Verstand und Gefühl

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Kamon hätte sich die träumen lassen, dass er seine Koffer, die er erst vor fünf Tagen ausgepackt hatte, jetzt schon wieder packen würde, um den Palast für immer zu verlassen.
"Herein!", rief er, als es an der Tür klopfte.
Er hatte erwartet, Ludwig zu sehen, aber trotzdem begann sein Herz, einen Trommelwirbel aufzuführen. Er konnte es nicht ertragen, Ludwig in die Augen zu sehen und drehte sich wieder zu seinem Koffer um und stopfte Unterwäsche in die ungenutzten Ecken.
"Kam, bitte bleib bei mir!", bat Ludwig flehend.
Der junge Assistent konnte nicht vermeiden, dass ihm bei der Bitte seines Freundes die Tränen in die Augen stiegen und er schloss sie schnell.
Ludwig trat hinter ihn, legte seinen Kopf auf Kamons Schulter und seine Arme um dessen Mitte.
Kamon versteifte sich.
Er wusste zwar, dass es irrational war. Wenn er wirklich schwanger war, dass erst seit ein paar Tagen. Es war völlig unmöglich, dass Ludwig das Baby spüren konnte. Doch Kamon hatte in diesem Moment Angst, dass Ludwig sein Geheimnis entdecken würde.
Ludwig nahm Kamons Versteifen als Beweis, dass er keine Nähe zu ihm wollte und löste sich von ihm.
Kamon drehte sich jetzt endlich zu dem Kronprinzen um.
"Ludwig, ich liebe dich. Ich liebe dich über alles", versuchte Kamon ihm mit erstickter Stimme die Hintergrunde seiner Entscheidung zu erklären, "Ich bin deinen Eltern auch unendlich dankbar, dass sie uns unterstützt hätten. Aber du hast diese Artikel gelesen. Denkst du, dass Volk würde uns als künftiges Königspaar akzeptieren? Und unser Kind - ich meine, ein potenzielles Kind von uns wäre für die doch nur ein Freak."
Ludwig schob herausfordernd das Kinn vor.
"Das Volk wird sich daran gewöhnen müssen, dass ich einen Mann liebe", verkündete er trotzig.
Kamon schüttelte den Kopf.
"Lu, du wirst einmal ein guter König werden. Und du würdest nie dein privates Vergnügen über den Willen des Volkes stellen. Es wäre vielleicht noch anders, wenn du ein jüngeres Geschwisterkind hättest, das den Thron übernehmen könnte. Dann könntest du den Thronanspruch aufgeben, auch wenn ich das nie von dir verlangen würde. Aber so ist wirklich die einzige Möglichkeit, dass du dir, sobald Gras über diese Fotos gewachsen ist, eine nette Frau suchst und ein paar Thronfolger in die Welt setzt, wie die Menschen es von dir erwarten", sagte er mit einem traurigen Lächeln.
Ludwig sträubte sich innerlich gegen die Worte seines Assistentin, konnte aber die Wahrheit, die in ihnen lag, nicht verleugnen.
"Dann ist dein Entschluss also unumstößlich?", vergewisserte er sich und Kamon nickte.
"Hey, wir kennen uns erst so kurz. In eineme Jahr wirst du dich nicht mal mehr daran erinnern können, wie ich genau ausgesehen habe", versuchte er ihn aufzumuntern.
Ludwig schüttelte den Kopf. Er nahm Kamons Gesicht in seine Hände und küsste ihn leidenschaftlich.
Kamon erwiderte diesen Kuss und klammerte sich an Ludwig wie ein Ertrinkender an eine Rettungsboje.
Die beiden Männer lösten sich erst voneinander, als sie Luft holen mussten. Sie standen Nasenspitze an Nasenspitze und sahen sich zum wahrscheinlich letzten Mal tief in die Augen.
"In einer Sache liegst du falsch, Kam. Ich werde dich nie vergessen können", flüsterte Ludwig.
Mit diesen Worten drehte er sich um und verließ das Zimmer.
Kamon ließ sich auf sein Bett sinken und raufte sich die Haare.

Herz über KroneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt