehr da. Sie sollen sagen, was sie wollen. Senad ist kein schlechter Junge. Ich kenne ihn schon etwas länger.", ich senkte kurz meinen Blick. „Eigentlich hast du recht, aber", er unterbrach mich. „Kein Aber. Ich hole ihn mal.", Enis unterbrach den Tanz und ließ mich einfach neben der Tanzfläche stehen. Super. Gleich ist die Musik aus und ich habe nicht einmal richtig getanzt. „Ich übernehme dann wohl.", hörte ich Senad sagen und im nächsten Moment stand ich schon mit ihm auf der Tanzfläche und bewegte mich mit ihm zum Takt der Musik. „Siehst du, wenn dir egal ist, was die anderen sagen, bist du automatisch viel freier und glücklicher. Außerdem ist es nicht so, als würde ich dich hier küssen und umarmen und was weiß ich nicht was, deswegen dürfte auch niemand was großartiges sagen.", ich nickte nur und sah ihm in die Augen. „Ich muss ehrlich sagen, dass weder dieser Edis noch diese Mustafa zu dir passen.", reflexartig zog ich eine Augenbraue hoch. „Wie kommst du denn jetzt darauf?", wollte ich wissen. „Na ich habe mitbekommen, dass sowohl der eine als auch der andere etwas von dir wollen.". „Ich verstehe, und wer würde deiner Meinung nach zu mir passen?", er grinste mich schelmisch an. „Na weiß du liebes, so Typen wie ich passen zu dir.", beantwortete er mir meine Frage. „Interessant, aber so Typen wie du sind gar nicht meine Typen.", versuchte ich ihn zu ärgern. „Wie willst du das wissen, wir kennen uns erst eine Woche.", sagte er verdutzt und ich musste lachen. Gerade, als ich ihm etwas sagen wollte, war die Musik vorbei und es wurde wieder andere Tanzmusik gespielt, bis es Zeit war, dass die Braut den Blumenstrauß wirft. „Komm mit Lijah.", rief mich Emira mit sich. „Nein bitte, was soll ich da. Ich will nicht heiraten.", doch sie gab nicht nach und zog mich auf die Tanzfläche. „Gut, aber ich werde ihn nicht fangen, nur zu sehen.", Emira atmete tief ein und aus, schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen. Ich hingegen verschränkte meine Arme vor der Brust und wartete, dass das Brautstraußwerfen endlich ein Ende nimmt. Keine 20 Sekunden Später, war der Strauß in meinen Armen. Wie die Braut das geschafft hat ihn direkt mir in die Arme zu werfen, dass werde ich glaube ich nie verstehen. Emira sah mich an und lachte mich aus. „So viel dazu, du willst ihn nicht fangen. Wie es aussieht suchen wir nicht den Brautstrauß, sondern der Brautstrauß sucht uns aus. Und somit hat er dich ausgesucht.", ich verzog mein Gesicht. „Ja, sehr lustig.", ich lief zur Braut, gab ihr einen Kuss rechts und links unterhielt mich kurz mit ihr und lief dann zu meinem Platz. Senad lachte mich aus, als er mich auf unseren Tisch zulaufen sah: „Oho, wer ist der unglückliche.", ärgerte mich Senad. „Du wer sonst.", gab ich genervt von mir. „Du wolltest den Blumenstrauß doch nicht fangen, was ist passiert?", fragte er mich. „Meine Snajka, hat es geschafft ihn mir in die Arme zu werfen.", ich setzte mich hin und sah mir den Blumenstrauß näher an. Er ist zwar wunderschön und wird auch nicht eingehen, da es Plastikblumen sind, aber ich wollte ihn einfach nicht. Ich wollte nämlich nicht ans Heiraten denken, weil es mich depressiv und aggressiv macht. „Ach komm, lach doch über die Situation. Du musst es nicht mit heiraten in Verbindung bringen, sondern mit einem neuen Lebensabschnitt.", ich drehte mich in seine Richtung. „Inwiefern neuer Lebensabschnitt?", wollte ich wissen. „Na du fängst in einer Woche mit deinem neuen Job an, wirst in sha Allah darin erfolgreich sein und dann kommt der Rest von allein.", ich schenkte ihm ein Lächeln, während ich mein Blick nicht von seinen Augen nehmen konnte. Er legte vorsichtig seine Hand auf meine und drückte sie. „Das nächste Kolo gehört uns. Ja cu da ga povedem, a ti ces biti pored mene (Ich werde den Volkstanz anführen und du tanzt neben mir). Ich habe es nämlich bestellt.", mein Lächeln wurde breiter. „Liebend gern."
...
„Er ist echt sehr lieb und zuvorkommend.", sagte Emira, als wir auf dem Weg nach Hause waren. Wir liefen vom Saal zurück nach Hause, da die Älteren die Autos brauchten. „Ja das stimmt. Es fühlt sich so an, als würde ich ihn eine Ewigkeit kennen.", gestand ich Emira. „Ihr wärt ein wundervolles Paar.", gab eine andere Cousine von sich. „Ach dafür ist es noch zu früh. Daran möchte ich gar nicht denken. Vorerst sind wir nur Freunde.", auch wenn mich diese Aussage von mir traurig machte, war sie die volle Wahrheit und man konnte sie jetzt nicht ändern. „Egal was Allah vorhergesehen hat, das wird auch eintreten. Deswegen solltest du dir nicht allzu viele Gedanken machen. Alles kommt so wie es kommen soll.", ich nickte die Aussage meiner Cousine ab musste kurz stehenbleiben. „Was ist?", fragte Emira. „Meine Füße bringen mich um. Diese Schuhe sind zwar unnormal bequem, aber nach 9 Stunden auf den Beinen, geben meine Füße den Geist auf.", Emira sah mich bemitleidend an. „Hej wartet auf uns.", hörten wir Melih und Senad uns hinterher rufen. Wir warteten auf sie, doch ich konnte ernsthaft nicht mehr weiterlaufen. „So viel von mir. Ich muss jetzt meine Schuhe ausziehen. Außerdem ist es echt sehr frisch geworden.", ich zog meine Schuhe aus und wollte weiterlaufen, doch Senad hielt mich am Arm fest. „Was ist?", wollte ich wissen. Er zog sein Sakko aus und legte ihn mir um. Gott sei Dank war es draußen dunkel und er konnte nicht sehen, dass mir die Situation unangenehm war und dass ich rot wurde. „Danke.", konnte ich vor Scham nur knapp von mir geben. „Willst du meine Schuhe haben?", fragte er mich. „Nein, passt schon. Ich schaff das schon, aber ich ziehe doch lieber meine Schuhe noch einmal an, Bog zna was es alles auf dem Boden gibt." „Dann komm hake dich wenigstens bei mir ein, dann hast du ne kleine Stütze.", ich nickte und nahm das Angebot dankend an. „Kommen die Gäste noch mit hoch zu deiner Tante?", fragte er mich. „Ich denke ja. Als ich vor zwei Jahren hier auf der Hochzeit war, haben wir uns auch alle oben noch einmal getroffen und zusammen gesungen und spaß gehabt.", erklärte ich ihm. „Lijah ich muss kurz etwas loswerden.", er blieb stehen und drehte sich so zu mir, dass er mir gegenüber stand. „Du warst heute Abend mit Abstand die Hübscheste.", ich senkte meinen Blick vor Scham, doch er brachte mich wieder dazu ihm in die Augen zu sehen und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Mir wurde ganz warm ums Herz und es fühlte sich so an als würde sich mein Magen drehen. „Danke Senad. Du sahst heute auch recht passabel aus.", er lächelte mich mit einem breiten Lächeln an und umarmte mich kurz. „Komm lass uns weiterlaufen, Tante braucht zu Hause bestimmt Hilfe.", er nickte und so liefen wir schweigend weiter bis zum Wohnblock, in dem sich das Gebäude meine Tante befindet. Ich löste mich von Senad, lief zur Eingangstür, gab das Passwort ein und schon öffnete die Tür sich und wir liefen rauf ins vierte Stockwerk. „Wo wart ihr?", fragte mich Emira an der Tür. „Ich konnte nicht so schnell laufen, meine Füße haben mich umgebracht. Lass uns schnell umziehen und dann Tante helfen.", sie nickte und schon liefen wir in unser Zimmer, halfen uns gegenseitig die Kleider auszuziehen und zogen uns dann eine Lockere Hose und Bluse an, um dann Tante helfen zu können.
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RomanceLiebe überwindet alles, sagen sie... Lie·be (Substantiv, feminin [die]) 1a.[ohne Plural] starkes Gefühl des Hingezogen-seins; starke, im Gefühl begründete Zuneigung zu einem [nahe stehenden] Menschen "mütterliche, kindliche, reine, innige Liebe" 1b...